Mittwoch, 29. März 2017

H. P. Lovecraft: Polaris (1918)

Zu den großartigen Autoren, die hier in diesem Blog gewürdigt werden sollen, gehört auf jeden Fall H. P. Lovecraft. Der amerikanische Autor kann praktisch als Vater des übernatürlichen Horrors bezeichnet werden, der, wenn auch zu Lebzeiten nicht berühmt, viele heute weltweit bekannte Autoren im Bereich Horror und übernatürliche Begebenheiten stark beeinflusst hat.

Die Kurzgeschichte Polaris ist dabei eines seiner früheren Werke und wurde 1918 geschrieben und 1920 veröffentlicht. Hier wird die Geschichte eines Mannes beschrieben, der in einem Traum in eine marmorne Stadt versetzt wird, die er zunächst als körperloser Beobachter wahrnimmt, später aber wichtiger Bestandteil der Stadt ist.
Diese Stadt, Olathoe, die bewohnt wird von den Lomerianern wird von einem Stamm, den Inutos angegriffen. Dem Protagonisten kommt dabei die Aufgabe zu, weil er nicht gut kämpfen kann, als Späher zu fungieren und Alarm zu schlagen, wenn die Inutos zwischen den Bergen auftauchen. Jedoch schläft er, beeinflusst durch den Polarstern ein und findet sich in der "Realität" wieder, wo er ein einfaches Haus an einem Sumpf bewohnt. Auch hier scheint der Polarstern, doch die Botschaft, die er in seinem Traum noch klar verstanden hat, dass er erst wieder zurückkehren kann in seine alte Vergangenheit, wenn der Polarstern seine Runde gedreht hat, verblasst hier und lässt ihn mit einer gewissen Hoffnungslosigkeit zurück, da in dieser Welt ihn keiner zu verstehen scheint und nur verspottet.

Diese Kurzgeschichte behandelt auf sehr interessante Art und Weise eine große Thematik vieler Lovecraft-Geschichte: die Vermischung von Traum und Wirklichkeit. An einer Stelle fragt sich der Protagonist, ob das einfache Haus an dem Sumpf indem er lebt, wirklich die Realität ist, denn wie kann er beweisen, dass es die Realität ist und nicht doch die Stadt Olanthoe. Das ist ein sehr interessantes Konzept, welches auch den Leser zum Nachdenken anregt und man sich fragt, ob der Protagonist nur eine zu blühende Fantasie hat oder manchmal in seinen Träumen Kontakt mit einer alten Inkarnation von ihm aufnimmt. Oder ob der Polarstern nicht wirklich ein grausames Spielchen mit ihm treibt.
Interessant ist auch die erste Erwähnung der pnakotischen Manuskripte, die in späteren Geschichten noch sehr wichtig sein werden. Kritisiert wird die Geschichte hingegen für die abwertende Beurteilung der Eskimos oder wie sie politisch korrekt heutzutage genannt werden, die Inuit. Die Traumwesen der Inutos werden als "squat, hellish, yellow fiends" bezeichnet und auch die Beschreibung der realen Eskimos ist sehr abschätzig. Jedoch sollte hier, wie bei allen Lovecraft-Geschichten, der Kontext beachtet werden. Er schrieb Anfang des 20. Jahrhunderts, als die USA noch weit entfernt war von Martin Luther King und Rassismusdebatten, Political Correctness und Gender-Mainstream.
Mich zumindest hat diese Geschichte angeregt noch Weiteres von Lovecraft lesen zu wollen.

Montag, 27. März 2017

Wir Menschen sind schon grausame und schreckliche Wesen oder auch: The Plague Dogs Review

In seinem bewegenden Nachruf für Richard Adams kam der bekannte Schriftsteller George R. R. Martin auch kurz auf seine Leseerfahrung mit The Plague Dogs zu sprechen: "THE PLAGUE DOGS, also has some wonderful sections... though it is such a dark, depressing, angry, gut-punch of a novel that I can't say I 'enjoyed' it." Wenn das der Autor von "A Song of Ice and Fire" sagt, die als eine der düstersten Fantasy-Serien gilt und George R. R. Martin allgemein (wenn auch in meinen Augen zu Unrecht) dafür verschrieen wird, die sympathischsten Charaktere rigoros auszulöschen, so sagt das schon einiges.
The Plague Dogs ist mehr als eine Anklage an die Grausamkeit der Menschen gegenüber Tieren, die Objektifizierung von Tieren durch Menschen zu sehen. Während Adams bei seinen beiden Vorgängerromanen Watership Down und Shardik eine gewisse Distanz zum Geschehen herstellt - die auch absolut normal ist für fiktive Werke - so schimmert hier immer wieder deutlich seine eigene Meinung durch und er spricht direkt zum Leser oder klagt die menschlichen Figuren an. Richard Adams wollte also eine Botschaft loswerden, die er durchaus auch als Essay oder Artikel in einer bestimmten Zeitung oder Zeitschrift hätte verfassen können. Primär geht es ihm um die Sinnlosigkeit von Tierexperimenten und welchen unvorstellbaren Leiden die Tiere ausgesetzt sind und das Tiere in Massen dafür sterben müssen. Erwählt dann doch den Weg mit dem er das größte Publikum erreicht, er schreibt einen Roman, eine fiktive Geschichte.
Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Hunde, Snitter und Rowf. Letzterer wird für ein Experiement in Überlebenskonditionierung immer wieder in einen Wassertank geworfen, bis er beinahe ertrinkt, ehe er von den Wissenschaftlern gerettet wird. Die untersuchen lediglich sein Verhalten, ob er länger durchhält und ob er merkt, dass er immer wieder im letzten Moment gerettet wird. Noch schlimmer ergeht es Snitter. Der Foxterrier, welcher früher (im Gegensatz zu Rowf, der ein Straßenköter gewesen zu sein scheint) ein Herrchen hatte, wurde am Gehirn operiert, sodass er nicht in der Lage ist subjektive Eindrücke von objektiven Eindrücken zu unterscheiden. Immer wieder hat er Wahnvorstellungen von denen er denkt, sie seien wahr, obwohl sie nur Fantasie sind.

Die tierischen Protagonisten

Die Firma in der die beiden Hunde gehalten werden heißt Animal Research Scientific and Experimental, kurz ARSE. Schon dieses Akronym, welches nichts anderes als "Arsch" bedeutet zeigt überdeutlich, was Richard Adams von solchen Tierversuchslaboren hält. Zwei menschliche Protagonisten werden dort in den Mittelpunkt gestellt, Dr. Boycott, ein renommierter Doktor auf dem Gebiet, und Stephen Powell, der noch am Anfang steht. Auch das ist eine Besonderheit von The Plague Dogs. Neben den Hunden gibt es zahlreiche menschliche Protagonisten, die für Adams teilweise ungewöhnlich facettenreich und komplex dargestellt werden, dazu jedoch später.
Durch die Unachtsamkeit einer Helfers, der die Hunde füttert, können Snitter und Rowf aus ihren Zwingern entkommen. Bei dem albtraumhaften Gang der beiden durch das Labor lässt sich Adams nicht die Chance entgehen, auf die Sinnlosigkeit der Tierexperimente einzugehen. So klagt er an, dass hunderte Brieftauben sinnlos dafür leiden müssen, um zu sehen, wie sie bei unterschiedlichen Bedingungen reagieren. An Ratten werden Seuchen und Krebsforschung betrieben, was später für die beiden Hunde noch fatale Folgen haben wird. Und auch Kaninchen, Oktopusse, Meerschweinchen und Mäuse werden im Namen der Wissenschaft sinnlos umgebracht, grausam gequält oder anderweitig misshandelt. Besonders betont Adams dabei die Doppelmoral der Beteiligten, die alle gläubige Menschen sind, jedoch solche grausamen Taten verüben.
Durch den Verbrennungsofen entkommen die beiden schließlich in die Freiheit. Hier stellt sich jedoch die Frage, was die Freiheit für die beiden überhaupt bereitstellt? Adams gelingt es sehr gut zu zeigen, dass die beiden domestizierte Tiere sind. Ihre Konstante ist der Mensch, denn beide haben den (Irr)glauben dem Menschen zu dienen. Rowf ist dabei deutlich pessimistischer eingestellt, er hatte nie ein Herrchen und die "whitecoats" haben ihn immer nur in den Tank gesperrt, ohne das er verstanden hat warum. Snitter ist da positiver eingestellt, denn er weiß, dass es gute Menschen gibt, die Herrchen, und das die "whitecoats" keine Herrchen sind. Sie müssen also Herrchen finden, was ihr Ziel ist. Für sie gibt es jedoch ein weiteres Problem: Sie landen in einer ländlichen Gegend mit viel Natur. Interessant ist zu sehen, dass beide, die wohl definitiv im städtischen Umfeld mit Parks, Gehwegen und Häusern aufgewachsen sind, mit den Wiesen und Feldern und Hügeln im Lake District nichts anfangen können. Es geht sogar so weit, sodass sie glauben, der Mensch hätte die Welt, wie sie sie kennen, vernichtet.
Selbstverständlich finden sie keinen Anschluss an irgendwelche Menschen und entscheiden so, als der Hunger sie quält, dass es am besten wäre zu Wildtieren zu werden. So fangen sie an Schafe zu reißen. Das erregt natürlich schnell die Aufmerksamkeit der einheimischen Bauern, doch die beiden Hunde bekommen unerwartete Hilfe. Ein Fuchs zeigt ihnen ihre Fehler auf, den sie machen und bietet ihnen ein Deal: er wird ihnen helfen sich lautlos wie Wildtiere vor den Menschen zu verbergen, wenn er im Gegensatz dafür von ihrer Beute etwas abbekommt. Adams entscheidet sich - wie auch bei einigen der menschlichen Protagonisten - den Fuchs in einem Geordie-Dialekt sprechen zu lassen, den er auch lauttechnisch niederschreibt. Das hat es für mich, als Nicht-Englischsprechender ungemein schwer gemacht den Fuchs zu verstehen. Daher hat sich das Lesen auch hingezogen, denn nebenbei musste noch intensive Recherche betrieben werden, um einen Sinn aus dem Gebrabbel des Fuchses zu ziehen. Er jedoch ist sehr pragmatisch eingestellt und bei dem kleinsten Fehltritt der beiden Hunde, verlässt er sie sofort, kommt jedoch immer wieder in der Geschichte zu ihnen zurück.

