Samstag, 20. Mai 2017

Maia (oder: Hätte lieber "Occula" heißen sollen)

Drei Romane habe ich von Richard Adams gelesen, drei, die ich als Meisterwerke bezeichnen und die weit oben in meiner Liste als Lieblingsbücher auftauchen würden. Leider ist sein vierter Roman, den ich jetzt von ihm gelesen habe, bestenfalls mittelmäßig. Das ist insofern schade, da er auch in dem von mir so verehrten Beklanischen Reich spielt, welches ich in Shardik lieben gelernt habe. 
Jedoch sind mir die Themen "Sklaverei", "sexueller Missbrauch" und "Konkubine" zu oberflächlich und missverständlich behandelt worden und dann ist da noch der Hauptcharakter. Es gibt jedoch auch viel positives an diesem Buch, weshalb ich die Review in zwei Hälften unterteile, wo ich die positiven und negativen Dinge ausführlich behandelt. Wie immer gilt, höchste Spoilergefahr!

Ausgangslage

Maia ist ein Prequel zu Shardik, also die Ereignisse finden etwas 14 bis 15 Jahre vor der Ankunft des Bären auf Ortelga statt. Bekla die Hauptstadt des Beklanischen Reiches wird zu dem Zeitpunkt von einer adligen Fraktion beherrscht, die sich als die Leoparden bezeichnen. Diese haben durch einen Putsch die Macht an sich gerissen und zeichnen sich durch übermäßige Dekadenz, Libertinismus, Sklaverei und bei manchen Vertretern sogar durch Sadismus aus. Ihr oberster Anführer ist eine Marionette, ein eigentlich rechtschaffender und visionärer Denker, der sich Durakkon nennt und somit eine gewisse Fassade von gerechter Herrschaft aufrecht erhält. Eher den Kern der Leoparden treffen jedoch die Rädelsführer hinter dem Putsch und Personen, die wirklich, die Macht in sich haben. Da wäre zunächst Fornis, die einzige Tochter des Herrschers von Paltesh (hier gleich eine Karte, sonst wird es sehr kompliziert), welche vermutlich die kaltblütigste, sadistischste und verkommenste weibliche Figur ist, die je ihr Unwesen treiben durfte. Sie hat die höchste religiöse Position im Beklanischen Reiche inne, die der Sacred Queen (eine Verkörperung der Göttin Airtha).
Der nächste ist Sencho (mit einem Nachnamen, der so bescheuert klingt, dass es mir jetzt die Zeit nicht wert ist, den hierhin zu schreiben), ein übermäßig fetter, grausamer Händler, welcher der Hauptberater ist und über ein Riesennetz an Informanten und Spionen verfügt, wodurch er im Reich Bescheid weiß. Und dann ist da noch Kembri, der Hauptgeneral.
Im Wesentlichen kontrollieren sie das Reich, obwohl ihre Herrschaft äußerst brüchig ist, denn Bekla ist offenbar immer durch Rebellionen bedroht, wie auch schon in Shardik. Bedroht werden sie durch den König von Terekenalt Karnat, welcher ein Abkommen getroffen hat mit dem Herrscher von Suba. Letzterer ist eigentlich ein Bastard des Herrschers von Urtah mit einer subanischen Tänzerin, doch weil diese so wunderschön und unglaublich beliebt war, will ihn jeder in Suba als Herrscher. Und dann ist da noch der aus Shardik bekannte Santil-ke-Erketlis, Anführer der Fraktion der heldro, welche die Sklaverei im Beklanischen Reich abschaffen wollen.
Eigentlich alles Zutaten für eine sehr gute Geschichte und das ist sie auch. Wen wählen wir also als Hauptperson? Durakkon? Diesen Erben von Suba? Vielleicht sogar Santil? Nein, alles falsch, die Antwort ist sehr ernüchternd auf diese Frage.

