Dienstag, 22. November 2016

Watership Down Kapitel 3: Hazel's Decision

Das Eingangszitat ist aus einem Werk, welches mir sehr bekannt ist. Immerhin habe ich damit mein Graecum bestanden. Die anabasis von Xenophon, welches hauptsächlich den Bericht eines griechischen Generals und einer Söldnerschar beinhaltet, welche in einen Konflikt um den persischen Thron hineingezogen werden und dann aus dem unbekannten Land wieder heimkehren müssen.
Ich kann zwar das Zitat hier jetzt keiner bestimmten Stelle zuordnen, der Grund warum es diesem Kapitel voransteht ist jedoch offensichtlich. Es erklärt die Motivation der beiden Kaninchen, welche sich bereit erklären mit Fiver mitzugehen - und es ist nicht unbedingt wegen der Gefahr die Fiver voraussieht.

Ein Tag ist mittlerweile vergangen und es wieder Abend. Jetzt lernen wir Blackberry näherkennen, das Kaninchen welches bereits im ersten Kapitel einen kurzen Auftritt hatte. Hier wird bereits eine der wichtigsten Eigenschaften Blackberrys angedeutet - seine Fähigkeiten für Kaninchen unbekannte Dinge zu verstehen. Tatsächlich hat er mit seiner Deutung der Anschlagtafel als Zeichen und Botschaft Recht. Das andere anwesende Kaninchen ist Dandelion, welcher jedoch für das ganze Kapitel kein Wort äußert. Letzterer hat jedoch noch einmal versucht den Threarah zu überzeugen.
Hazel selbst hat eigentlich von Anfang an nicht wirklich damit gerechnet den Threarah überreden zu können, doch für ihn zählt allein der Versuch das Beste getan zu haben um alle zu retten. Es wird deutlich, dass Hazel fest an Fiver glaubt.
Dann werden sie von einem weiteren Besucher überrascht. Bigwig hat erklärt, dass er aus der Owsla ausgetreten ist und auch das Gehege verlassen will. Den Ärger mit dem Threarah hat er nicht wirklich wegstecken können. Wir erfahren auch, dass Bigwig anders ist als der Threarah und eher zu impulsiven Entscheidungen neigt wie dieser. Tatsächlich ist er selbst unzufrieden mit seinem Owsla-Dasein. Salat-Stehlen und Baue bewachen ist nicht das was er sich vorstellt. Er selbst behauptet zwar von Fiver überzeugt worden zu sein, doch es wird deutlich, dass sein Entschluss das Gehege zu verlassen der ist, weil er nicht mit der Autorität des Threarah klarkommt.

Schließlich eröffnet Hazel seinen Entschluss, dass er und Fiver das Gehege noch diese Nacht verlassen werden und jeden mitnehmen, der mitkommen will. Bigwig willigt sofort ein, was Hazel überrascht. Denn zum einen ist ein starkes Kaninchen wie Bigwig von großer Hilfe bei den Gefahren, die vor ihnen liegen, zum anderen fürchtet Hazel, dass mit Bigwig schwierig umzugehen sein wird. In Gedanken trifft er den Entschluss, nicht Bigwig alle Entscheidungen zu überlassen. Hier haben wir den ersten Hinweis auf einen Anführer-Konflikt, welcher noch die ein oder andere Wendung in der Geschichte nehmen wird.
Blackberry willigt schließlich ein, obwohl sein Grund auch nicht Fivers Vision ist, sondern die allgemein große Anzahl an Böcken in dem Gehege, was es unmöglich macht Spaß am Leben zu haben, wenn man nicht in der Owsla ist. Dennoch fürchtet er sich vor den Gefahren, welche das unbekannte Land mit sich bringt.
Bigwig entscheidet sich noch weitere Kaninchen aus der Owsla mitzubringen und beteuert von Fiver überzeugt sein und wundert sich, dass es der Threarah nicht war. Hazel meint dazu, der Threarah würde nichts mögen, was er nicht sich selbst überlegt hätte, was wieder zu dem zu alt gewordenen Staatsmann passt, welcher keinen Rat der Jungen annimmt, weil nur er glaubt alles besser zu wissen.
Als Aufbruchszeit nennt Hazel fu Inlé, wieder ein Lapine-Ausdruck. Bereits im Vorkapitel fiel der Begriff ni Frith. Hier ist eine gute Stelle um anzubringen, dass Frith die Sonne bedeutet und Inle der Mond. Beide haben jedoch darüber hinaus für die Kaninchen noch eine viel größere Bedeutung, was in einem der späteren Kapitel deutlich wird.
Zumindest zu dem Zeitpunkt möchten sie das Gehege verlassen haben, da die Gefahr immer drückender wird. Er rät jedoch Bigwig zur Vorsicht bei der Auswahl der Kaninchen, denn der Threarah wird es kaum mögen, dass er Mitglieder der Owsla zur Desertation ermutigt. Bei den Outskirters wie Hazel ist das egal. Wir hören dabei das erste Mal von einem weiteren Vorgesetzten von Bigwig, einem Captain Holly. Tatsächlich ist die Owsla hierarchisch angeordnet, wobei Captain (oder Hauptmann) eine der höchsten Positionen ist, nur knapp unter dem Oberkaninchen. Und mit der Warnung Hazels mit wem Bigwig reden soll, endet auch das Kapitel.