Vom Ausbruch zur nationalen Krise

Während die Hunde auf der einen Ebene mit ihrem Überleben in der Wildnis zu kämpfen haben, bauscht sich auf der anderen Seite der Ausbruch der Hunde immer weiter auf bis er zu einer nationalen Krise wird. Die Gelegenheit nutzt Adams, um zwei weitere Parteien anzugreifen: die Regenbogenpresse und die Politik.
Nachdem die Hunde ausgebrochen sind, entscheiden die Wissenschaftler zunächst den Vorfall zu vertuschen und nichts zu unternehmen. Jedoch schon bald werden die Bauern alarmiert durch die gerissenen Schafe und der Besitzer eines Bekleidungsgeschäftes, organisiert schließlich eine Jagd auf die beiden Hunde durch die lokale Bevölkerung. Dieser Mr. Ephraim ist eine der zahlreichen interessanten Persönlichkeiten. Er kommt zu fällig in Kontakt mit Snitter und statt ihn zu erschießen, sieht er dessen riesige Wunde am Kopf und hat spontan Mitleid mit ihm. Mr. Ephraim ist nämlich ein Überlebender des Holocaust, welcher alle seine Verwandten verloren hat. Dieses Mitleid wird ihm jedoch zum Verhängnis. Als Snitter in Aufregung gerät, springt er zufällig auf das entsicherte Gewehr von Ephraim, der durch den Schuss genau in den Kopf getroffen wird. Sowohl für Snitter als auch für die Menschen hat das fatale Folgen. Snitter glaubt fortan, dass alles was passiert gar nicht in Wirklichkeit passiert, sondern in seinem Kopf stattfindet und er für alles Leid verantwortlich ist, was passiert. Dabei kommt auch seine tragische Geschichte zum Vorschein. Sein Herrchen wurde von einem Laster angefahren, weil dieser Snitter vor selbigem retten wollte. Snitter geht daher davon aus, dass sein Herrchen tot ist. Es ist schließlich die Schwester seiner Herrchens, welche ihn dann an das Tierversuchslabor verkauft hat.
Der seltsame von Mr. Ephraim, der jedoch dennoch, weil es Zeugen gab, die Snitter weglaufen sehen, wird den Hunden in den Schuhen geschoben. Das ruft die Klatschpresse auf den Plan und so kommt ein weiterer Protagonist hinzu, Digby Driver von der fiktiven Zeitung London Orator. Digby Driver ist wohl der menschliche Protagonist, der am meisten Hintergrund und Komplexität von allen bekommt. Er ist ein egoistischer, eigensinniger und kaltherziger Mensch, der mit Absicht die Wahrheit verzerrt, um die Bevölkerung besser zu emotionalisieren. Ein Aspekt, der um so besser in die heutige Zeit passt. Er jedenfalls hat zwei Ziele: das Tierversuchslabor schlecht dastehen zu lassen, weil sie den Ausbruch der beiden Hunde nicht bestätigt haben und die Politiker, welche ARSE finanziert haben, dafür zur Rechenschaft ziehen. Durch Glück und Zufall kommt er mit Stephen Powell in Kontakt, der ihm unbeabsichtigt Informationen preisgibt, unter anderem, dass die Hunde durch einen Trakt gelaufen sind, wo auch Seuchen erforscht werden. Digby Driver konstruiert daraus eine Geschichte, wonach die Hunde Träger der Beulenpest sind.
Das verursacht eine mittlere Krise, die beiden Hunde werden konsequent gemieden und ARSE bestätigt nun doch den Ausbruch der Hunde, schweigt jedoch darüber, ob sie wirklich Träger der Seuche sind. Schließlich ruft es auch die Politik auf den Plan, welche bald darüber diskutiert, ob die Ausgaben für Tierexperimente wirklich so schlau angelegt waren, weil sich großer Widerstand in der Opposition rührt. Zuvor kommt es jedoch zu einem weiteren schrecklichen Zwischenfall: die ausgehungerten Hunde überfallen ein parkendes Auto, weil sich auf dem Rücksitz Lebensmittel befinden. Dessen Fahrer will persönlich die beiden zur Rechenschaft ziehen und macht sich auf zur Jagd. Als er Rowf an einem Steilhang im Visier hat, wird er jedoch von Snitter überrascht und stürzt in den Tod. Die zu dem Zeitpunkt dem Hungetod nahen Hunde, fressen natürlich an dessen Leiche. Daraufhin eskaliert die Sache endgültig und es wird sogar ein Fallschirmbataillon hingeschickt, um die Hunde endlich zu erledigen.

Das zu glückliche Ende

In seiner traurigen Konsequenz hätte die Geschichte ein sehr schreckliches Ende nehmen können, was Richard Adams anscheinend sogar ursprünglich so intendiert hatte. Von den Menschen bedrängt, fliehen die Hunde ins Meer. Rowf überkommt dabei sogar seine Angst vor Wasser, weil Snitter eine Insel sieht, wo sie in Frieden leben können.
Durch den Editor bedrängt, ändert jedoch Adams den Schluss, denn ursprünglich sollte die Geschichte wohl so enden wie der spätere Film: die Hunde schwimmen im Meer, werden immer schwächer, doch sie machen weiter und es bleibt offen, was aus ihnen wird. Das wäre tatsächlich ein starkes, emotionales Ende gewesen. Adams hingegen entscheidet sich für ein seltsames Happy Ending: das Herrchen von Snitter lebt noch, er wurde nur schwer verletzt bei dem Unfall und von Digby Driver, der sich auch zum Besseren wandelt, zu der Küste gefahren, wo die Hunde ins Meer gegangen sind. Zwei auch real existierende Naturforscher Sir Peter Scott und Ronald Lockley, beides sehr gute Freunde von Richard Adams, finden die beiden im Meer und können sie retten. Am Ende wird Snitter mit seinem Herrchen verein und auch Rowf findet ein Zuhause. Dieses Ende passt nicht so ganz zu dem extrem düsteren Ton, welches die Geschichte nahezu durchgehend anschlägt. Ich würde sogar fast die Theorie äußern, dass die Rettung der Hunde und die Wiedervereinigung von Snitter mit seinem Herrchen erst nach dem Tod der beiden passiert und sie im Himmel angekommen, endlich von ihren Leiden erlöst sind.

Fazit

Eine weitere starke Geschichte von Richard Adams, welche jedoch keine leichte Kost ist. Viele Ausschweifungen, ein schwer verständlicher Geordie-Dialekt und für einen Nicht-Einheimischen verwirrende Landschafsbeschreibungen machen das Lesen an manchen Stellen umständlich schwer. Nichtsdestotrotz bleibt die Botschaft sehr stark hängen: Die Sinnlosigkeit von Tierexperimenten und das wir als Menschen die Tiere nicht nur als Objekte und unsere Sklaven betrachtet sollten, sondern als Lebewesen mit einem Bewusstsein für welche wir in gewisser Weise auch verantwortlich sind.

Dienstag, 21. März 2017

Review: Age of Empires 2 HD: The Forgotten (Kampagnen-Modus)

Jetzt etwas völlig Neues, was nichts mit Adams oder Büchen zu tun hat. Ich lese gerade Plague Dogs und das ist harte Kost, zum einen wegen der Thematik, zum anderen wegen dem Geordie-Dialekt, welchen Adams dort phonetisch geschrieben verwendet, von daher wird es noch ein Stück dauern mit der Review zu diesem Meisterwerk.
Deshalb folgt hier eine Review zu einem anderen Großprojekt, welches ich vor kurzem beendet habe: der Kampagnenmodus The Forgotten zu Age of Empires 2 HD. Wer es nicht kennt, Age of Empires 2 ist ein Echtzeit-Strategiespiel der Microsoft Game Studies und umfasst thematisch die historischen Abschnitte von der Spätantike bis zur Frühen Neuzeit. Ziel ist es sich durch Ressourcen eine Basis aufzubauen, diese zu verteidigen und dann durch den Einsatz von Militär und neuen Technologien den Gegner zu bezwingen. Wie bei jedem Strategiespiel gibt es mannigfaltige Taktiken, um zum Erfolg zu kommen.
Die Kampagnen basieren dabei allesamt auf historische oder pseudohistorische Begebenheiten und man kann Schlachten, Lebensläufe historischer Persönlichkeiten nachspielen. The Forgotten ist dabei ein Kampagnenmodus, welcher von Fans programmiert worden ist, jedoch offiziell von den Microsoft Game Studios als Erweiterung des Hauptspiels verkauft wird.