Größtes Problem der Geschichte: die Hauptfigur

Wie unschwer zu erkennen ist, heißt die Hauptperson Maia. Sie ist ein fünfzehnjähriges Bauernmädchen aus Tonilda, welche nahe des Sees Serrelind lebt, also östlich von Bekla. Positive oder hervorstechende Eigenschaften hat sie zwei:
1. Sie sieht verdammt gut aus! Das heißt so wunderschön, dass jeder Mann sich sofort in sie verliebt und ihr verfällt und mit ihr ins Bett steigen will.
2. Sie kann gut schwimmen.
Das sind ihre einzigen positiven Eigenschaften, von der die eine ihr angeboren ist und die andere zumindest durch Übung angeeignet wurde. Letztere ist aber verständlich, wenn man als eine der wenigen Personen im Beklanischen Reich an einem See wohnt.
Ansonsten ist die unfassbar dämlich und naiv. Nein, wirklich, ich übertreibe nicht, wenn ich sage, sie ist die bisher dümmste Hauptperson, die mir je in einem fiktiven Werk untergekommen ist. 
Kurz gesagt wir haben hier also eine so sehr gefürchtete Mary Sue vor uns. Ich jedenfalls verbinde mir Mary Sue nicht immer etwas Negatives, es gibt auch Mary-Sue-Charaktere, die ich gern mochte, z. B. Kvothe aus der Kingkiller-Reihe. Hier jedoch, naja gut ich kläre erst einmal selbst wo Maia eigentlich herkommt.
Sie ist die älteste Tochter von vieren einer verarmten Bauersfrau in Tonilda. Neben ihrer Mutter gibt es da noch einen Stiefvater Tharrin, ein Tunichtgut, der für leichtes Geld alles machen würde und bei den Frauen besonders gut landet. Und da mit Maia Adams seine erotische und pornografische Seite deutlich zum Vorschein bringt, könnt ihr euch vielleicht schon vorstellen, was die erste Szene beinhaltet:
Richtig! Der feuchte Traum eines jeden älteren Mannes! Ein Mädchen im Jugendalter, welches nackt in einem See schwimmt. Adams beschreibt das sehr ausführlich, so ausführlich, dass mir kurz komisch wurde, das passierte dann erst am Ende dieses Kapitels. Denn da wirft sich der Stiefvater auf eine Stelle im Gras, wo Maia gelegen hatte und spritzt ordentlich ab. 
Irgendwie ahne ich bei solchen Szenen Schlimmes und tatsächlich es folgt Kapitel 3. Maia und ihr Stiefvater flicken ein Netz und wie es so kommt verführt er sie und nimmt ihr die Unschuld. Und nein, das ist keine Geschichte darüber wie schlimm sexueller Missbrauch an Minderjährigen ist, oh nein. Maia gefällt das und sie wird die Liebhaberin ihres Stiefvaters. Eine wirklich tolle Moral für alle weiblichen Teenager und wirklich beruhigend für alle Mädchen, die in diesem Alter von ihren Vätern oder Stiefvätern sexuell missbraucht worden sind. Denn und das ist Adams Verständnis von Frauen: jede Frau liebt irgendwie ein lebenlang den Mann, der ihr die Unschuld genommen hat. Richard Adams, habe ich dich wirklich gegen Feminismuskritik in Watership Down verteidigt? Ja, gut, damit hatte ich auch Recht. Also liebe SJW, Feministen und und, hier dieser Roman, diese Stelle, die rechtfertigt Kritik an Richard Adams' Bild und Verständnis von Frauen. Hier bin ich voll und ganz auf eurer Seite, auch wenn ich sonst bei euren Ansichten nur mit dem Kopf schütteln kann.
