Donnerstag, 24. November 2016

Watership Down Kapitel 5: Into the Woods

Das Eingangszitat ist hier direkt aus dem Werk von Lockley übernommen auf dessen Erkenntnissen Adams sein ganzes Werk aufgebaut hat. Hier wird eine Erklärung gesucht oder angedeutet warum junge Kaninchen einen Bau verlassen und oft Meilen umherziehen, ehe sie sich in einer passenden Umgebung niederlassen. Im Prinzip ist das nicht nur ein Zitat für das folgende Kapitel, sondern für den gesamten ersten Teil der Erzählung. Jetzt beginnt das eigentliche Abenteuer mit dem Verlassen von Sandleford Warren und Adams versucht mithilfe seiner Hauptquelle wissenschaftlich zu erklären warum die Kaninchen manchmal ihre Gehege verlassen.
Noch kurz zu Lockley und seine Beziehung zu Adams: Lockley war ein sehr anerkannter Ornithologist und Naturforscher, welcher nicht nur ein Werk über Kaninchen, sondern zahlreiche andere naturwissenschaftliche Monografien herausgebracht hat. Zusammen mit Adams hat er eine Antarktis-Reise unternommen. Darüber hat Adams auch ein Buch geschrieben: Voyage Through the Antarctic.

Hier beginnt jetzt in gewisser Weise Watership Down zum Abenteuerroman zu werden. Es ist ähnlich wie das Kapitel mit den Trollen im Hobbit. Nach einer Einleitung beginnt jetzt für die Helden das große Abenteuer, der Aufbruch in das Unbekannte. Adams begibt sich dazu wieder in die Perspektive des Wissenschaftlers und erklärt uns ausführlich warum Kaninchen Probleme mit Wäldern und unbekannten Umgebungen im Allgemeinen haben. Die Angst und ihre Befürchtungen vor dem Unbekannten werden hier sehr gut dargestellt, besonders da sie einem Menschen unbegreiflich wären (wobei ein Wald im Dunkeln auch beim Menschen Urängste weckt).
Deutlich wird das schon als Hazel erkennt, dass sie nach einer halben Meile bereits weiter vom Gehege entfernt sind als jedes Kaninchen mit dem er je gesprochen hat. Das zeigt auch gut wie weit der Radius eines einzelnen Kaninchens reicht und das es für Hazels Gruppe wirklich ein Aufbruch in das Unbekannte ist. Zunächst jedoch müssen sie die Owsla anhängen, den Hazel spürt, dass diese ihnen auf den Spuren ist. Auch damit hängt seine Entscheidung zusammen dem Bach weiter in das für Kaninchen so unkomfortable Waldland zu gehen. Wieder erleben wir wie Hazel als Anführer agiert und die Risiken eines solchen Schrittes komplett auf sich nimmt, denn er berät wieder nicht mit Bigwig.
Hazel jedenfalls ist der Hoffnung, wenn der Bach so weiterverläuft werden sie einen Ort finden, wo sich die meisten von ihnen, besonders Fiver und Pipkin, ausruhen können. Auch das zeichnet Hazel aus, er denkt direkt an die Schwächsten in seiner Gruppe.

Schließlich folgt eine nähere Erklärung warum die Wälder von Kaninchen gemieden werden. Überall sind unbekannte Geräusche und Gerüche, was Kaninchen dazu bringt sich beständig in Anspannung zu finden und wegzulaufen. Das Problem ist nur wohin, denn wenn Kaninchen fliehen, fliehen sie normalerweise in ein Erdloch.
Hazel kommt letztendlich an eine Stelle, wo er ein Risiko eingehen muss. Hazel entdeckt eine Biegung, die mit Farnen bedeckt ist und unter eine Eichel steht, ohne aber zu wissen was sich dahinter befindet. Dazu muss er aber seine Deckung verlassen und sich möglichen Feinden offenbaren. Hazel geht das Risiko ein, instruiert jedoch Dandelion (nicht Bigwig!) ihm erst zu folgen, wenn er mit den Pfoten stampft. Hazel kommt sicher an und bemerkt, dass die Stelle sicher ist. Dandelion ist blitzschnell bei ihm, womit wir den ersten Beweis sehen von Dandelions Schnelligkeit.
Dieser ist beeindruckt das Hazel die Risiken auf sich genommen hat und vergleicht ihn mit El-ahrairah. 