Neue Völker:
Ich rede hier nur über den Kampagnenmodus und bin eher wenig darin bewandert, was im Vergleich zum Hauptspiel alles bei den Technologien und Völkern geändert wurde. Wer sich darüber näher informieren will sollte das Age-of-Empires-Wiki aufsuchen: http://ageofempires.wikia.com/wiki/Age_of_Empires_Series_Wiki
Jedoch wurden auch neue Völker hinzugefügt, die ich näher vorstellen will. Zunächst wären da die Italiener, welche besonders auf das Italien der Renaissance basieren und weniger auf das Italien zur Zeiten des Weströmischen Reiches und seiner Nachfolgereiche. Ihre Spezialeinheit ist der Condottiere, eine starke Infanterieeinheit und der Genuesische Armbrustschütze, welcher in der Burg ausgebildet werden kann, während Ersterer in der Kaserne zur Verfügung steht. Hinzu kommt in The Forgotten eine Spezialtechnologie für jedes Volk, welches auch in der Burg entwickelt werden kann. Im Falle der Italiener ist das die Pavise, welche Infanteriebogenschützen mit einer zusätzlichen Rüstung ausstatten. Dazu kommt die Seidenstraße, welche die Kosten für Handelseinheiten um 50% senkt. Ihre Stärken haben die Italiener daher eher im Bogenschießen.
Auch neu ist das Volk der Slawen. Ihre Spezialeinheit ist der Boyar, eine gutgepanzerte Kavallerieeinheit. Als Spezialtechnologien besitzen sie die Orthodoxie, welche Mönche besser vor Angriffen schützt und die Druzhina, welche es Infanterieeinheiten ermöglicht auch benachbarte Einheiten zu verletzen. Ihre Stärken haben sie in der Offensive.
Das nächste neue Volk sind die Magyaren. Ihre Spezialeinheit ist der Magyarische Husar, eine Kavallerieeinheit. Als Spezialtechnologien besitzen sie den Recurvbogen, welcher Berittenen Bogenschützen +1 Reichweite verschafft und die Söldner, bei dem die Magyarischen Husaren kein Gold kosten. Ihren Vorteil haben die Magyaren eher in der Kavallerie.
Dann gibt es noch die Inkas. Ähnlich wie die Azteken und Mayas können sie keine Kavallerieeinheiten ausbilden. Als Spezialeinheit haben sie den Kamayuk (der auch in der Burg ausgebildet wird), welcher besonders gegen Kavallerieeinheiten seine Stärken hat. Des Weiteren kann in der Bogenschießanlage der Schleuderer ausgebildet werden; diese Einheit gab es im Übrigen schon
in Age of Empires 1. Als Spezialtechnologie besitzen die Inkas die Andenschlingen, welche die Minimumreichweite der Schleuderer und Plänkler aufhebt und die Eilboten, welche den Schleuderern und Kamayuks bessere Rüstung verpasst. Die Inkas haben ihre Stärken in der Infanterie.
Als letztes neues Volk sind noch die Inder vorhanden. Ihre Spezialeinheit ist der Elefantenschütze, welcher in der Burg ausgebildet wird und der Imperiale Kamelreiter, welcher im Stall erworben werden kann. Als Spezialtechnologie besitzen sie die Sultane, welche die Produktion von Gold um 10% erhöht und die Shatagni, welche die Reichweite der Kanoniere um +1 erhöht. Ihre Stärken haben die Inder besonders in der Kavallerie, speziell den Kamelen.

Zu all diesen Völkern gibt es spezielle Kampagnen.

Kampagne Alarich:
Die allererste Kampagne, welche auch der Testlauf für The Forgotten war, ist die Alarich-Kampagne. Man tritt in die Fußstapfen des Westgotischen Königs Alarich in seinem Kampf gegen das untergehende Weströmische Reich. Als Volk spielt man durchgehend mit den Goten. In den vier Missionen wird bereits der Charakter von The Forgotten deutlich. Die Missionen sind deutlich mehr geskriptet als die gewöhnlichen und das Build&Destroy (B&D) wurde ersetzt durch mehrere kleinere Aufträge, die eher RPG-Charakter haben.
Leider gibt es bei allen The Forgotten-Kampagnen keine Sprachausgabe, was sehr schade ist, da alle sehr dialogbasiert sind. Oftmals überliest man daher eine wichtige Mitteilung. Im Falle von Alarich ist das noch zu verschmerzen.
In der ersten Mission hat man den Auftrag mit einer großen Gruppe und sucht zunächst gotische Flüchtlinge. Auffallend ist hierbei schon (ich spiele immer auf Standard, da ich kein guter Spieler bin), dass die KI deutlich aggressiver agiert als in den normalen Kampagnen. Schon beim kleinsten Blickkontakt greifen die Einheiten an und suchen auch gezielt nach dem Spieler. Die erste Mission weicht dabei schon deutlich von dem B&D ab. Ziel ist es zunächst einige Wachtürme zu zerstören, anschließend übernimmt man die Kontrolle eines Lagers und muss noch einen letzten Angriff der Römer überstehen.
Die zweite Mission kommt einem B&D jedoch schon näher. Zunächst muss man als Späher die Lage erkunden, wobei man feststellt, dass eine gotische Truppe vernichtet wurde, später muss nach einer Frist von zehn Minuten eine große Truppe römischer Legionen mit ihrem Feldherrn besiegt werden. Ganz zum Schluss soll noch ein römisches Lager zerstört werden.
Die dritte Mission ist die in meinen Augen schwächste. Zunächst flieht man per Land und Schiff vor Saurus, einem gotischen Widersacher Alarichs und wird beim Einfall nach Ravenna von den Römern verraten und muss im letzten Missionsziel die Burg des Saurus zerstören. Ehe man das schafft, wird man ununterbrochen angegriffen von Saurus. Gestört hat mich hier das eher abrupte Ende der Mission und das das Potential der Karte überhaupt nicht genutzt wurde.
Umso besser ist jedoch die letzte Mission. Hier findet die Belagerung von Rom statt, zunächst schlüpft man in die Rolle von Alarich, dann von Athaulf. Bei Athaulf ist es das Ziel Rohstoffe zu sammeln, bis man bereit ist für den Angriff auf Rom. Dabei hat man sich jedoch etwas äußerst Dämliches überlegt: Die Bereitschaft zum Angriff wird dadurch signalisiert, dass man Athaulf auswählt. Da er jedoch wie eine gewöhnliche Infanterieeinheit aussieht, passiert das eher unbeabsichtigt und es kommt zum Angriff, ehe man dafür bereit ist. Noch dazu wird man von Legionen ununterbrochen angegriffen, die am Rande der Karte spawnen. Der Schluss macht jedoch Freude, wenn die Stadtwache Roms besiegt werden muss, welche aus sehr starken Infanterie- und Kavallerieeinheiten besteht. Dabei kann man das antike Rom bewundern, welches sehr detailgetreu nachgebaut wurde, also kein Vergleich zu Samarkand oder Jerusalem aus den normalen Kampagnen. Darunter leidet jedoch sehr stark die Framerate. Ohne Ruckeln ist diese Mission nicht möglich, da sie mit viel zu viel Einheiten besetzt ist, ein Problem welches noch viele andere Kampagnen haben.

Insgesamt hat mir Alarich sehr gefallen, es bereitet gut vor auf die ungewöhnlichen Kampagnen in The Forgotten, ist jedoch nicht ganz so schwer wie andere Kampagnen. Beste Mission ist die letzte.