Zurück zum Text. Also die Hauptperson der Geschichte ist ein Missbrauchsopfer, die das ganze auch noch genießt und die den psychischen Schaden, der ihr hier angetan wird, nie wirklich hinterfragt. Uff, das macht es schon schwer mit so jemanden zu sympathisieren. Kommen wir gleich zum nächsten verstörenden Ereignis: ihre Mutter verkauft sie vor Eifersucht in die Sklaverei. Wow, das ist mal richtig harter Tobak. Doch das beste kommt noch: später kommt heraus, dass Maia eigentlich gar nicht ihre leibliche Tochter ist, sondern mary-sue-mäßig von einer weitaus bedeutenderen und beliebteren Person abstammt. Und dadurch hat Maia plötzlich Verständnis, warum ihre Mutter so gehandelt hat. Ja, genau, das macht es soviel besser, weil sie ein Kind in die Sklaverei gibt, welches sie aufgezogen und ein Leben lang behütet und für das sie als Mutterfigur fungiert hat. Richard Adams, es gibt neben biologischer Abstammung auch so etwas wie emotionale Liebe, eine Liebe, die nicht an Abstammung gebunden ist. Wenn eine Frau ein Kind in die Sklaverei verkauft, welches sie ein Leben lang wie eine Tochter behandelt hat, ist das einfach nur widerwärtig und abstoßend und ist durch NICHTS zu rechtfertigen.
Was passiert dann: ich mache es kurz. Maia wird von den Sklavenhändlern weggebracht. Der eine will sie dann vergewaltigen. Das ist interessanterweise Genshed, der finale Antagonist aus Shardik. Das hat mir schon einen leichten Schauer verpasst, ihn so wiederzutreffen. Er wird jedoch von einem anderen Sklavenmädchen, welches zufällig in der Nähe ist zurechtgestutzt, da die Vergewaltigung von Sklavenmädchen durch Aufseher strengstens verboten ist, da sich so ihr Preis senkt. Dieser Retter in der Not ist ein schwarzes Mädchen mit dem Namen Occula, die als Liebesdienerin schon einiges an Erfahrung hat und jetzt freiwillig nach Bekla verkauft werden will. Als Konkubine eines der Leoparden hofft sie in der reichen Oberstadt aufzusteigen, da das schon vielen Sklavenmädchen gelungen ist. 
Sie und Maia werden beste Freunde und durch sie lernt Maia auch alles darüber, um das Leben als Sklavin erträglich zu gestalten. Die wohl wichtigste Lektion: Sex ist wie Feldarbeit anzusehen, der Körper wird einfach nur für eine mühselige Arbeit zur Verfügung gestellt, Geist und Verstand gehören einem danach jedoch wieder selbst. Ah ja, eine wunderbare Ansicht, sollte man jedem Vergewaltigungsopfer dieser Welt erzählen.
Jedenfalls werden Maia und Occula an Sencho verkauft. Und ja, Maia findet Gefallen daran, einen übermäßig fetten, deutlich älteren, grausamen und sadistischen Mann sexuell zu befriedigen. Nicht nur das, sie genießt es sogar, wenn Sencho andere seiner Sklavinnen demütigt. Das schafft Sympathiepunkte.
Tatsächlich besteht die erste Hälfte aus nichts anderem als das Maia mit nahezu jedem Mann, der ihr über den Weg läuft ins Bett springt. Darum ist es ein Erotikroman. Wäre jedoch ein klein wenig besser, wenn diese Szenen wenigstens beschrieben werden würden und es ist ein bisschen albern sich zwar diese Thematik zu wählen, dann aber völlig bescheuerte Wörter für die menschlichen Geschlechtsteile zu wählen. Zards sind Penisse, Deldas Titten und basting ist der Geschlechtsakt an sich. Diese Art der Zensur brachte mich sehr oft zum Schmunzeln und nahm den Roman oft die Ernsthaftigkeit.
Ach ja und dann ist da noch die Hauptgottheit als deren Verkörperung Maia bald gilt. Diese ist göttlich, weil sie von dem Sohn des Schmiedes unter dem Altar in einer Decke vor den Augen zweier alter Frauen entjungfert wurde, ohne das die Frauen das mitbekommen im übrigen; und die göttlichen Status erreichte, weil sie ihren animalischen Trieben nachgibt und von einer weißen Ziege, welcher ein Gott ist, sich besteigen lässt. Ich glaube das spricht für sich.

