Dienstag, 22. November 2016

Watership Down Kapitel 2: The Chief Rabbit

Noch ein kurzer Nachtrag zum letzten Kapitel: Leider hat die Realität mittlerweile das Werk eingeholt. In Sandleford Warren soll tatsächlich jetzt ein neuer Baugrund für 2000 Häuser entstehen. Richard Adams selbst hat dagegen jahrelang gekämpft, doch offensichtlich konnte der den Rat von Berkshire nicht umstimmen. Es ist schade zu sehen, dass selbst eine so bekannt gewordene Gegend, welche gerade durch den Film auch einige verstörende Szenen aufweist, nicht vor der Zerstörung des Menschen bewahrt werden kann.

Nun aber zurück zum Kapitel, welches den Titel "The Chief Rabbit" trägt und mit einem Zitat aus dem Buch The World von Henry Vaughan beginnt. Bei Vaughan handelt es sich um einen walisischen Autor und Dichter aus dem 17. Jahrhundert, hauptsächlich bekannt durch religiöse Texte. Wenn ich auch das Zitat jetzt nicht genau in einen Kontext einordnen kann, so reflektiert es doch den Inhalt dieses Kapitels recht gut. Es geht um einen Staatsmann, welcher zwar früher fähig war, jetzt aber sehr alt geworden ist.

Fiver hat seine schrecklichen Visionen noch längst nicht verarbeitet und hat einen fürchterlichen Albtraum durch welchen er Hazel weckt. Dieser Traum ist prophetisch und nimmt viele Ereignisse aus dem Buch vornweg, wobei die Zerstörung des Geheges noch nicht einmal enthalten ist. Bei passender Gelegenheit werde ich auf den Traum zurückkommen, denn er ist sehr interessant und wichtig für die weitere Handlung.
Im Jetzt beharrt Fiver jedenfalls darauf das Gehege zu verlassen, denn die Gefahr hat sich nicht verzogen und alle werden sterben, wenn sie noch länger bleiben. Hazel ist schließlich bereit dem nachzugeben und das Oberkaninchen aufzusuchen, um es von dem Vorschlag zu überzeugen, obwohl Hazel glaubt, dass es vergebens ist.

Auf dem Weg dahin treffen sie vor dem Bau des Oberkaninchens Thlayli oder Bigwig, wie er bei den Menschen heißen würde. Hier ist auch die dritte Art der Namensgebung bei den Kaninchen vorhanden: Eine Besonderheit des Fells - Bigwig hat ein großes Büschel auf dem Kopf. Adams gibt uns auch gleich den Lapine-Namen Thlayli, hält ihn jedoch womöglich als zu kompliziert zum Aussprechen, weshalb nahezu ausschließlich für den Rest des Romans dieses Kaninchen als Bigwig bezeichnet wird. Seltsamerweise wird uns der Lapine-Name von Hazel und einem Großteil der anderen Gruppe nicht genannt.
Bigwig ist eine der weiteren wichtigen Hauptkaninchen, hier ist er jedoch erst einmal nur das Sprachrohr zum Oberkaninchen. Er scheint Hazel in gewisser Weise zu respektieren, zumindest mehr als Toadflax (der Owsla aus dem letzten Kapitel) und lässt somit Hazel vor trotz der ungewöhnlichen Uhrzeit und der Bitte Fiver mitnehmen zu können. Und auch auf die Gefahr eine Schelte vom Oberkaninchen zu kassieren.

Dann erfolgt eine Beschreibung des Threarah und eines der wichtigsten Themen von Watership Down wird angesprochen: Anführerschaft. Wir bekommen eine sehr detailreiche Beschreibung des Threarah (wie er genannt wird, wie sich herausstellt nach dem einzigen Ebereschenbaum in der Umgebung). So ist er nicht allein durch Stärke zum Anführer geworden, sondern auch durch Besonnenheit und ein gewisses, kühles Wesen. Wir lernen hierbei, dass Kaninchen oft impulsiv handeln, was ihm jedoch fehlt. Das wird anhand seiner Taten deutlich. Eine Myxomatose-Epidemie , welche den Bau vernichtet hätte, hat er dadurch überwunden, dass er alle kranken Kaninchen fortschickte und eine Massenauswanderung verbat. 
Myxomatose ist eine Kaninchenkrankheit, welche speziell zu dem Zweck gezüchtet wurde, um die Kaninchenpopulation besonders in Australien einzudämmen. Der Erreger hat sich jedoch über die ganze Welt ausgebreitet und so auch in Europa hohe Opfer unter den Tieren gefordert. Für die meisten Kaninchen verläuft die Krankheit tödlich. In Großbritannien trat die Krankheit das erste Mal 1953 auf. Somit würde der zeitliche Rahmen des Romans doch eher in die 1950er und 1960er fallen.
Ein anderes Mal ist der Threarah ein Hermelin dadurch losgeworden, dass er es vor die Flinte eines Bauern gelockt hat.
Es zeigen sich somit typische Eigenschaften, welches ein Oberkaninchen hat: Stärke, jedoch auch das Treffen richtiger Entscheidungen und eine gewisse Kühlheit und Distanziertheit bei der Wahl solcher. Jedoch braucht es auch Mut und List und muss gewisse Wagnisse eingehen. Gleichzeitig jedoch behandelt er seine Untertanen mit Höflichkeit und drangsaliert sie nicht. Sie dürfen sogar von dem Kopfsalat fressen, welcher eigentlich nur für die Owsla privilegiert ist.
Nur eine Schwäche hat der Threarah (und sie führt letztlich zu seinem Untergang): Er ist zu alt und so fest in seine Position gewachsen, sodass er die Warnung von Fiver nicht ernstnimmt. Auch wenn Hazel dem Threarah sehr deutlich macht, dass Fiver eigentlich immer mit seinen Vorahnungen richtig lag, kann Fiver ihn nicht überzeugen, dass das Gehege in Gefahr ist. Der Threarah sieht das ganze pragmatisch: Es ist perfektes Wetter, keine Feinde sind in der Nähe und es gibt auch keine Krankheiten. Der Threarah ist somit voll und ganz der rationale Staatsmann, welcher die spirituelle Komponente ablehnt. Ein solcher Schritt braucht in seinen Augen lange Überlegungen, ehe er in die Tat umgesetzt werden kann, doch Fiver besteht darauf, dass keine Zeit ist. Danach hat Fiver einen Anfall und das ist der Punkt an dem der Threarah nicht mehr überzeugt werden kann. Obwohl er Hazel und Fiver höflich entlässt, steht sein Entschluss fest, auch wenn er gegenüber Hazel beteuert sich die Sache zu überlegen. Hier merken wir auch, dass das Alter doch das Gedächtnis des Threarah langsam getrübt hat, auch wenn beteuert wird, er könne noch klardenken. Bei ihrer Begrüßung glaubt er Hazel sei Walnut und auch am Ende spricht er ihn mit Walnut an. Völlig ändert sich sein Verhalten gegenüber Bigwig, den er dann tatsächlich, wie Bigwig es vorausgesehen hat, rundmacht.

Halten wir fest: Sandleford Warren wird von einem sehr fähigen Oberkaninchen angeführt, welches jedoch in die Jahre gekommen ist und aufgrund seines rationalen Pragmatismus das Spirituelle ablehnt. Obwohl sein Entschluss durchaus logisch und nachvollziehbar ist, wissen wir doch, dass es zu dem Untergang seines Geheges führt. So bleibt jetzt die Frage, was Hazel und Fiver machen, jetzt da sie keine Unterstützung von oberster Stelle erhalten.

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