Kampagne Dracula:
Bei dieser Kampagne schlüpft der Spieler in die Rolle des Königs der Wallachei Vlad Dracul, welcher der Nachwelt als Vlad der Pfähler bekannt wurde, weil er diese Methode der Hinrichtung liebte und seine Feinde oft genug so bestrafte.
Leider offenbaren diese fünf Missionen einige größere Schwächen. Die erste Mission ist noch recht nett, denn man erfüllt für drei Voivodonen verschiedene Aufträge und am Ende gibt es eine riesige Schlacht, vor welcher die Helden schließlich fliehen müssen, weil sie sonst überrannt werden. Schwächen offenbart jedoch schon die zweite Mission. Hier soll der Spieler den König Vladislav II. besiegen. Zunächst besteht die Aufgabe darin einen General von diesem zu besiegen, danach übernimmt man eine Burg und ein Lager. Der Spieler ist jedoch nicht in der Lage die normalen Gebäude zu bauen, sondern muss sie aus den umliegenden Dörfern praktisch erobern. Jedoch kann auch jede andere der Parteien in diese Dörfer eindringen und die Gebäude besetzen. Zum Glück lässt sich mit den Ungarn ein einfaches Bündnis schließen und das Byzantinische Reich lässt einen links liegen. Der Kampf gegen Vladislav II. ist jedoch auch so unnatürlich schwer. Sobald man sich seiner Basis näher, produziert ohne nachzulassen beständig starke imperiale Einheiten, sodass es kaum möglich ist ihn aufzuhalten, weil er noch dazu mit Schiffen seine Armee deckt. Und aufgrund eines weiteren Unsinns, der Zugang des einzigen Hafens, den man erwerben kann durch Steine zu blockieren, die man erst abbauen muss, wird diese Mission ziemlich nervig. Ich habe sie nur geschafft, weil aus irgendeinem Grund bei einem der Spielstände (ich musste die Mission neu anfangen, weil ein zwischenzeitliches Update die Spielfarben verändert hat, was zu Abstürzen führte) Vladislav II. keine Einheiten mehr produzierte. So war es natürlich ein Leichtes diese Mission zu gewinnen.
Die dritte Mission ist schon besser gelungen. Nach einer erfolglosen Schlacht soll durch Verrat die Stadt Giurgiu eingenommen werden. Dazu sollen die Türme eingenommen werden, in dem sich Vlad Dracul danebenstellt. Sobald der Schwindel auffliegt, greifen die städtischen Truppen an, können jedoch überwunden werden. Danach ist die Aufgabe, die verbliebenen fünf Städte zu unterwerfen. Der Schlüssel dazu ist jedoch die gefährlichste Stadt Darstor zur Aufgabe zu zwingen, in dem die vier anderen Städte unterworfen werden, welche Darstor mit Rohstoffen versorgen. Eine sehr interessante Mission also, die beste der Dracula-Kampagne.
Die vierte Mission ist eine der schlimmsten überhaupt in The Forgotten. Zunächst kann man sich zurücklehnen, denn eine Schlacht wird nur gezeigt und deren Ausgang beschrieben. Danach kommt jedoch eines der dümmsten Missionsziele überhaupt: Ehe es weitergeht sollen fünfhundert Einheiten der Osmanen besiegt werden. Diese greifen zwei Lager an. Sobald man da die richtige Taktik gefunden hat, ist es ein einziges nerviges Abwarten bis die 500 erreicht sind. Nicht wenige sind hier auf einen Bug gestoßen, bei der die Osmanen nach einiger Zeit das produzieren der Einheiten eingestellt haben, weshalb ein Sieg unmöglich war. Ein anderer Bug jedoch machte es dann mir unmöglich diese Mission ohne Cheats zu beenden. Bei einem Dialog zwischen zwei Mönchen hatte sich einer durch fehlerhafte KI außerhalb der Karte begeben, weshalb nur der Cheat für das Anzeigen der ganzen Karte und der Cheat für das Besiegen einer Fraktion ein Weiterspielen ermöglichte. Die letzte Belagerung war ganz interessant, eher sinnlos empfand ich jedoch die letzte Schlacht. Vlad Dracul greift ein Lager an, in welchem jedoch die HP der Gebäude unnatürlich hoch ist. Schließlich heißt es auch, dass Vlad Dracul mit einem Boot fliehen soll. Auch hier kann es einen ärgerlichen Bug geben. Hat man das Tor zuvor auf gesperrt gestellt, kommt Vlad Dracul nicht mehr hinein in das Lager. Alles in allem eine sehr frustrierende und viel zu sehr in die Länge gestreckte Mission.
Die letzte Mission ist ähnlich schwer. Man greift zunächst mit einem Heer und sehr vielen Ressourcen eine Gruppe türkische Räuber an, bis man diese besiegt hat. Danach sollen die beiden Hauptfeinde besiegt werden, die Osmanische Armee und die Basarab Laiota. Einfacher gesagt als getan, denn beide haben extrem viele Rohstoffe und produzieren daher übertrieben viele Einheiten und noch dazu ist das bauen von Triboken (die im übrigen absolut wichtigste Einheit in The Forgotten) nur durch einen Handwerker alle paar Minuten möglich. Es dauert also endlos lange, ehe die Osmanen besiegt werden können, da diese selbst mit starken Imperialzeitalter-Einheiten und auch Triboken kontern.

Insgesamt sind die Vlad-Dracul-Missionen die womöglich schwersten und auch frustrierendsten von The Forgotten. Sie weisen teilweise deutliche Mängel auf in der Ausführung und wurden unnötig schwer, auf höheren Schwierigkeitsgraden sogar fast unmöglich gemacht. Es ist somit kein Kampagnenmodus, den ich gerne noch einmal spiele.

Kampagne Bari:
Die womöglich schlimmste Age-of-Empires-Kampagne die je produziert wurde. Obwohl es nur drei Missionen sind, sind sie alle äußerst lang und unnötig schwer gemacht. Man verfolgt das Leben der Familie Nautikos über drei Generationen mit ihrer Ankunft in Bari, der Verteidigung und schließlich dem Exil des letzten Angehörigen der Familie.
Die erste Mission, bei der der Seefahrer Panos Nautikos dem Kaiser Ludwig II. hilft Bari einzunehmen, ist bald eher ein munteres Panos quer über die Karte zu schicken. Schließlich, wenn man glaubt es geschafft zu haben, nach einem endlos langem Hin- und Hergehen die Stadt durch einen Tunnel einzunehmen, springt die Handlung einige Jahre weiter. Aufgabe ist es nun mithilfe einer Armee fünf Burgen in Bari zu zerstören. Leichter gesagt als getan, denn wieder gibt es Widerstand in der Stadt.
Das ist jedoch nichts im Vergleich zu der zweiten Mission, die mit Abstand die schlechteste Mission von The Forgotten ist. Als Michael Nautikos erfüllt man zunächst einige nervige Botengänge für seinen Anführer Melus, eher dieser rebelliert und Michael fliehen muss. Nun gilt es Melus wieder zu vertreiben. Dazu muss Bari komplett zerstört und alle Rebellen besiegt werden. Um das ganze künstlich in die Länge und richtig schwer zu machen, kann der Spieler nicht in das Imperialzeitalter aufsteigen und keine Burgen bauen. Währenddessen hat der Feind gut ausgebildete Imperialstreitkräfte, die er unentwegt dem Spieler entgegenschleudert. Burgeinheiten können nur bei Eroberung der Stadt Potenza ausgebildet werden. Die Mission ist wirklich furchtbar, denn Bari ist durch zahlreiche Festungen gesichert und Feuertürmen, auch von der See aus kommen ständig Schiffe. Ich habe glaube ich über sechs Stunden gebraucht, um diese Mission zu schaffen. Wenn eine Goldmine nicht ständig respawnt hätte, wäre es sogar gänzlich unmöglich gewesen. Eine völlig bescheuerte Mission, die ich in der Form bestimmt nie wieder spielen werde.
Angenehm ist hingegen die dritte. Als Stefan Nautikos soll man die Verteidigung von Bari gegen die Normannen leiten. Dazu übernimmt man an verschiedenen Stellen die Kontrolle über Teile des Heeres, bis man gezwungen ist aus Bari zu fliehen. Danach hat der Schrecken, der sich Bari-Kampagne nennt zum Glück ein Ende.

Eine Kampagne ohne jegliches Konzept oder Gefühl für einen kontinuierlichen Prozess, der sonst bei Kampagnen für Age of Empire üblich ist. Wir haben hier die schlecht gemachtesten, frustrierendsten und unnötig in die Länge gezogensten Kampagnen überhaupt. Bari hätte auch ganz weggelassen werden können.

Kampagne Sforza:
Die Sforza-Kampgne ist hingegen deutlich besser als die Bari-Kampgne. Die erste Mission erinnert dabei an die erste Mission der Dschinghis-Khan-Kampagne, wo verschiedene Stämme überzeugt werden müssen, sich Dschingis Khan anzuschließen. Hier passiert das gleiche mit verschiedenen Söldnergruppierungen, die Francesco Sforza als ihren neuen Anführer anerkennen müssen. Dabei gibt es einige interessante Aufträge wie fünf Räder aus zerstörten Karren zu finden, Wasser von einem Aquädukt zu holen oder Heuhaufen einzusammeln. Am Ende muss noch eine gut geschützte Festung besiegt werden.
Die zweite Mission ist auch sehr gut gemacht. Hierbei bekommt der Spieler Ressourcen zur Verfügung gestellt vom Herzog von Mailand und muss für ihn sich gegen diverse Feinde durchsetzen. Das sind nacheinander Piacenza, Cremona und schließlich Venedig. Besonders die Flotte der Venezianer hat es in sich und stellt den Spieler vor eine große Herausforderung.
Die dritte Mission beginnt unüblich. Mithilfe von Spionen soll man ein feindliches Lager erkunden. Zum ersten Mal halten Stealth-Taktiken Einzug in Age of Empires II auch storybezogen. Mithilfe der Spione kann dabei eine große Sabotage verübt werden. Im Anschluss daran muss zunächst eine schwer bewaffnete venezianische Marine aufgehalten und anschließend muss Carmagnolas Lager besiegt werden. Hier gab es anscheinend einen Bug, denn es dauert lange lange und es musste auch noch die letzte Einheit von Carmagnolas Wachen besiegt werden, ehe die Mission als gewonnen bewertet wurde, was womöglich nur daran lag, dass alle Feinde besiegt worden waren.
Die vierte Mission baut wieder auf das System der zweiten. Man baut kein Lager auf und scheffelt Ressourcen, sondern kauft sich Soldaten, in dem auf Ställe, Belagerungswerkstätten und ähnlichen Gebäuden geklickt wird. Interessant ist hierbei das Feature fünf Einheiten in der Burg von Pavesi zu lassen, weil sonst die Stadt gegen Sforza rebellieren könnte. Ziel ist es die von den Venezianer besetzten Städte zu besiegen, anschließend deren Flotte und zum Schluss Caraveggio.
Die fünfte Mission zieht sich etwas hin. Man belagert Mailand, wird jedoch selbst beständig von einem Verbündeten Mailands, Abbiategrasso angegriffen. Das geht schon ziemlich zu Beginn los und so stört er sehr stark beim Aufbau einer Wirtschaft. Ab einem bestimmten Punkt kann man jedoch zurückschlagen und Abbiategrasso einfach besiegen, weil er in der Feudalzeit bleibt. Danach gilt es Mailand auszuhungern, wozu es drei einfache Aufgaben gibt, die jedoch auch nicht einfach zu bewältigen sind. Schließlich verrät einen auch noch Venedig und sendet schwere Truppen zu Sforzas Lager. Sind all diese Hindernisse überwunden wird Sforza neuer Herzog von Mailand.