Maias Dämlichkeit

Jetzt wisst ihr mehr darüber, was Maia dort eigentlich macht. Also wirklich jeder Mann verfällt ihr, wegen ihrer Schönheit. Das hat bald zur Folge, dass sie für den Hauptgeneral Kembri und dessen Sohn Elvair als Spion arbeiten soll. Denn sie merken, dass der Erbe von Suba, der übrigens Bayub-Otal heißt (obwohl Occula die einzige dunkelhäutige Person in dem Roman ist, ich konnte mir bei diesem Namen trotz extremer Mühe einfach keinen Weißen vorstellen), irgendetwas vorhat. Maia soll herausfinden was, denn Frauen sind die besten Spione, im Bett sind Männer grundsätzlich redseliger. Irgendwie klappt das nicht und allgemein passiert so fünfhundert Seiten nichts, außer das Maia mit dem und dem ins Bett springt, tanzt und wieder mit jemanden ins Bett springt, wieder mit jemanden ins Bett springt und ja dann passiert doch mal was.
Die größte Schwäche ist einfach, dass Maia keine Person ist, die zumindest in der ersten Hälfte irgendein Schlüsselereignis in Gang bringt. Und somit komme ich zum Titel, die Person, die das jedoch im Gegensatz zu ihr macht ist nämlich Occula. Die hat eine tragische Hintergrundgeschichte, ihr Vater wurde bei dem Putschversuch durch die fiese Fornis ermordet als Occula noch ein kleines Mädchen war. Sie hat Rache geschworen und will zuerst dabei helfen, Sencho umzubringen. Als dieser stirbt (worüber ich nur unendlich froh war, er war so ziemlich die widerlichste Gestalt in diesem Roman), werden sie und Maia als Konkubinen des Mordes verdächtigt und eingesperrt. Just in dem Moment erfährt Kembri, dass Bayub-Otal zurück nach Suba verschwinden will und schickt Maia mit, damit er mehr über seine Pläne erfährt. Natürlich so, dass es aussieht als wäre Maia aus dem Gefängnis geflohen. Zuvor darf diese jedoch noch die Sacred Queen sexuell befriedigen. Dieser ist jedoch Maia nicht gut genug, weil sie nicht grausam und verkommen ist. Das ist sehr wichtig zu wissen: Maia bekommt bei diesem kurzen Aufenthalt einen ziemlich guten Eindruck wie grausam und verkommen diese Fornis ist, welche abartigen sexuellen Vorlieben sie hat und wie diese selbst mit Getreuen und Freunden umgeht.
Bayub-Otal nimmt auch Maia mit in seine Heimat und bemerkt überhaupt nicht, dass Maias "Flucht" inszeniert sein könnte. Dort gefällt es ihr gar nicht und bla bla. Jedenfalls kommt raus, dass Bayub-Otal einen Pakt geschlossen hat mit Karnat von Terekenalt. Er hilft diesem Bekla zu erobern, dafür wird er Herrscher von Suba. Maia gilt als gutes Zeichen, denn sie sieht seltsamerweise Bayu-Otals Mutter, also dieser berühmten und beliebten Tänzerin verblüffend ähnlich (na, worauf dieser Twist wohl hinausläuft...). Und dann ist da ein Offizier in Karnats Regiment mit dem Namen Zen-Kurel.
Jep, und nachdem Maia mit gefühlt fünfhundert Männern ins Bett gestiegen ist, die alle nicht nur flach und eindimensional beschrieben waren, die durchaus eine gewisse emotionale Beziehung auch zu Maia hatten, verkauft uns Richard Adams einen Charakter, der fünf Seiten Auftritt hat und genau wie alle anderen mit Maia ins Bett springt als ihre große Liebe. Ich weiß nicht, wenn Maia schon ihre große Liebe findet, wäre es da nicht besser eine Person zu nehmen zu der auch der Leser eine emotionale Bindung aufbauen kann? Und nicht gerade einen Nebencharakter, der völlig 08/15 daherkommt und bei dem ich zu dem Zeitpunkt null Ahnung habe, warum Maia sich ausgerechnet in ihn verliebt? Nein, ich weiß es wirklich nicht, was Maia in diesem Charakter sieht, weil der für fünf Seiten auftaucht, das macht was jeder Mann in dieser Geschichte macht, mit Maia ins Bett zu gehen. 
Aber und jetzt kommt der Twist, er verrät Maia einen wichtigen militärischen Plan wie Karnat Bekla erobern will und oh Schreck für die arme Maia, dabei müssen Menschen sterben. Ich glaube, ich brauch es nicht extra zu erwähnen, dass Maia natürlich ein absolut aufrichtiges Herz hat, bei Grausamkeiten sentimental wird, Krieg gar nicht leiden kann und am liebsten immerwährenden Frieden hätte. Gut, das ist noch nicht schlimm, aber jetzt kommt der Knüller: Sie entscheidet sich über einen gefährlichen Fluss zu schwimmen, den gegnerischen General zu warnen, damit es zu keinem Blutbad kommt und ihr Geliebter Zen-Kurel nicht in der Schlacht sterben muss. Ja, Leute, ihr lest richtig, um ihren Geliebten zu retten und eine Schlacht zu verhindern, verrät sie streng geheime militärische Taktiken an die Gegenseite und kommt dabei fast um (und eigentlich müsste sie tot sein, denn niemand kann sich in einen reißenden Fluss stürzen, von der Strömung davongetragen werden, sich dabei schwer verletzen und dennoch irgendwie überleben). Es ist ja nicht so, dass sie Karnats Armee das Überraschungsmoment nimmt, womit seine Soldaten verwundbarer sind, es kann auch nicht passieren, dass Zen-Kurel wahrscheinlich eher sterben wird, wenn er von Soldaten angegriffen wird mit denen er nicht rechnet, und es ist ja nicht so, dass eine Schlacht und Tote ausbleiben. Aber nein, das ist nicht die Krönung des Ganzen: Maia glaubt wirklich, dass trotz ihres Verrates, welcher viele Menschen das Leben kostet und dem schweren Vertrauensmissbrauch gegenüber Zen-Kurel, er trotzdem Verständnis hat und sie weiter lieben wird. Okay, Applaus für Maia: Der Titel dümmste Romanfigur aller Zeiten ist dein. (Hey, aber glaubt nicht doch irgendwer, dass sie wieder mit diesem Zen-Kurel zusammenkommt, er ihr verzeiht und alles gut wird. Wer jetzt ja sagt, hat natürlich Recht. Klischee bleibt Klischee.)

