Sonntag, 11. Juni 2017

Braucht wirklich jedes gute Buch eine Fortsetzung? The Tales of Watership Down

Ohne Frage ist Watership Down zum einem der Meilensteine der englischen Literatur geworden und gilt zurecht als Klassiker. Recht wenig überraschend ist es daher, dass Richard Adams - der nie wieder an den Erfolg seines Erstlingswerks anknüpfen konnte - sich auch dem Fortsetzungwahn hingegeben hatte, der besonders die Filmindustrie zu dominieren scheint. Es stellt sich dabei die leidige Frage: Braucht Watership Down überhaupt eine Fortsetzung?
Im Falle von Tales from Watership Down ist die Frage jedoch falsch gestellt, besser wäre ist Tales überhaupt eine Fortsetzung? Schon das ist zweifelhaft, denn der Aufbau des Buches erinnert eher an eine Kurzgeschichtensammlung alle mit dem thematischen Schwerpunkt Watership Down und deren Kaninchen. Adams hat dazu das Buch in drei Teile untergeteilt. In den ersten beiden Teilen werden dabei nur weitere Geschichten von El'ahrairah erzählt, dem legendären Helden der Kaninchen, welcher mit seiner List und seinen pfiffigen Ideen ein Vorbild für alle Kaninchen ist, die in einer gefährlichen Welt überleben wollen. Tatsächlich handelt erst der dritte Teil des Buches davon, was mit Hazel, Fiver und Bigwig nach Woundworts Angriff auf Watership Down noch passiert ist. Eine übergeordnete, stringente Handlung gibt es also im Prinzip nicht und das wird noch deutlicher anhand der einzelnen Teile.

Teil 1

In Teil 1 erzählen sich die Kaninchen von Watership Down, hauptsächlich Dandelion, der schon als Geschichtenerzähler bekannt ist, und Bluebell sowie einige andere noch weitere Geschichten von El'ahrairah. Insgesamt sind es fünf Stück. Unter anderem geht es darum, wie der gewitzte Kaninchenfürst seinen langohrigen Freunden die Gabe des Riechens beschafft; es wird die Frage beantwortet warum er nicht zu altern scheint im Laufe seiner Geschichten; wie er mit einem hartnäckigen Widersacher fertig wird; zudem wird endlich geklärt was es mit der schon in Watership Down angekündigten Geschichte mit dem Fuchs zu tun hat und abschließend erkennt El'ahrairah was Wahnsinn bedeutet.
Für jeden, der diese Geschichten schon in Watership Down ermüdend fand, gibt es hier natürlich nichts Neues und der wird diesen ersten Teil (und auch den zweiten) eher als Zeitverschwendung betrachten. Jedoch gefiel mir durchaus wieder die Pfiffigkeit und Klugheit sowie die Entschlossenheit mit der El'ahrairah bereit ist seinem Volk zu helfen oder ein scheinbar unerreichbares Ziel zu schaffen. Adams übertreibt hier jedoch etwas, denn es tauchen Wesen auf von denen europäische Kaninchen nichts wissen dürften wie Bisons aus Amerika oder Gazellen. Interessant sind jedoch die Konzepte, welche Adams hier in dem Raum wirft. So gibt es einen "King of Yesterday", welcher Herrscher über alle Tiere ist, die vom Menschen ausgerottet worden sind. Auch das Gleichnis mit den drei Kühen war interessant sowie weitere Erklärungen, warum gewisse Tiere gewisse Eigenarten besitzen. Nicht oft steckt da El'ahrairah dahinter.
Jedoch enthält es auch einige sehr verstörende Szenen. So badet El'ahrairah in der Milch im Inneren einer Kuh und wird dann von einem Kalb durch den Euter herausgesäugt. An anderer Stelle lässt er nacheinander eine Katze, Ameisen, Krähen und sogar einen Fluss in seinem Ohr. Mit diesen tötet er dann gewisse Tiere, um sich einen Rivalen vom Hals zu halten. Besonders verstörend waren dabei die Ameisen, welche in die Ohren von Hermelinen kriechen und deren Gehirne anfressen, bis sie tot sind. Auch die letzte Geschichte als El'ahrairah schwer verwundet erkennt was Wahnsinn bedeutet, ist nicht ganz ohne.
Abgerundet wird der erste Teil mit einer traurigen Geistergeschichte eines der ehemaligen Efrafa-Kaninchens, die mir wirklich naheging, weil er hier sieht, wie zunächst ein Junge ein Kaninchen quält und dann gezwungen ist zu beobachten, wie Männer einen Kaninchenbau mit der Weißen Blindheit (der Myxomatose) anstecken, indem sie ein infiziertes aber noch lebendes Kaninchen vor den Bau legen. Dann darf Speedwell noch eine Nonsens-Geschichte erzählen, die wohl zeigt, dass auch Kaninchen nicht nur hochtrabende, moralisierende oder inspierende Geschichten kennen, sondern auch Ulk erzählen können wie wir.