Nur noch eine kurze Anmerkung zur Anführerschaft: Wir erleben bereits hier Hazel als Anführer. Obwohl Fiver die Vision hat, trifft Hazel letztlich die Entscheidung das Gehege zu verlassen. Er bekommt dabei schon zwei Anhänger dazu. Seinen Freund Blackberry und mit Bigwig tatsächlich einen Owsla-Offizier. Ohne es vielleicht zu bemerken agiert Hazel ihn gegenüber schon als Anführer. Er sagt wann sie aufbrechen und gibt Bigwig den Rat vorsichtig zu sein bei der Auswahl der Kaninchen aus der Owsla. Und Bigwig erhebt keinerlei Einwände. Hazel wird bereits durch diese kleine Koordination ihrer Flucht zum Anführer.

Watership Down Kapitel 2: The Chief Rabbit

Noch ein kurzer Nachtrag zum letzten Kapitel: Leider hat die Realität mittlerweile das Werk eingeholt. In Sandleford Warren soll tatsächlich jetzt ein neuer Baugrund für 2000 Häuser entstehen. Richard Adams selbst hat dagegen jahrelang gekämpft, doch offensichtlich konnte der den Rat von Berkshire nicht umstimmen. Es ist schade zu sehen, dass selbst eine so bekannt gewordene Gegend, welche gerade durch den Film auch einige verstörende Szenen aufweist, nicht vor der Zerstörung des Menschen bewahrt werden kann.

Nun aber zurück zum Kapitel, welches den Titel "The Chief Rabbit" trägt und mit einem Zitat aus dem Buch The World von Henry Vaughan beginnt. Bei Vaughan handelt es sich um einen walisischen Autor und Dichter aus dem 17. Jahrhundert, hauptsächlich bekannt durch religiöse Texte. Wenn ich auch das Zitat jetzt nicht genau in einen Kontext einordnen kann, so reflektiert es doch den Inhalt dieses Kapitels recht gut. Es geht um einen Staatsmann, welcher zwar früher fähig war, jetzt aber sehr alt geworden ist.

Fiver hat seine schrecklichen Visionen noch längst nicht verarbeitet und hat einen fürchterlichen Albtraum durch welchen er Hazel weckt. Dieser Traum ist prophetisch und nimmt viele Ereignisse aus dem Buch vornweg, wobei die Zerstörung des Geheges noch nicht einmal enthalten ist. Bei passender Gelegenheit werde ich auf den Traum zurückkommen, denn er ist sehr interessant und wichtig für die weitere Handlung.
Im Jetzt beharrt Fiver jedenfalls darauf das Gehege zu verlassen, denn die Gefahr hat sich nicht verzogen und alle werden sterben, wenn sie noch länger bleiben. Hazel ist schließlich bereit dem nachzugeben und das Oberkaninchen aufzusuchen, um es von dem Vorschlag zu überzeugen, obwohl Hazel glaubt, dass es vergebens ist.

Auf dem Weg dahin treffen sie vor dem Bau des Oberkaninchens Thlayli oder Bigwig, wie er bei den Menschen heißen würde. Hier ist auch die dritte Art der Namensgebung bei den Kaninchen vorhanden: Eine Besonderheit des Fells - Bigwig hat ein großes Büschel auf dem Kopf. Adams gibt uns auch gleich den Lapine-Namen Thlayli, hält ihn jedoch womöglich als zu kompliziert zum Aussprechen, weshalb nahezu ausschließlich für den Rest des Romans dieses Kaninchen als Bigwig bezeichnet wird. Seltsamerweise wird uns der Lapine-Name von Hazel und einem Großteil der anderen Gruppe nicht genannt.
Bigwig ist eine der weiteren wichtigen Hauptkaninchen, hier ist er jedoch erst einmal nur das Sprachrohr zum Oberkaninchen. Er scheint Hazel in gewisser Weise zu respektieren, zumindest mehr als Toadflax (der Owsla aus dem letzten Kapitel) und lässt somit Hazel vor trotz der ungewöhnlichen Uhrzeit und der Bitte Fiver mitnehmen zu können. Und auch auf die Gefahr eine Schelte vom Oberkaninchen zu kassieren.