Aber nein, es wird nicht besser. Maia wird durch diese Aktion praktisch zu einer Nationalheiligen und steigt auf zu einer Art Halbgottheit in Bekla. Sie hat jetzt Ansehen und auch einen gewissen Rang in der Oberschicht von Bekla. Doch nicht allen gefällt das, denn sie ist jetzt die beste Anwärterin für das bald neu zu vergebene Amt als Sacred Queen. Fornis hat sich zu lang an diesen Titel festgehalten, sodass die Leute sie eine weitere Amtszeit nicht akzeptieren werden. Die wahrscheinlichste Nachfolgerin ist wohl Maia, denn die Bevölkerung von Bekla wählt durch Akklamation die Königin und jetzt lieben alle Maia.
Kembri hat jedoch etwas dagegen, er will die neue Frau seines Sohnes dort sehen. Diese ist eine Baronstochter aus dem Süden des Reiches, deren Vater ermordet wurde und sie landete als "Geschenk" in Senchos Harem. Nach seinem Tod wurde sie freigekauft von Elvair. Kembri verfolgt damit eine bestimmte Absicht, denn Santil hat sich in offene Rebellion mit Bekla begeben und keiner weiß wann er Bekla angreifen wird. Wenn diese Tochter (sie heißt Milvushina) Sacred Queen wird, könnte der Süden vielleicht beruhigt und Santil in die Schranken gewissen werden. Bei diesem Plan ist jedoch Maia ein Hindernis.
Und auch Fornis ist jetzt ihre Feindin, denn sie will ihre Position nicht so einfach aufgeben und würde lieber das Reich in Trümmern sehen anstatt abzutreten. Maia wird oft genug vor Fornis und ihrer Boshaftigkeit gewarnt und auch davor Anstalten zu machen Sacred Queen zu werden (was sie wirklich gar nicht will). Was macht sie also? Als ihr Stiefvater als Gefangener in die Stadt kommt, um als Opfer im Besitz der Sacred Queen hingerichtet zu werden, versucht sie ihn teuer freizukaufen (dafür lässt sie sich als Liebesdienerin für eine Nacht verhökern) von Fornis, wobei sie mächtig reingelegt wird. Und das für einen Mann, der ihre jugendliche Unschuld schändlich missbraucht hat und nicht einmal einen Finger gerührt hat, als er hörte, dass sie in die Sklaverei verkauft wurde, aber hey: Maia geht es mittlerweile ja besser, das rechtfertigt natürlich alles. Als Nächstes tritt sie öffentlich auf, um die Menschen zu beruhigen als ein Komet am Himmel erscheint und greift dabei in Gebiete, welche eigentlich Aufgaben der hiesigen Priester sieht. Dabei zieht sie den Unmut der Priester auf sich. Wirklich wunderbar wie sie auf Ratschläge und Warnungen hört.

