Montag, 7. September 2009

1/05 White Rabbit (Erik)

Lost ist und bleibt mysteriös und undurchschaubar, auch in einer guten ersten Jack-Folge, die uns die Probleme mit seinem Vater näherbringt.

WHITE RABBIT

Zunächst ist es eine offensichtliche Anspielung auf all die weißen Hasen, die im Laufe der Serie noch vorkommen werden. Die Dharma-Versuchskaninchen mit den Nummern oder der unheimliche Hase des Zauberers in Rays Altersheim.
Allerdings gibt es noch eine andere viel genialere Verbindung. In dieser Folge taucht der Begriff in Verbindung mit Alice im Wunderland auf. Locke vergleicht es mit Christian, der Jack halb wahnsinnig durch den Dschungel folgt. In dem Roman verschwindet das weiße Kaninchen in einem Loch, in Lost dagegen verschwindet eine bekannte schwarze Rauchwolke manchmal in einem Loch. Ein genialer Hinweis, dass die Christian-Erscheinung Smokey ist.

CHRISTIAN- ERSCHEINUNG UND SAMUEL

Lange Zeit war das ein Geheimnis, ob Christians Erscheinung nur Jacks Halluzinationen entspringt oder tatsächlich existiert. So sieht er in dieser Folge als einziger Christian, Kate kann ihn nicht im Wasser erkennen, genauso wenig Boone. Doch im weiteren Verlauf merken wir, dass auch andere Losties fähig sind Christian zu sehen und sogar mit ihm zu reden. Das ausgerechnet ein solcher Versager und Säufer als der Christian Shephard gestorben ist, allwissend auf der Insel rumgeistert, hat mich schon immer stutzig gemacht. Nun ist wohl klar nach Staffel 5, dass es Samuel war, der diese Erscheinung hervorgerufen hat. Der Grund ist genau wie bei Locke dann wohl der, dass er eine sehr reale dauerhafte Form der Personen annehmen kann, die tot auf die Insel kommen. Jedenfalls nutzt er diesen Körper zunächst um Jack in den Dschungel, und zu den Höhlen zu führen, damit das dringende Problem Wasser gelöst wird. Aber halt: Warum lässt er ihn fast in den Tod stürzen?
Eine wirklich zufriedenstellende Erklärung gibt es da nach wie vor nicht, aber womöglich wollte er ihn direkt zu Locke führen, damit dieser Jack weiter überzeugen kann Christian zu den Höhlen zu folgen.
Hier bemerken wir die erste deutliche Veränderung von Locke, er weiß genau das richtige, was er zu Jack sagen muss, sodass dieser weitergeht (ganz im Sinne von Samuel und Christian), er übernimmt selber Verantwortung als er das Wasser sucht und er sagt Sätze, die eindeutig auf seine Begegnung mit Smokey hindeuten: "I've looked into the eye of this island and what I saw - was beautiful!" Wir merken, dass Smokey nicht als die dunkle Rauchwolke kam, sondern als das helle Licht, dass er auch gegenüber Eko erwähnt.
Schließlich findet Jack die Höhlen, aber einen leeren Sarg. Wie wir von Locke wissen hat seine Leiche trotz der Körperübernahme weiter unverändert existiert und konnte Richard und den Others als Beweis vor die Füße geworfen werden. Da hatte Samuel vielleicht aber auch nicht die Zeit, die Leiche verschwinden zu lassen, wie er es denke ich mal bei Christian gemacht hat, um Jack endgültig in dem Glauben zu lassen sein toter Vater wäre wiederauferstanden.

WASSER

Zweimal spielt Wasser eine große Rolle in dieser Folge, zum einem kostet es Joanna das Leben und fast auch Boone, zum anderen wird es knapp im Camp, sodass ernsthafte Sorgen bestehen wie es weitergehen soll. Durch die Höhlen löst sich das Problem wie von selbst und außer der Transportfrage in der nächsten Folge ist dieses Grundproblem von Gestrandeten auch in keiner weiteren Folge von Lost ein Thema, weder nach der Aufgabe der Höhlen noch der Hatch-Implosion. Und hier dient es auch mehr für die "trust issues". Boone disqualifziert sich für alle Zeit als Anführer und einer der Verantwortung übernehmen kann.