Dann erfolgt eine Beschreibung des Threarah und eines der wichtigsten Themen von Watership Down wird angesprochen: Anführerschaft. Wir bekommen eine sehr detailreiche Beschreibung des Threarah (wie er genannt wird, wie sich herausstellt nach dem einzigen Ebereschenbaum in der Umgebung). So ist er nicht allein durch Stärke zum Anführer geworden, sondern auch durch Besonnenheit und ein gewisses, kühles Wesen. Wir lernen hierbei, dass Kaninchen oft impulsiv handeln, was ihm jedoch fehlt. Das wird anhand seiner Taten deutlich. Eine Myxomatose-Epidemie , welche den Bau vernichtet hätte, hat er dadurch überwunden, dass er alle kranken Kaninchen fortschickte und eine Massenauswanderung verbat. 
Myxomatose ist eine Kaninchenkrankheit, welche speziell zu dem Zweck gezüchtet wurde, um die Kaninchenpopulation besonders in Australien einzudämmen. Der Erreger hat sich jedoch über die ganze Welt ausgebreitet und so auch in Europa hohe Opfer unter den Tieren gefordert. Für die meisten Kaninchen verläuft die Krankheit tödlich. In Großbritannien trat die Krankheit das erste Mal 1953 auf. Somit würde der zeitliche Rahmen des Romans doch eher in die 1950er und 1960er fallen.
Ein anderes Mal ist der Threarah ein Hermelin dadurch losgeworden, dass er es vor die Flinte eines Bauern gelockt hat.
Es zeigen sich somit typische Eigenschaften, welches ein Oberkaninchen hat: Stärke, jedoch auch das Treffen richtiger Entscheidungen und eine gewisse Kühlheit und Distanziertheit bei der Wahl solcher. Jedoch braucht es auch Mut und List und muss gewisse Wagnisse eingehen. Gleichzeitig jedoch behandelt er seine Untertanen mit Höflichkeit und drangsaliert sie nicht. Sie dürfen sogar von dem Kopfsalat fressen, welcher eigentlich nur für die Owsla privilegiert ist.
Nur eine Schwäche hat der Threarah (und sie führt letztlich zu seinem Untergang): Er ist zu alt und so fest in seine Position gewachsen, sodass er die Warnung von Fiver nicht ernstnimmt. Auch wenn Hazel dem Threarah sehr deutlich macht, dass Fiver eigentlich immer mit seinen Vorahnungen richtig lag, kann Fiver ihn nicht überzeugen, dass das Gehege in Gefahr ist. Der Threarah sieht das ganze pragmatisch: Es ist perfektes Wetter, keine Feinde sind in der Nähe und es gibt auch keine Krankheiten. Der Threarah ist somit voll und ganz der rationale Staatsmann, welcher die spirituelle Komponente ablehnt. Ein solcher Schritt braucht in seinen Augen lange Überlegungen, ehe er in die Tat umgesetzt werden kann, doch Fiver besteht darauf, dass keine Zeit ist. Danach hat Fiver einen Anfall und das ist der Punkt an dem der Threarah nicht mehr überzeugt werden kann. Obwohl er Hazel und Fiver höflich entlässt, steht sein Entschluss fest, auch wenn er gegenüber Hazel beteuert sich die Sache zu überlegen. Hier merken wir auch, dass das Alter doch das Gedächtnis des Threarah langsam getrübt hat, auch wenn beteuert wird, er könne noch klardenken. Bei ihrer Begrüßung glaubt er Hazel sei Walnut und auch am Ende spricht er ihn mit Walnut an. Völlig ändert sich sein Verhalten gegenüber Bigwig, den er dann tatsächlich, wie Bigwig es vorausgesehen hat, rundmacht.

Halten wir fest: Sandleford Warren wird von einem sehr fähigen Oberkaninchen angeführt, welches jedoch in die Jahre gekommen ist und aufgrund seines rationalen Pragmatismus das Spirituelle ablehnt. Obwohl sein Entschluss durchaus logisch und nachvollziehbar ist, wissen wir doch, dass es zu dem Untergang seines Geheges führt. So bleibt jetzt die Frage, was Hazel und Fiver machen, jetzt da sie keine Unterstützung von oberster Stelle erhalten.