Das klischeehafte Ende

Maia lässt die Erinnerung an diesen Zen-Kurel nicht los, und ja der lebt wirklich noch. Ist Kriegsgefangener und im Besitz von Fornis. Dabei kommt er fast um, aber ja sie kann trotzdem behaupten, dass sie sein Leben gerettet hat. Sie erfährt plötzlich von ihrem Stiefvater, dass sie subanischen Ursprungs ist und jap das reicht aus, um den ebenfalls gefangengenommenen Bayub-Otal zu überzeugen, dass sie bei ihrem Verrat aus Unwissenheit über ihre Herkunft gehandelt hat. 
Es kommt zur Rebellion und zum offenen Kampf um Bekla, den sie durch fünf Millionen Zufälle überlebt und sogar mit ordentlich Geld verlassen kann. Das liegt daran, dass ein Statthalter einer reichen Provinz so verknallt ihn sie ist, sodass er ihr die ganze Provinzkasse überlässt, nein das ist kein Scherz. Er macht das im blinden Vertrauen, dass sie ihm dabei hilft, Bekla zu übernehmen, was natürlich nicht passiert.
Natürlich befreit sie vor ihrer Flucht noch Bayub-Otal und Zen-Kurel, denn der eine ist ihr Oberherr, der andere ihr Geliebter und nach einem todlangweiligen Abschnitt in dem die drei (wahlweise mit anderen Charakteren fliehen) - ein Abschnitt der nur aufgrund des Wiedersehens mit Ta-Kominion, Elleroth, Mollo und sogar Melathys interessant ist - findet sie ihr glückliches Ende. Hmm, irgendwie mag ich es nicht, wenn dämliche Leute dämliche Dinge machen und ohne eigenen Verdienst trotzdem das erreichen, was sie wollten, weil fähigere Leute aus teilweise irrationalen Gründen ihnen helfen. Und das ist neben der verkorksten Moralvorstellungen Adams von Liebesdienerei und Frauen die größte Schwäche dieses Buches. Aber es gibt ja auch Stärken.