Zweiter Teil

Auch der Zweite Teil dreht sich nur um El'ahrairah. Hier werden im Speziellen vier Geschichten als er von dem Schwarzen Kaninchen von Inlé zurückkehrt. So begegnen er und sein Freund Rabscuttle zunächst einem alten Kaninchen, welches sie in ein Heckenlabyrinth führt, wo sie fast von einem Monster getötet werden. Das Wesen bleibt unsichtbar, sodass es der Fantasie des Lesers überlassen bleibt, um was für eine Kreatur es sich dabei handelt.
Anschließend kommen die beiden zu einem Kaninchenbau, der sicher ist bis zu dem Tag als sie von einem hlessil-Kaninchen zu hören bekommen, dass tausende von Ratten auf dem Weg zu ihnen sind. Es bleibt ihnen nur ein Weg zur Flucht, durch einen unwegsamen Sumpf. Die Durchquerung fordert El'ahrairah jede Geduld ab, die er hat, doch auch hier ist er erfolgreich. 
In der nächsten Geschichte fordern diese Kaninchen die Geduld der Menschen heraus, in dem sie sich nahe eines Bauernhofs ansiedeln und immer mehr dem Menschen zur Plage werden. Sie fressen aus dem Gemüsegarten, nagen die Kirschbäume und zum Abschluss gibt es noch eine sehr verstörende Szene. Vier dieser Kaninchen greifen eine Katze an und töten sie auf brutale Art und Weise. Das ist dann genug für die Menschen, sie entwickeln eine raffinierte Methode, um alle Kaninchen umzubringen. El'ahrairah und Rabscuttle, die  die anderen Kaninchen immer wieder warnen, können geradeso noch rechtzeitig fliehen.
In ihrem letzten Abenteuer müssen die beiden einen dichten Wald durchqueren und benötigen dazu die Hilfe eines Dachses. Der will sie jedoch nur durchlassen, wenn sie ihm Futter bringen. Das machen sie auch tagtäglich, indem sie nach Würmer suchen oder Mäuse und Ratten für ihn fangen. Dadurch machen die beiden sich schnell unbeliebt bei all den anderen Tieren, weil sie als Sklaven des Dachses gesehen werden. Schließlich können sie ihn geschickt überlisten, als sie die Leiche eines Mannes finden und den Dachs dort hinlocken. Als andere Männer kommen, flieht der Dachs und zeigt ihnen dabei unbeabsichtigt den Weg aus dem Wald.
Alles in allem sind diese Geschichten etwas näher an den El'ahrairah-Geschichten von Watership Down. Ob sie für das Verständnis wichtig sind, ist jedoch dem Leser überlassen. Jeder, der die Geschichten nicht braucht, kann wirklich gleich mit dem dritten Abschnitt anfangen.