Diese Kampagne zeigt was mit den neuen Features in The Forgotten alles möglich ist und es kommen dabei tolle, innovative Missionen heraus, die nicht frusten. Abgesehen von dem Bug in Mission 3 und der etwas langwierigen letzten Mission eine rundum gelungene Kampagne.

Kampagne El Dorado:
El Dorado als Thematik einer Age-of-Empires-Kampgne mutet seltsam an, da die Suche nach El Dorado besser für ein Adventure-Spiel geeignet ist als für ein Echtzeitstrategie-Spiel. Dennoch sind die Missionen ganz in Ordnung, weil ähnlich wie der Montezuma-Kampagne interessante Features genutzt werden.
In der ersten Mission spielt man als Francisco de Orellana und soll in Quito sich mit Gonzalo Pizarro treffen. Auf dem Weg dahin können viele kleine Sidequests erfüllt werden, um an Gold zu kommen. In Quiso selbst muss man auf kreative Art und Weise vier Generäle ausschalten die gegen die Expedition sind und einen Händler bestechen, der die Lieferung für diese Generäle verzögern soll. Danach geht es weiter östlich von Quiso, wobei es zu einer Schlacht gegen ein Inka-Heer kommt. Sobald diese erfolgreich ist, ist die Mission schon beendet.
Die zweite Mission ist eine der interessantesten in The Forgotten. Man hat sich zunächst hoffnungslos im Regenwald verirrt auf der suche nach El Dorado und findet schließlich ein kleines Dorf mit Eingeborenen, welches flink erobert wird. Danach muss im benachbarten Regenwald das Material für Schiffe herangeschafft werden, was aufgrund einiger Eingeborenen nicht ganz so leicht ist. Mit dem Bau des Schiffes beginnt der interessante zweite Teil. Die Strömung treibt die Konquistadoren und Orellana den Fluss hinab und man muss die dortigen Eingeborenenstämmen nach El Dorado fragen. Dabei wird zunächst Imara erobert von wo aus es gilt für drei Eingeborenenstämme Aufträge zu erfüllen. Diese sind sehr leicht zu verhauen, was die sofortige Niederlage zur Folge hat. Ein Beispiel: einem der Dörfer muss ein Wildschwein gebracht werden. Das kann nur umständlich hergelockt werden und die Mission ist verloren, sobald das Wildschwein vor Erreichen des Dorfes getötet wird. Für ein anderes Dorf müssen genügend Lamas gefunden werden, die nicht geschlachtet werden dürfen. Am schwierigsten ist schließlich der Kampf gegen ein Eingeborenendorf, welche permanent Einheiten erschafft. Mit dem Sieg über diesem ist jedoch auch diese Mission gewonnen.
Die dritte Mission ist womöglich die untypischste von ganz Age-of-Empires 2. Auf dem Weg den Amazonas hinunter begegnen die Konquistadoren den Amazonen, welche den Fluss sperren. Jetzt gilt es die Amazonen davon zu überzeugen den Fluss wieder zu öffnen. Das geht entweder über Gewalt oder indem Aufträge für die dortigen Einheimischen erfüllt werden. Es ist jedoch nicht leicht. Neben zahlreichen verfeindeten Eingeborenen ist besonders die Nahrung ein Problem. Diese sinkt beständig und führt zum Tod alle Beteiligten, wenn sie auf null sinkt. Daher müssen die Nahrungsvorräte beständig durch das Finden von Truthähnen aufgefüllt werden. Es gibt auch Nahrung, wenn entweder die Einheimischen geplündert werden oder man ihnen hilft. Die Aufträge sind mannigfaltig: Es gilt ein verlorenes Lama zu finden, ein Transportschiff zur Verfügung zu stellen, einen Jaguar zu töten oder sogar einen Vulkan zu besänftigen. Ist das geschafft, öffnen die Amazonen ihre Tore und man kann weiterfahren.
Die letzte Mission behandelt die Flucht der Spanier aus dem unfreundlichen Amazonasgebiet. Dazu muss zunächst eine Insel besetzt werden. Ziel ist es jetzt 15 Galeonen zu bauen mit denen die Flucht gelingen soll. Störend sind dabei jedoch wieder die Eingeborenen, welche beständig angreifen. Da die Rohstoffe sehr beschränkt sind, ist man auf die Hilfe der freundlichen Eingeborenen angewiesen. Es gibt da sehr interessante Aufträge: In einem Fall muss man sogar einen Mordfall lösen, dann gilt es noch eine Hexe zu töten, welche die Tiere verrückt macht, das Verschwinden einiger Arbeiter in einer Höhle zu klären oder einen Essenswagen für eine Feier zu bringen. Trotz der beständigen Angriffe der Einheimischen ist das Missionsziel schnell erreicht.

Wenn auch sehr unüblich, ist El Dorado womöglich die abwechslungsreichste Kampagne von The Forgotten und gerade wegen ihrer mannigfaltigen Möglichkeiten oft wiederholbar.

Kampagne Prithvaraj:
Die Kampagne über den indischen Prinzen Prithvaraj habe ich mit gemischten Gefühlen betrachtet. Die erste Mission bietet eine interessante Abwechslung, da es zwei Wege sie zu gewinnen. Letztendlich habe ich nicht lange gebraucht, da ich wohl den einfachsten Weg gewählt habe, nämlich Bhimdev Solankis Burg zu zerstören.
In der zweiten Mission ist es das Ziel genügend Gegner auf seine Seite zu bekommen, wobei die Ghaznaviden der gefährlichste Gegner ein dauerhafter Feind bleibt. Es ist nicht einfach diese Mission zu schaffen, da zu Beginn ein dauerhafter Angriff aller Parteien erfolgt. Hat man jedoch ein oder zwei überzeugt, wird es schon wesentlich einfacher. Kashmir will nur, dass zwei Wachtürme beim südlichen Markt zerstört werden, die den Gaharwaren gehören. Diese Gaharwaren sind mit am schwersten zu überzeugen, da zunächst ihr König Jaichand von Kannuj getötet werden muss. Der verbirgt sich jedoch in einer gut befestigten Stadt und produziert beständig Einheiten. Für die Paramaras muss auf einem bestimmten Hügel eine Burg errichtet werden. Nervig ist es hierbei, dass die Einheiten meine Bauarbeiter trotzdem angreifen, wenn ich gerade dabei bin die Burg zu bauen. Als Letztes gilt es die Solankis zu gewinnen, das geht nur indem man ihnen die Rohstoffe gibt, die für den Bau eines Monuments benötigt werden. Das ist jedoch kein größeres Problem.
Die dritte Mission ist die langwierigste und auch frustrierendste. Dabei beginnt sie ganz interessant. Prithvaraj muss seine Geliebte aus dem Palast ihres Vaters schmuggeln und fliehen. Danach gilt es jedoch gegen Jaichand, dem Vater zu kämpfen und das wird zu einer schwierigen Angelegenheit. Delhi, die Stadt, welche Prithvaraj besetzt, wird beständig angegriffen und es ist schwierig an Rohstoffe zu kommen. Zwar kann man kleinere Aufträge für die Indischen Dörfer erledigen, doch diese lohnen kaum. Besonders problematisch ist der bald fehlende Zugriff auf das Gold. Besonders viel davon gibt es in einer abgelegenen Miene, die erst vom Feind erobert werden muss, aber auch nach der Eroberung nicht sicher ist. Es hat sehr lange, lange gedauert, ehe ich mit Mühe und Not das Missionsziel erreichen konnte: die beiden Burgen von Jaichand zu zerstören.
Die letzte Mission beginnt zunächst mit einer großen Schlacht in der man sich eine Abteilung aussuchen kann. Anschließend geht es daran ein Lager aufzubauen und den großen Feind zu besiegen: Muhammad Gori. Diese Mission hat es noch einmal schwer in sich, denn das Lager von Gori ist gut befestigt und wird gut verteidigt durch Triboke, Paladine und andere schwere Einheiten. Noch dazu hilft die Stadt im Westen so gut es geht. Sie gilt es auch zu besiegen, was äußerst schwer wird, wenn man nicht weiß, dass man sie auch aushungern kann durch verschiedene Aufgaben.