Erster Pluspunkt: Die Story

Lassen wir Maia weg, haben wir eine überragende Handlung. Eine dekadente Stadt, die an ein spätantikes Rom, spätptolemäisches Alexandria oder auch Babylon erinnert und das unterschwellige Kochen von Rebellionen. Sowohl die Motive von Santil-ke-Erketlis (obwohl der nie auftaucht), sowie derjenigen der Leoparden und auch der Subaner wird hervorragend dargestellt. Die politischen Verflechtungen sind exzellent und in Kapiteln (in denen Maia dankenswerterweise meistens nicht vorkommt) werden diese wunderbar dargestellt. Gut, dank Shardik ist absolut offensichtlich, dass Santil gewinnen wird, weil er zum Zeitpunkt der Ortelganer in der Stadt herrscht, wie es aber dazu kommt, hat meine Motivation am Lesen hochgehalten.

Zweiter Pluspunkt: Die Charaktere

Maia und ihrem 08/15-Liebhaber einmal weggelassen, strotzt die Geschichte nur so von überragenden, mehrschichtigen und komplexen Charakteren. Occula habe ich ja schon erwähnt. Doch auch Kembri und Elvair waren interessant. Der einen wegen seinen Motiven und warum er den Leoparden dient, der andere, der als fröhlicher und lebenslustiger Mann mit etwas Hochmut abseits von Luxus und Sorgenfreiheit feststellen muss wie hart das Leben doch ist. Genauso Bayub-Otal, seine Geschichte als Mann, der um seinen Platz als Herrscher kämpft, fand ich auch interessant und warum er so kalt und reserviert gegenüber seiner Umwelt erscheint.
Doch auch die Bösewichter haben mich hervorragend unterhalten. Ganz vorne dabei ist Fornis: ihre Grausamkeit geht einher mit einer Entschlossenheit und einem unfassbar großen Charisma, sodass sie absolut unberechenbar ist und einfach eine Gefahr ist für absolut jeden in ihrer Umgebung. In der Hinsicht ist meine absolute Lieblingsszene wie sie mit Durakkon über dessen Sohn verhandelt, diesen zurückgibt und dann eiskalt vor allen Leuten beide abmetzeln lässt. Ihre Natur lässt sich am besten erkennen durch ihre sexuellen Vorlieben: als Sacred Queen will sie gedemütigt, bespuckt, misshandelt, degradiert und besudelt (ja, ihr wisst was ich meine) werden, weil ihr nichts mehr Freude und Lust an ihrem Amt bereitet, als das sie ein solches entehren und beschmutzen kann. Ihr Ende in den Streels war in meinen Augen der perfekte Zirkelschluss zu Shardik.
Dann gibt es noch Durakkon, Nennaunir, Tharrin, Shend-Lador, Randronoth oder Milvushina. Es gibt an all diesen Charakteren meist nur eine einzige Schwäche: ihre Beziehung und ihr Verhalten gegenüber Maia. Denn diese großartige Auswahl an Charakteren macht einen um so mehr traurig bei der Betrachtung der Hauptperson.

Dritter Pluspunkt: Die Verbindungen zu Shardik

Es sind so ziemlich die schönsten Momente, wenn ein Roman Verbindungen und Anspielungen enthält zu einem anderen Lieblingsroman. Natürlich dürfte eine Geschichte im Beklanischen Reich vor den Ereignissen von Shardik voll davon sein. Mehrere lieb gewonnene oder verhasste Charaktere haben dabei ihren Auftritt. Bel-ka-Trazet als der etwas grimmige, aber vernünftige Baron von Ortelga taucht wieder auf, aber auch sein Gegenspieler in Shardik der leichtsinnige und ambitionierte Ta-Kominion, der hierbei als General auftritt und am Ende ironischerweise Santil dabei hilft Bekla einzunehmen. Wir treffen Elleroth wieder, Mollo und als befreites Sklavenmädchen, sogar die kleine Melathys. Diese gibt ungefähr wieder, wieviel Jahre vor Shardik die Ereignisse von Maia stattfinden. Und natürlich ist auch Santil wieder dabei und wieder als der große Unsichtbare. Der Hauptgegenspieler der Fraktion in Bekla ohne dabei jedoch einmal in Erscheinung zu treten. Das habe ich als sehr schön empfunden, denn Santils Genialität und Charisma überzeugt eben gerade dadurch, dass alle nur von ihm reden, viele seiner Unternehmen Erfolg haben und er dennoch nie in einer einzigen Szene persönlich auftritt. 
Einige Schattenseiten bringt jedoch Shardik auch mit. So kann es mit dem Legendenstatus von Maia nicht so toll gewesen sein, wenn fünfzehn Jahre später kein Mensch mehr von ihr spricht. Und wieso ist Shardik besonders, weil er aus den Streels flieht, wenn das Occula schon gelungen ist? Oder wieso werden die Gottheiten, Cran, Airtha und Lespa nicht ein einziges Mal erwähnt in Shardik erwähnt? So ganz rund passen Maia und Shardik dann doch nicht zusammen.

