Donnerstag, 27. Februar 2014

Mein Statement zu Nikki und Paulo

Warum ich Nikki und Paulo mochte?

Wenn es darum geht, den größten Castingfehlgriff der Lost-Autoren zu benennen, so sind sich die Lost-Fans weitgehend einig. Kiele Sanchez und Rodrigo Santoro, die für die Rollen von Nikki und Paulo gecastet worden sind und den Backgroundcast etwas aufwerten sollten, wurden nach nur 14 Folgen wieder herausgeschrieben, ohne wirklich große Auftritte gehabt zu haben (abgesehen von "Expose"). Die Autoren reagierten dabei hauptsächlich auf Fan-Proteste, die die plumpe Hereinnahme der beiden stark kritisierten, sodass die Autoren sich zum Handeln gezwungen sahen. Doch ist diese Kritik wirklich berechtigt?
Ich bin einer der wenigen Lost-Fans, der von den beiden nie wirklich genervt war, ja die beiden sogar mochte und die Idee, die die Autoren offenbar mit ihnen verfolgten. Ehrlich gesagt bin ich teilweise sogar wütend über die anderen Lost-Fans, die die Herausnahme von Charakteren verlangen und somit in die Arbeit der Autoren pfuschen. Das führte letztendlich zu dem Dharma-Desaster in Staffel 5, eine weitere Storyline, die aus Fanwünschen entstand und katastrophal floppte. Nikki und Paulo waren Gold, das habe ich sehr deutlich gemerkt, gegenüber katastrophalen Castingfehlbesetzungen späterer Staffeln wie Eric Lange als Radzinsky, Patrick Fischler als Phil oder Sheila Kelley als Zoe. Deshalb ist es an der Zeit eine Lanze für die beiden zu brechen.

1. Einführung der Charaktere: Der Hauptkritikpunkt der Fans war ihre plumpe Einführung in "Further Instructions". Ich bin ehrlich, diese war ideal gemacht für zwei Charaktere, die zwar für den Zuschauer neu sind, aber nicht für die anderen Losties. Dadurch, dass Locke ihnen Aufgaben gibt und sie bennent, werden sie dem Zuschauer auch sofort namentlich bekannt. Außerdem erhöht es den Realismus ungemein, wenn nicht nur Charlie, Claire und Hurley sich um Eko sorgen, sondern auch einige der Statisten. Dieses Gefühl vermitteln Nikki und Paulo in dieser Szene perfekt. Deshalb habe ich an ihrer Einführung nichts auszusetzen.

2. Notwendigkeit ihrer Einführung: Am Ende von Staffel 2 und dem Anfang von Staffel 3 ist der Cast von Lost stark ausgedünnt. Mit dem Tod von Boone und Shannon haben mit Ian Somerhalder und Maggie Grace bereits zwei Schauspieler die Serie verlassen, die von Anfang an dabei waren. Durch die Abreise von Michael und Walt sind auch Harold Perrineau und Malcolm David Kelley aus der Serie verschwunden. Von den neu gecasteten Schauspielern ist nur AAA dabei, die Charaktere von Michelle Rodriguez und Cynthia Watros wurde bereits wieder entfernt.
Noch dazu befanden sich zu Beginn der 3. Staffel Jack, Kate und Sawyer in Gefangenschaft der Others, Sayid, Sun und Jin waren mit dem Segelboot unterwegs. Außerdem waren in der Folge "Further Instructions" zunächst Hurley, Desmond, Locke, Charlie und Eko irgendwo im Dschungel. Eigentlich war nur noch Claire vom Maincast im Strandcamp. Was ich damit sagen will, neue Charaktere hat diese Show dringend gebraucht und den Versuch welche aus dem bisher stummen Backgroundcast in den Vordergrund zu rücken, war angesichts der unruhigen Lage des Strandcamps nur folgerichtig.