Die Prithvaraj-Kampagne ist sehr fordernd und definitiv nur etwas für die geduldigen Spieler, jedoch längst nicht so frustrierend wie die Bari- oder Dracula-Kampagne.

Die Vergessenen Schlachten:
Abgesehen von dem interessanten Longshan Jiang - in der ein Lager gegen feindliche Schiffe verteidigt und Transportschiffe mit Material sicher durch das Meer eskortiert werden müssen, um letztendlich ein Monument zu bauen - sind alle Missionen langwierige, frustrierende und ressourcenfressende Dauerschlacht gegen Gegner, die offenbar mit 10.000 Rohstoffeinheiten aller vier Grundressourcen beginnen.
Dabei ist York so derart vollgepackt mit Einheiten, dass ein Spielen fast unmöglich da aufgrund der Größe der Karte und der Vielzahl an Einheiten das Spiel nicht mehr ruckelfrei läuft. Honfoglalas ist eine frustrierende Angelegenheit, weil man gezwungen ist die ersten beiden Lager an irgendeinem Punkt aufzugeben, wobei man hoffentlich die zu dem Zeitpunkt notwendige Anzahl an Einheiten produziert hat, sonst heißt es Neustart. Buchara ist nur zu gewinnen, weil man mit den Persern spielt und dadurch Kriegselefanten besitzt, ansonsten wäre ein Sieg gegen die Hunnen wohl unmöglich. Karikara ist einfacher als die anderen, da viel Gold zur Verfügung steht, welches nicht erst alles abgebaut werden muss.
Dos Pilas ist ähnlich langwierig und dann nur noch frustrierend wie Bapheus. Bei Ersterem muss zunächst eine Kleinstadt verteidigt werden, die dann jedoch wieder in falsche Hände fällt und zum Schluss ein Weltwunder zerstört werden muss, welches sich in einer gut befestigten Stadt befindet. Bapheus zieht sich lange, lange, lange hin, weil es zwischenzeitlich vier Feinde zu besiegen gilt, die unentwegt angreifen. Ohne Schutzmauer ist ein Überleben praktisch nicht möglich. Zum Glück stellt ein befreundetes Sultanat beständig Soldaten und Dorfbewohner zur Verfügung.
Am furchtbarsten ist jedoch Zypern, eine Mission, die ich nur durch einen Trick geschafft habe. Hier gilt es zunächst auf Sardinien die Kontrolle zu gewinnen, damit Richard Löwenherz für seinen Kreuzzug in die Orient übersetzen kann. Dabei gerät jedoch seine Flotte in einen Sturm und er landet auf Zypern, wo seine Schwester in Gefangenschaft des dortigen Königs gerät. Nach der Übernahme der Stadt Limassol muss man jetzt Zypern besiegen und den König Isaak Komenos gefangennehmen. Das ist jedoch schier unmöglich, denn der Feind greift ständig an, besonders die Dorfbewohner, welche die spärlichen Rohstoffe wie Gold und Steine einsammeln wollen. Es ist unmöglich den Feind effektiv zu besiegen, denn egal was man zerstört er baut es sofort wieder auf, wenn nötig sogar in der Festung von Isaak Komenos. Die ist mit vier Burgen, vielen Ställe, Paladinen, Triboken, Elite-Plänkler und gepanzerten Reitern gesichert. Noch dazu gibt es Mönche in Hülle und Fülle. Als mir ein Sieg unmöglich war, habe ich einen früheren Spielstand geladen und Zypern und Komenos angegriffen, als sie noch verbündet mit mir waren. Die K.I. schaltet dann nicht auf "Feindlich" um, sondern lässt sich ohne Widerstand abschlachten. Ein schäbiger Trick, aber der einzige, der mir bei dieser furchtbaren Mission noch übrigblieb.

Die Vergessenen Schlachten sind sehr gut als Abschluss, weil man danach keinerlei Lust mehr hat weitere Missionen von Age of Empires 2 zu spielen und nicht traurig ist, die aktuellen beendet zu haben. Unnötig schwer, super frustrierend und besonders große Zeitfresser, hätte ich mir ehrlich gesagt gewünscht, dass diese Missionen nur als Mods verfügbar wären, aber nicht Teil der Erweiterung wären, denn dann hätte ich sie nie gespielt. 

Mittwoch, 8. März 2017

Wie kann Shardik ein Lieblingsbuch sein?

Nach reichlicher Überlegung habe ich mich doch anders entschieden und auf eine detaillierte Analyse der einzelnen Kapitel verzichtet. Es mangelte nicht an Material, aber ich denke es hätte den Lesefluss und meine Lesemotivation zu sehr gestört hier nach jedem Kapitel jede einzelne Szene zu interpretieren. Deshalb gibt es jetzt hier eine ausführliche Review.

Warum bezeichnet jemand dieses Buch als sein Lieblingsbuch? Es ist eine wahrlich ungewöhnliche Wahl, denn Shardik steht klar im Schatten seines weitaus bekannten Vorgängers Watership Down und ist einer größeren Leserschaft eigentlich nur durch eine Reminiszenz im Dunklen Turm-Zyklus von Stephen King bekannt. Zu groß ist die Diskrepanz zu seinem Vorgänger. Ist Watership Down ein netter Abenteuerroman mit Kaninchen, der jedoch verschiedene Thematiken wie Führerschaft, Vertrauen und Freiheit anspricht, die uns eine Tierart näher vertraut aber distanziert lässt, die sonst vielen Menschen egal ist; so ist Shardik eher als eine Allegorie auf die Vor- und Nachteile von Religion zu verstehen. Noch dazu bedient sich Adams einer ausschweifenden metaphorischen Sprache, die über und über aus Vergleichen besteht, die ein Zugang zu dem Werk schwierig macht. Auch die Charaktere bieten kaum Zugang, da sie zu fremd und distanziert wirken.

Genau Letzteres sind jedoch die Gründe, warum mir das Werk so gefällt und es in seiner Gesamtheit mein Lieblingsbuch geworden ist. Kelderek, der Hauptcharakter, ist keiner der gewöhnlichen Fantasy-Klischee-Charakter (gerne als Fantasy-Buch deklariert, steht es für mich jedoch außerhalb dieser Kategorie, trotz erfundener Welt), der aus einfachen Verhältnissen plötzlich zum Retter des Universums wird und dabei unglaubliche Fähigkeiten entwickelt, die er vorhin nicht kannte. Nein, Kelderek ist zu Beginn ein einfacher Jäger, wird dann durch die Ereignisse zu einem Priester Shardiks, schließlich sogar zum König, doch es bleibt deutlich, dass er aus einfachen Verhältnissen stammt und mit politischen Begebenheiten restlos überfordert ist. Ohne Probleme kann ihn jeder nach seinen Gutdünken manipulieren, sei es Ta-Kominion, Zelda, Ged-la-Dan oder später auch Elleroth, Kelderek wird nur aktiv, wenn es um Shardik geht, drückt sich jedoch vor jeder Verantwortung, die andere politische Dinge betrifft. So lässt er es zu, dass die Tuginda mit der er eng vertraut ist, von Ta-Kominion verhaftet wird, weil sie dessen Vorhaben - Bekla zurückzuerobern - nicht unterstützt, ohne dabei das Wort zu erheben. Stattdessen schlägt er sich sofort auf Ta-Kominions Seite, was einer Mischung aus Feigheit und weil er glaubt, Shardiks Absicht läge wirklich darin, dass die Ortelganer Bekla zurückerobern.
Später distanziert er sich von den Grausamkeiten seiner ortelganischen Untergebenen und hält sie für notwendig, will mit ihren Taten aber nichts zu tun haben. Das geschieht bei dem Erhängen der Kinder, um Santil-ke-Erketlis zum Gehen zu bewegen und bei der Eröffnung des Sklavenhandels. Er übernimmt keine Verantwortung dafür, bis er schließlich in den Händen des grausamen Sklavenhändlers Genshed mit beiden Taten direkt konfrontiert wird.
Kelderek bleibt also ein passiver, schwächlicher Charakter, der außer durch seinen Dienst an Shardik sich keinerlei politischer Verantwortung stellt und erst ganz am Ende durch seine Romanze mit Melathys und der Konfrontation seiner Taten, sowie einer zuvor albtraumhaften Verfolgung Shardiks, die ihm an den Rand der körperlichen und geistigen Erschöpfung bringt, kann er zumindest ein bisschen die Sympathien des Lesers erlangen. Somit haben wir keine leichte Hauptfigur zu der wir einen Draht aufbauen können, doch in meinen Augen ist Kelderek die absolut richtige Hauptfigur für dieses Werk, denn nur durch einen solchen einfachen, gottesfürchtigen, schwächlichen und leidenden Charakter kann sich die Intention des Autors äußern. Kelderek durchgeht alle Stufen des Glaubens von Hingabe zu Fanatismus, zu Selbstaufopferung, Leugnung, schließlich Hass und am Ende Erkenntnis.