Hat Maia die falsche Hauptperson?

Das kann glaube ich jetzt mit Ja beantwortet werden. Mir würde die Geschichte gut, womöglich sehr gut gefallen, wenn Maia nicht die Hauptperson wäre. Dann hätten wir zwar immer noch einen unfassbar nervenden Nebencharakter, aber wenigstens nicht 90% der Handlung über. Hier einige Vorschläge wer es stattdessen sein könnte.
Warum nicht Bayub-Otal? Der exilierte Prinz, der sich sein Erbe zurückerobern will, ist zwar zweifelsohne ein Klischee, aber mit Bayub-Otal hätten wir einen interessanten Charakter in der Rolle, welcher die Klischees wieder ausmerzt. Kühl, distanziert, schließlich von einer Vertrauensperson verraten, dann in schrecklicher Gefangenschaft und schließlich auf der Flucht, um doch noch sein Ziel zu erreichen. Einzig und allein sein tragisches Ende bei der Rettung eines dämlichen Nebencharakters würde ein sehr fader Schluss sein von Bayub-Otal.
Warum nicht mutig sein und mit Konventionen brechen? Fornis wäre dafür die perfekte Wahl. Von ihrer Weigerung einen Statthaltererben zu heiraten, von ihrer verrückten Flucht nach Quiso und schließlich ihr Aufstieg bis zur Sacred Queen. Allein ihr Kapitel, wo ihre Biografie erzählt wird ist zehnmal interessanter als alles was Maia macht. Und dann hätten wir sogar einen Fantasy-BDSM-Roman, wenn wir von ihren Ausschweifungen in Bekla berichten. Dann ihr Wahnsinn und ihre Entschlossenheit und dem gerechten Ende. Kein Hauptcharakter mit dem sich ein vernünftiger Mensch identifizieren könnte, aber als Experiment jemand so Widerliches als Hauptcharakter zu nehmen, also ich hätte mir Fornis gekauft.
Aber natürlich, da bleibt noch die beste Wahl: Occula. Sie bringt allein schon für die PC-Gesellschaft die beste Voraussetzung mit: sie ist die einzige Schwarze in diesem Reich. Gut, die Rachegeschichte ist etwas klischeebehaftet, aber sich dafür prostituieren zu lassen, um irgendwann fernen Tages seine Rache vollziehen zu können, das hätte schon wieder was. Ihr Aufenthalt in Fornis' Haus. Jeder Fan von BDSM, Filth Sex (ja, ich weiß nicht wie der Fachbegriff dafür heißt und bin stolz darauf) wäre entzückt. Und mal ganz davon abgesehen, dass ich Adams übel nehme an der spannendsten Stelle abzubrechen und mit einem elendig langweiligen Abschnitt die Geschichte fortzusetzen, bekäme ich den Kampf um Bekla und das Ende von Fornis live, ohne Nacherzählung und mit Occulas Gedanken mit. Also, lieber Richard Adams, der du jetzt im Himmel weilst, bitte schreibe im nächsten Leben Occula.

Fazit

Mieser Hauptcharakter, furchtbare Moralvorstellungen, tolle Geschichte, tolle Charaktere - auch ein Richard Adams ist nicht unfehlbar.