JACKS FLASHBACKS

Wir merken deutlich, Jacks kompletter Werdegang bis zum Absturz auf der Insel wurde massiv von seinem alkoholabhängigen Vater gelenkt, mehr zum Schlechten als zum Guten. So traut er nicht Jack zu, der am liebsten alle retten würde, wie wir in der Folge deutlich merken, dass er fähig ist richtige Entscheidungen zu treffen. Christian selber wird sich zwar zu Tode trinken, charakterlich zu schwach sein, um sich zu entschuldigen, aber er hat Recht. Jack trifft viel zu oft überhastete, kaum durchdachte Entscheidungen, die mehr Leid verursachen als wirklich helfen. Auch die Aktion mit Jughead im Staffel 5 Finale wird wohl nicht den Effekt bringen, den sich Jack erwünscht.
Dank 2x20 und 3x12 wissen wir nun, dass der Grund für Christians Besuch in Australien, Claire war. Enttäuscht über die eine Familie, versucht er es bei den anderen und wird wieder abgelehnt. Der Anstoß für sein letztes, großes Besäufnis.
Allerdings ist es schon fast unheimlich, wieviele Charaktere er dadurch auf dem Weg zu Oceanic 815 bringt.

ANDERE CHARAKTERE

Boone, der geniale Rettungsschwimmer, als der er schon in der ersten Folge kläglich gescheitert ist, versagt hier noch mehr und ertrinkt fast selber dabei. Wäre er niemals geschwommen, Joanna hätte nicht sterben müssen. Danach ist er zu blöd für das ganze Camp Verantwortung zu übernehmen, als er Jacks Wasser stiehlt und lässt Claire deswegen fast abnippeln. Sawyers Sätze über ihn sind genial.
Charlie bekommt endlich von weiblicher Seite mal Aufmerksamkeit, nachdem er wohl alle Singles der Überlebenden angequatscht hat. Der Beginn einer äußerst nervigen Beziehung zu Claire, die erst in Staffel 3 halbwegs interessant wird.
Die Verhandlung zwischen Shannon und Sawyer über die Sonnencreme ist genial, am besten die Pause, das Grinsen, als er sagt, dass ihr Geld nichts nützt.

UNLOGIKKEITEN UND SELTSAMES

Die Fackeln sind eine der seltsamsten und unsinnigsten Gegenstände in Lost. Es ist immer wieder deutlich zu sehen, wie eine brennbare Flüssigkeit heruntertropft und dann weiterbrennt. Desweiteren ist es seltsam, dass die Losties noch nicht den ganzen Wald abgefackelt haben, wie sie zum Teil durch den Dschungel rennen.
Rätselhaft bleibt die Herkunft der Puppen in den Höhlen. Da diese aber nie wieder vorkommen, außer kurz in Charlies Traum, als sein Vater welchen den Kopf abhackt, haben sie wohl keine größere Bedeutung in der Serie.

BODYCOUNT:

Joanna ertrinkt, ein weiterer Redshirt weg. Christian Shephard stirbt an einem einfachen Herzinfarkt, aber sein Tod hat weitreichende Folgen für den ganzen Verlauf der Serie.

Summe: 5

FAZIT:
Eine mysteriöse und unheimliche Folge, die uns zum ersten Mal mit dem Thema Wiederauferstehung konfrontiert und mit Christians Erscheinung ein weiteres großes Geheimnis hervorbringt. Jack wird hier unglaublich gut charakterlich dargestellt, was im krassen Gegensatz zu noch manchen todlangweiligem Flashback in späteren Folgen steht.
Seine Rede über das Zusammenhalten rundet das ganze ab, zwei Wortwendungen charakterisieren jeweils die Einstellung einzelner Losties: "Live together, die alone" und "Every man for himself".


Nachbetrachtungen:
- das Christian, von Smokey dargestellt, nur für Jack sichtbar ist, ist dann wohl letztendlich der Dramaturgie geschuldet
- auch nach Staffel 6 bleibe ich bei der These, dass es Smokey selbst war, der Christians Leiche versteckt, um Jack glauben zu lassen, sein Vater wäre wirklich auferstanden

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