Die Rolle Shardiks

Wenn auch Kelderek zweifelsohne der Hauptcharakter ist, so ist dennoch die zentrale Figur aufgrund derer alle Ereignisse mehr oder mindern so kommen wie sie kommen, Shardik. Der riesenhafte Bär bleibt dabei - im Gegensatz zu den Kaninchen in Watership Down - stumm und aus seinen Gedanken heraus wird nur der Anfang erzählt. Shardik nimmt dabei eine sehr ambivalente Rolle ein. Seine Erscheinung ist monströs, schrecklich und er verkörpert wie kein anderes Tier die wilde, unbezähmbare Natur. Oft genug tötet er jemanden. Doch er ist kein Tier aus einem klischeehaften Tierhorrorfilm, dass nur grausam und brutal gegenüber den Menschen auftritt. Genauer gesagt erregt er ziemlich schnell das Mitleid des Lesers. Schon am Anfang der Geschichte wird seine riesige, monströse Erscheinung dadurch herabgesetzt, dass er vor einem riesenhaften Feuer flieht, fast verbrennt und gleich darauf auch fast ertrinkt und sich nur durch Mühe und Not retten kann. Sofort bekommt er das Mitleid des Lesers und es ändert sich auch nicht für den Rest der Geschichte. Egal wie oft er jemanden tötet, angreift oder wütet, Shardik wird wesentlich brutaler verletzt und misshandelt. So trägt er, zunächst eingesperrt in einen notdürftig zusammengezimmerten Käfig eine Verletzung durch eine der Eisenstangen davon, später wird er dauerhaft verletzt bei dem Versuch ihn wieder einzufangen. Wie einer der armen Bären, die wir noch von früher aus manchen Zoos kennen, wird er in einen viel zu kleinen Käfig eingesperrt und leidet weiter. Er trägt noch weitere Verletzungen an Schulter und Nacken davon, bis er schließlich am Ende dem Tode nahe ist, ein ausgemergeltes Ding, ein Schatten seiner selbst und durch Genshed eigentlich nur den Gnadentod erhält.
Shardiks Geschichte ist eine Geschichte des Leidens im Namen einer Religion, die eigentlich dazu bestimmt sein sollte ihn zu verehren. Hier wird also die Perversion und Abnormität des Shardik-Glaubens deutlich, der seine ursprüngliche Glaubenslehre völlig verliert und erst am Ende zu einer einfachen wie genialen Erkenntnis kommt, um Shardiks sinnlosem Tod und Leiden doch noch einen Sinn zu geben. Feuer spielt dabei eine zentrale Rolle. Es ist ein Feuer, welches ihn zu Beginn des Buches fast umbringt; ein Feuer hilft ihm dabei aus Bekla zu fliehen und schließlich stirbt er durch einen brennenden Pfeil. Zum Abschluss wird sein Leichnam auch noch auf einem Floss verbrannt und den Fluss hinabgetrieben. Dadurch schließt sich auch anderweitig sein Kreis. Vor einem Feuer fliehend kam er zu dem Telthearna, der ihn nach Ortelga und zu Kelderek brachte und über den Telthearna verlässt er brennend die Geschichte.
Shardiks Verhalten ist dabei kaum einheitlich und für einen Bären untypisch. Er tötet eher zufällig. So verschont er tagelang die Priesterinnen, die ihn mit dem Gesang unterstützen und tötet dann völlig unerwartet Ankray. Bei der Expedition der Ortelganer gegen Bekla tötet er ausgerechnet einen Spion und auf dem Schlachtfeld tötet er mit Gel-Ethlin und den anderen Offizieren zielgerichtet die Heerführer und er möglicht so den Sieg der Ortelganer. Weitere Opfer sind schließlich ein Soldat bei seinem Ausbruch aus Bekla, ein Priester der Streels von Urtah, der ihn töten will; Bled, den verrückten Aufseher Gensheds und schließlich Genshed selbst. Auffallend dagegen ist wen er verschont. Kelderek nähert sich ihm oft, doch nur ein einziges Mal verletzt er ihn und auch zum Schluss geht er auf Genshed los und nicht auf die Kinder, die ihm eigentlich völlig wehrlos ausgeliefert sind. Shardiks Verhalten wirkt also durchaus, als würde es eine bestimmte Intention verfolgen und nicht der zufälligen Wildheit eines Bären entsprechen, dennoch bleibt offen, ob Shardik wirklich göttlich ist oder das nur von den anderen in sein Verhalten hineininterpretiert wird.
Ich denke Shardik ist nur ein Bär, der ohne es zu wollen in die Ereignisse hineingezogen wird und für die Unwissenheit, den Fanatismus, die Ängste und deren Ambitionen einen hohen Preis zahlen muss.

Wer ist eigentlich der Antagonist?

Wenn mir etwas imponiert an Shardik, dann das bis zum Auftreten Gensheds (auf Seite 443) es keinen wirklichen Antagonisten gibt. Es ist nicht Bel-ka-Trazet, der zunächst Shardik feindlich gegenübersteht, weil er durch ihn alles in Gefahr sieht, was er für Ortelga aufgebaut hat und Kelderek bei seiner ersten Begegnung fast umbringt. Doch Bel-ka-Trazet stellt sich als ein fähiger, kompetenter und charismatischer Herrscher heraus mit einer traurigen Vergangenheit, der genau weiß was für sein Volk gut ist und somit in dem erneuerten Glauben an Shardik eine klare Gefahr sieht, die sich so auch bewahrheitet. Er erkennt die Autorität der Tuginda an, ist machtlos bei der Rebellion Ta-Kominions und landet schließlich Zeray. Dort schafft er es aus der kriminellen, anarchischen Stadt halbwegs die Ordnung herzustellen und erkennt das Potential dieses von allen vergessenen Landes, kommt jedoch nicht mehr zur Vollendung seiner Pläne - das übernehmen dann Kelderek und Melathys. Nein, Bel-ka-Trazet ist sogar eher ein Protagonist und für mich auch sympathischer als Kelderek.
Ta-Kominion wäre der nächste Kandidat, denn er ist verantwortlich für die fatalsten Ereignisse. Als junger, ambitionierter Baron sieht er in Shardik die Chance, dass die Ortelganer wieder in Bekla herrschen. Dafür gewinnt er sehr schnell Kelderek und sogar anfang die Tuginda, bis diese seine Absichten durchschaut. Danach lässt er sie verhaften und dennoch bleibt Kelderek ihm treu, insgeheim plant der ambitionierte Ta-Kominion jedoch schon ihn auszuschalten, da er ihn für seine Herrschaft in Bekla wahrscheinlich nicht braucht. Eine entzündete und eiternde Wunde macht schließlich jedoch seine Pläne zunichte und er wird ironischerweise durch Shardiks Käfig endgültig getötet. Sein Vorhaben setzen dann Kelderek, Zelda und Ged-la-Dan in die Tat um. Ta-Kominion verschwindet also wieder, ehe er zu einer wirklichen antagonistischen Partei werden kann.
Dann wäre der genial, jedoch nie in der Geschichte auftretende General Santil-ke-Erketlis. Tatsächlich wirkt er wie ein Antagonist, doch sein Auftreten und seine Ziele lassen ihn kaum wie einen Feind wirken. Auf barbarische Art wird er aus Bekla verdrängt (das Hängen der Kinder) und führt in der Folgezeit die Rebellion gegen die Ortelganer an, besonders in der Bekämpfung des Sklavenhandels. Das Ziel eine grausame Praxis, das Versklaven von Kindern zu verhindern, dürfte kaum zur Abneigung seitens des Lesers führen. Und auch durch seine Beschreibung durch die anderen wirkt er eher wie ein zweiter Bel-ka-Trazet: kompetent, charismatisch und gegenüber seinen Untergebenen als ein weiser Anführer, der seine Versprechen einhält und sie würdig belohnt.
Auch Elleroth passt da nicht hinein. Seine schlimmste Tat, den Versuch Shardik umzubringen ist aus einer absolut verständlichen Notlage herausgeboren, er will den Krieg schnell beenden, sodass er in der Lage ist, seinen Sohn aus den Händen Gensheds zu befreien, ehe dieser Terekenalt erreicht. Er erntet sogar leichte Sympathien, als er eher unbeabsichtigt Shardik befreit und auch wenn er später in Kabin noch Feind von Kelderek ist, so wird er spätestens als dieser auf Radu trifft und beide aus den Händen Gensheds befreit werden, zu einem sympathischen Charakter. Allgemein ist sein Auftreten ähnlich dem des zurückgezogenen Santil-ke-Erketlis, er ist charismatisch, gut, kompetent und fair gegenüber seinen Untergebenen.
So bleibt wirklich nur Genshed, der grausamste der Sklavenhändler. Als ehemaliger Gehilfe des Henkers hat er ein sadistisches Vergnügen daran entwickelt andere Menschen leiden zu sehen, doch das ist nicht seine größte Freude, seine größte Freude ist es Menschen mental zu brechen, ohne dabei selbst große Hand anzulegen. Er verkörpert das grausamste und schlimmste dieser schrecklichen Praxis des Kindersklavenhandels. Sein Tod erst beendet den Konflikt der Geschichte und eröffnet die Erkenntnis, was Shardiks Absicht auf Erden war. Zwar spät eingeführt, hinterlässt er dennoch einen bleibenden Eindruck. Sharas Tod gehört zu eine der schrecklichsten Ereignisse, die ich je gelesen habe, da er so sinnlos und unnötig grausam wirkt, der Tod eines unschuldigen, kleinen Kindes. Es ist der einzige Antagonist, den dieses Werk verdient hat: kein grausamer Herrscher oder General, sondern ein Sklavenhändler, denn darum ging es Adams. Die Grausamkeiten dieser Praxis dem Leser näherzubringen. Und doch ist wie alle Probleme in diesem Buch, Genshed als Antagonist durch die Ortelganer und Kelderek selbst verursacht. Sie haben den Sklavenhandel eingeführt und es dabei auch illegalen Händlern wie ihm ermöglicht, tätig zu werden. Sieht man es also genauer verkörpert Kelderek und die Ortelganer eine ambivalente Doppelrolle von Protagonisten und Antagonisten. Kelderek ist für sein Leiden selbst verantwortlich.