Von Adams selbst bekommen wir jetzt einen guten Eindruck wer El-ahrairah ist, abgeleitet von Elil-Hrair-Rah "der Prinz mit den tausend Feinden." Für die Kaninchen ist er das was Robin Hood für die Engländer ist oder John Henry für die Afroamerikaner (John Henry soll ein Zwangsarbeiter im Eisenbahnbau gewesen sein, der für das in das Fels treiben von Sprenglöchern zuständig war. Als eines Tages Bohrer die Arbeiten erledigen sollte, erbot sich im Wettkampf mit diesen anzutreten, gewann aber starb dann danach.). Die Erwähnungen von Onkel Remus und Brer Rabbit beziehen sich auf einen sehr kontroversen Disney-Film von 1946 Song of the South.
Adams wendet hier ein interessantes Konzept an, er vermischt seine Kaninchenmythologie mit der realen Welt und stellt El-ahrairah sogar über Helden, die ähnlich trickreich handeln müssen wie er. In gewisser Weise ist El-ahrairah das perfekte Vorbild für ein Kaninchen, es ist kein religiöser Führer oder Prophet, welcher Glaubensgrundsätze und Dogmen lehrt wie sich ein Kaninchen rechtmäßig zu verhalten hat, sondern seine Abenteuer sind Leitgrundsätze dafür wie Kaninchen in der Welt überleben. Dies kann nur durch List und Schlauheit geschehen was gleich die erste hier dargestellte Geschichte von El-ahrairah zeigt, die mit dem Hecht: er lenkt den Hecht solange mit einem Tonhasen ab, bis dieser denkt Kaninchen würden nicht schmecken und überquert erst dann den Fluss. Wir werden noch viele Geschichten von El-ahrairah hier zu lesen bekommen. Sie handeln eigentlich immer von zwei Dingen: wie die Kaninchen mit ihren Feinden zurechtkommen und wie sie an Futter kommen. Zwei der wichtigsten Grundbedürfnisse eines Kaninchens. Das geht so weit, dass El-ahrairah übernatürliche Kräfte nachgesagt werden wie das Wetter kontrollieren zu können, denn wir lernen das gerade Feuchtigkeit und Tauwetter natürliche Verbündete der Kaninchen sind.

Bigwig kommt schließlich zu Hazel und schlägt ihm vor hier Rast zu machen, da Fiver und Pipkin erschöpft sind. Hier sehen wir das erste Mal die positive Seite von Bigwig. Er äußert seine Besorgnis bezüglich Fiver und Pipkin und will sie nicht zurücklassen, sondern wegen ihnen sogar in einer für Kaninchen unnatürlichen Gegend Rast machen. Auffallend ist auch, dass sich Bigwig direkt an Hazel wendet und nicht selbst den Befehl gibt. Auch Bigwig erkennt Hazels Anführerschaft so langsam an.
Tatsächlich sind sie alle in einem schlechten Zustand was wieder durch den Wissenschaftler erklärt wird, dass Kaninchen normalerweise nur zwei Arten der Fortbewegung kennen: langsames Umherhoppeln und blitzschnelles Indeckunggehen.
Alles was Hazels Gruppe diese Nacht bisher getan hatte war unnatürlich für sie: in einer Gruppe umherreisen, eine Gangart zwischen Hoppeln und Rennen einschlagen. Der Wald hat sie noch dazu in eine Ängstlichkeit versetzt, sodass viele von ihnen deshalb fast in einem Zustand sind, welchen die Kaninchen als tharn bezeichnen, eine Angststarre bei der sie ohne zu Fliehen sich von Fressfeinden schnappen lassen.
Besonders übel ist Pipkin dran, denn er scheint sich eine Pfote verletzt zu haben und humpelt nur. Hazel weiß, dass das Ausruhen allein nicht ausreicht, denn in diesem Zustand würden sie sich kaum erholen. Sie wissen, dass sie nicht in den Untergrund gehen können, wo sie Futter herkriegen und das würde sie bald so in Furcht versetzen, sodass sie sich in alle Winde verstreuen. Hazel trifft daher eine Entscheidung und bitter Dandelion darum eine Geschichte von El-ahrairah zu erzählen, um ihre Furcht zu zerstreuen. Hier sehen wir eine weitere wichtige Komponente des El-ahrairah-Mythos: Er ermutigt die Kaninchen in schlimmen Zeiten, ähnlich wie auch die Religionen für viele Menschen.
Und es ist die perfekte Gelegenheit um den Leser eine der wichtigsten Bausteine der Kaninchenmythologie nahezubringen. Näher dazu im nächsten Kapitel.