3. Schauspielerische Leistung: Auch hier habe ich an den beiden nichts auszusetzen. Rodrigo Santoro und Kiele Sanchez bestechen in ihren leider nur kurzen Auftritten ohne das nervige Overacting eines Eric Lange oder nerven mit einer minimalistischen Mimik wie Evangeline Lilly. Auch sind sie nicht komplett talentfrei wie beispielsweise Sheila Kelley. Keine ihrer Dialogzeilen wirken aufgesetzt oder klischeehaft. Ehrlich gesagt Paulos "The toilet is still working" ist ein hurleyreifer Spruch und ich wette 100 Euro, hätte Hurley das gesagt, jeder hätte sich kaputtgelacht und würde diese Szene in den lustigsten Lost-Sprüchen zitieren. Ein solches Verhalten der Fans grenzt schon an Doppelmoral. Auch ihr Totstellen wirkt professionell gespielt, besser als das beispielsweise Andrew Divoff und William Mapother hinbekommen haben.

4. Kurze Auftritte: Was ich mich wieder frage: Wenn Nikki und Paulo die Fans so schlimm genervt haben sollen, wie konnte es dazu kommen bei solchen Kurzauftritten? Bis "Expose" gibt es genauer gesagt nur eine Folge, in der sie etwas stärker in den Vordergrund rücken und das ist in "The Cost Of Living." Und dort ist Paulos Klo-Spruch und Nikkis hilfreicher Ratschlag, kein Auftritt nach dem ich sagen würde, weg mit den beiden.
Sonst bekommen die beiden mit höchstens ein, zwei Dialogzeilen pro Folge aus. Nur an einer einzigen Stelle war ich von Paulo etwas genervt hat, nämlich als er Früchte mit einem Golfschläger ins Meer schießt. Für mich wirkte das alles wie Statisten, die nur etwas mehr zu sagen hatten, ähnlich wie Sullivan oder Arzt. Kurz gesagt, die beiden hätten diese Rolle auch weiterhin ausfüllen können und hätten mit Sicherheit weniger genervt als Zoe, Radzinsky oder Phil.

5. "Expose" ist ein Geniestreich: Okay, das ist eine sehr persönliche Komponente, aber dennoch bin ich der Meinung, wenn man ausblendet, dass die Haupthandlung für eine Folge nicht weitergeht, kann man diese Folge nur lieben. Und in Anbetracht der Tatsache, dass es dutzende davon allein in den ersten beiden Staffeln und auch zu Beginn dieser gab und auch später noch geben wird, störe ich mich daran überhaupt nicht. Die Folge ist einfach nur ein Geniestreich, da sie das Konzept von Lost schonungslos offen hinterfragt und mit geschickten Spitzen die ganze Serie aufs Korn nimmt. Die vor Klischees triefende Hintergrundgeschichte, die nur die parodistische Blaupause von fast jedem Lost-Charakter ist, der ironische Kommentar, was mit Guest Stars passiert, sogar die Spoilererei wird hier thematisiert. Verpackt ist das Ganze mit bitterbösem Zynismus und schwarzem Humor, welches die Morduntersuchung der beiden durch die Losties und das Begräbnis ergibt.

6. Potential: Nikki als kaltblütige Mörderin, die unbedingt ihr Ziel erreichen will, aber noch außen hin unschuldig tut, das hätte man meiner Meinung nach wunderbar in die Serie integrieren können. Sie wäre ein nettes und hübsch anzusehendes Gegenstück zu den eher blasse und langweiligen Frauencharakteren bei Lost gewesen. Allemal besser als die hysterische Claire, die immer langweilig werdende Sun oder die eindimensionale Kate. Ich gehe sogar so weit zu sagen, mit Nikki wäre das Potential eines "weiblichen" Bens dagewesen!
Auch Paulo hätte durchaus mehr sein können, als nur der Erfüllungsgehilfe und das Love Interest von Nikki. 

Fazit: Alles in allem haben sich die Lost-Autoren meiner Meinung nach eine Riesenchance verbaut, zwei Charaktere mit Potential in die weitere Haupthandlung zu integrieren. Und das alles nur aufgrund von Fan-Protesten!

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