Die Rolle von Religion

Bis jetzt hat es kein Werk so perfekt geschafft mir die Vor- und Nachteile von Religion aufzuzeigen wie dieses. Das ist der Hauptgrund, warum es mein Lieblingswerk geworden ist, denn dieser Blick hat mir als bekennender Konfessionsloser lange Zeit gefehlt.
Durch die Priesterinnen von Quiso und besonders die Tuginda haben wir zunächst die Religion als Berufung. Sie stellen ihr ganzes Leben in den Dienst von Shardik und jede Praxis ist ihm gewidmet, ähnlich wie es bei Pfarrern, Imamen, Rabbis oder eben Priestern im Allgemeinen ist. Die Tuginda verkörpert dabei den Urglauben, der vor langer Zeit verschmutzt wurde, das Reine und Unbefleckte eine Religion. Sie zeigt, dass die Religion im Grunde eine Gute ist und nur Gutes bewirken will. Sie zeigt, dass Religion nicht dazu bestimmt ist, Andersgläubige auszugrenzen, das Vergebung zu einer jeden Religion dazugehört, das jeder Mensch, egal wer er ist, gleichbehandelt werden soll und das Gewalt zu keine Religion gehört. Das äußert sich beispielsweise in den Heilkünsten der Tuginda, die als gute Heilerin jedem ihre Therapie anbietet, ihre Vergebung äußert sich nicht nur darin, dass sie Kelderek dessen Verrat verzeiht, sondern auch den halbverrückten Kriminellen Ruvik pflegt und für ihn ein gutes Wort einlegen will, sobald sie das Land jenseits des Vrako wieder verlässt. Dennoch weiß sie sich auch zu schützen, was der Zauber von Quiso belegt.
Ta-Kominion hingegen sieht in dem Glauben an Shardik eher das Mittel zur Durchsetzung politischer Interessen. Er verkörpert damit den Machtaspekt. Sein Plan zur Eroberung Beklas kann leicht mit den Kreuzzügen oder der Expansion des Islam verglichen werden. Missionierung wird dabei auch genutzt. Bereits dieser Glauben enthält jedoch schon eine Abkehr vom ursprünglichen Shardik-Glauben, denn um dahinzukommen muss Shardik eingepfercht werden und schließlich wird er gegen seinen Willen in Bekla gefangenhalten, um die Herrschaft Keldereks bzw. Crendrik zu legitimieren. Aus dieser Abart entspringen schließlich der Krieg gegen Santil-ke-Erketlis, der Sklavenhandel und Shardiks Glaube wird für Nichtgläubige nicht nur als eine barbarische Tierreligion angesehen, sondern auch als grausame, brutale Religion. Ähnlich wie viele aufgrund von Terroristen und Fundamentalisten den Islam oder das Christentum verabscheuen.
Bel-ka-Trazet sieht in der Religion eher eine pragmatisch-mythische Komponente. Sie ist von Vorteil, wenn die Leute daran glauben, es ist jedoch besser, wenn Shardik ein Mythos und Legende bleibt. Damit kann er sich jedoch nicht durchsetzen und wird somit aus einer Position verdrängt. Eine ähnliche Rolle nimmt das Christentum heutzutage ein, denn ähnlich wie der Shardik-Glaube, glauben viele an die Wiederkehr von Jesus.
Kelderek verkörpert alle diese Aspekte zusammen. Er ist zunächst sehr gläubig, weiß was die Erscheinung des Bären zu bedeuten hat und setzt sich trotz Todesgefahr durch Bel-ka-Trazet durch, dieses Geheimnis nur der Tuginda zu verraten. Schließlich akzeptiert er, dass er ein Prophet von Shardik ist und dessen Oberpriester wird durch die Tuginda. Bald jedoch glaubt er den fanatischen Gedanken von Ta-Kominion und beginnt selbst damit den Shardik-Glauben umzuformen. Zumindest erkennt er an, dass Shardik ein großes Geheimnis noch zu enthüllen hat, was er jedoch nicht erkennt und auch den Grund dafür scheint er zu wissen: er hat den Glauben an Shardik verraten, will sich das jedoch nicht eingestehen und hofft dennoch auf die große Wahrheit zu stoßen, was ihn jedoch hemmt und bald schwer belastet. Seine Hingabe und seine Aufopferung für Shardik wird schließlich deutlich, als er ihm durch die Beklanische Ebene folgt. Das verändert sich schließlich zu langsamer Distanziertheit, als er erkennt, dass Shardik ihm alles genommen hat, was er hatte und er nur noch den Wunsch verspürt zu sterben. Durch die Begegnung mit der Tuginda kommen alte Schuldgefühle wieder zum Vorschein, durch seine Begegnung mit Melathys wendet er sich jedoch endgültig vom Shardik-Glauben ab, weil er etwas Neues im Leben gefunden hat und glaubt er habe sich sowieso als Priester Shardiks unwürdig gezeigt. Somit ist es wenig verwunderlich, als Shardik überraschend wieder auftaucht, dass seine Einstellung zu Shardik zu Hass und Abscheu wird, weil er seinem Glück ihm Weg steht und er glaubt alles Leiden, was er hat, ihm zu verdanken. Das mündet schließlich in die Gefangenschaft durch Genshed. Erst als dieser von Shardik getötet wird, wobei dieser dabei Kelderek rettet, erkennt Kelderek, dass es nie der Bär war, der das Leid verursacht hat, sondern fehlgeleitete Menschen wie er selbst. Er erkennt dessen geheiligten Tod an und kann dann schließlich doch eine einfache wie wichtige Erkenntnis daraus schließen: Shardik starb für die Kinder, das Seelenheil der Kinder ist wichtig.

So wird, was Adams sehr geschickt anstellt durch einen Vertreter eines fremden, höherentwickelten Volkes uns die Ergebnisse präsentiert, die Kelderek und Melathys aus dem Tod Shardiks gezogen habe: Kein Kind soll mit Unglück und Leid aufwachsen, wenn es nicht gewollt wird, und so holen sie Hunderte von ihnen nach Zeray zum Arbeiten aber auch zum Spielen und Erziehen. Die grausame Geschichte endet hier mit einer fast schon utopischen Aussicht. Kelderek und Melathys ehren Shardiks Andenken und haben aus seinem sinnlosen Tod eine sehr positive Botschaft gezogen, die so einfach wie auch genial ist. Gerade Siristrou erkennt gut, was wohl auch der Leser denkt: ihr Glaube ist zwar ein primitiver und zweifelsohne heidnischer, aber die Erkenntnis diese darausgezogen haben ist an Humanität eigentlich nicht zu übertreffen und daher einfach nur wunderbar. In der letzten Szene, als Siristrou im Feuer die Bilder sieht, die diesen Roman so bestimmt haben, deuten da für mich daraufhin, dass auch er bereits von diesem neuen Shardik-Glauben angesteckt wurde und bald auch bekehrt ist und diesen Glauben mit zurück in sein Königreich nimmt.
Darin äußert sich die Genialität von Shardik. Am Ende einer Geschichte voll von religiösen Missverständnisse, grausamen Eroberungen, Brutalität, Misshandlungen von Kindern und einer nahezu durchgehend düsteren Grundstimmung, steht ein so positives Ende, welches jedoch nicht wie ein kitschiges Märchen-Happy-Ending wirkt, sondern tatsächlich auch für unsere Gesellschaft eine Lösung präsentieren könnte. Vermutlich sind wir noch nicht so weit, wenn noch immer im Namen von Religionen Kriege und andere schlimme Verbrechen begangen werden, Andersgläubige ausgegrenzt oder verfolgt werden. Adams zeigt jedoch, dass es möglich ist, dass trotz all diesen Leidens am Ende eine positive Botschaft aus allen Religionen gezogen werden kann, wodurch die Menschen in Frieden und Eintracht miteinander leben. Diese Botschaft ist so einfach: Kinder sind die Zukunft und sollten nicht ungeliebt aufwachsen. Und deshalb ist dieses Buch ein literarisches Meisterwerk und nicht nur das Lieblingswerk des Autors, sondern auch mein Lieblingsbuch.