Dritter Teil

Erst dieser Teil setzt die Ereignisse rund um Hazel, Fiver und Bigwig wieder fort. Auch dieser Abschnitt hat keine durchgehende, übergeordnete Handlung, sondern ist episodenhaft. Die ersten drei Kapitel bilden dabei die längste Erzählung. Drei der Weibchen aus Efrafa Vilthuril, Thethuthinnang und Hyzenthlay berichten davon, wie sie durch eine geheimnisvolle Kraft in Efrafa von der Existenz eines anderen Baues gehört haben, der von zwei Weibchen als Oberkaninchen geführt wird. Dort lief alles gut, bis eines Tages ein Fremder kam, der die Weiße Blindheit hatte und sich mit einem Weibchen paarte. Das eine Oberkaninchen Flyairth verbannte daraufhin das schwangere Weibchen aus Furcht, der ganze Bau könnte angesteckt werden. Dieses Weibchen Milmown bekommt jedoch seine Jungen und versucht wieder aufgenommen zu werden mit seinem Nachwuchs. Dabei wenden sich die anderen Kaninchen gegen Flyairth und schaffen es schließlich sie zu verdrängen. Flyairth kommt zufällig nach Watership Down und bleibt dort dem Winter über, der sehr hart ist für alle Kaninchen.
Nach dem Winter überlegen Hazel und Bigwig was mit ihr zu machen ist, denn sie hat die gleichen Ängste wie in ihrem alten Gehege, nämlich das Watership Down von der Weißen Blindheit angesteckt wird. Ehe sie jedoch größeren Ärger machen kann, geht sie fort und nimmt einige Weibchen mit sich, um irgendwo anders ein neues Gehege zu gründen. Dem Beispiel folgend ein weibliches Oberkaninchen zu haben, ernennt Hazel Hyzenthlay auch zum Oberkaninchen.
Mir scheint es, als ob Adams mit der Geschichte der feministischen Kritik begegnen wollte, welche Watership Down abbekommen hatte bezüglich der Rolle der weiblichen Kaninchen als reine Gebärmaschinen. Ich habe bereits in meinen Kapitel-Reviews ausreichend dargelegt warum das im Grunde vollkommener Unsinn ist. Adams sah sich anscheinend dennoch dazu genötigt auch dieser Form der Kritik zu begegnen, was er in meinen Augen jedoch nicht hätte machen brauchen, denn die deutliche Mehrheit an Leser preist Watership Down bis heute als ein großartiges Buch, ohne sich an seltsamen Gender-Debatten zu stoßen, welche Kaninchen vollkommen fremd sein dürften. Zumindest jedoch bieten diese Geschichten einen interessanten Zwischenkonflikt, auch wenn ich ihm nicht mehr abgewinnen kann als den Versuch irgendwelchen Feministen, die sowieso kein Mensch kennt, nach dem Mund zu reden.
Die letzten Erzählungen behandeln dann jeweils die Einzelschicksale bestimmter Kaninchen. So gibt es einen jungen Rammler mit Namen Sandwort, der ein richtiger Unruhestifter ist, sich gegen die Älteren auflehnt und immer wieder Jüngere auf Wanderungen mitnimmt, wo einmal sogar ein Weibchen verlorengeht, ohne das es ihn jedoch kümmert. Eines Tages begeht er jedoch einen großen Fehler und wird von einem Hund in ein Betonbecken gejagt, wo er nicht mehr herauskommt. Als auch Hazel und die anderen ihn entdecken, merken sie schnell, dass es keinerlei Hoffnung gibt, ihn da rauszuholen und müssen sich mit dem Gedanken abfinden, dass er langsamen Hungertod sterben wird. Ähnlich wie jedoch Hazel kommt auch ihm das Deus-ex-machina durch drei Kinder zu Hilfe, die ihn dort finden und wieder raussetzen. Mir wirkte diese Geschichte eher wie ein Aufguss der Rettung Hazels durch Lucy.
Interessanter ist da schon eine andere Geschichte, wo ein Rammler nach Watership Down kommt, welcher vorher bei den Menschen gelebt hat und aufgrund seines Geruchs Aggressionen bei den anderen Kaninchen hervorruft, die ihn töten wollen. Hazel versucht ihn zu schützen, doch das führt bald dazu, dass seine eigene Machtposition gefährdet ist, da ihn niemand als Anführer akzeptieren will, wenn er dieses Kaninchen bei sich lässt. Fiver hat die Antwort darauf und es wieder interessant zu lesen, wie sich die Problematik bezüglich dieses Kaninchens letztendlich löst.
In der letzten Geschichte geht es um Campion, der immer noch voller Bewunderung ist für die Weiten Patrouillen, welche Woundwort in Efrafa eingeführt hatte. Es verlangt ihn danach solche Weiten Patrouillen auch in Zunkunft zu unternehmen, jedoch will er niemanden dazu zwingen. Da keiner aus Efrafa will, nimmt er Freiwillige aus dem neuen Gehege zwischen Watership Down und Efrafa, Vleflain. Er legt sich fast mit dem dortigen Oberkaninchen Groundsel an, den er als ehemaligen Offizier Efrafa einfach nicht akzeptieren kann als Oberkaninchen. Hier jedoch interveniert Fiver und er hat die Idee, er solle Kaninchen von Watership Down wählen. Das klappt so gut, sodass Campion - ähnlich wie Woundwort, jedoch deutlich positiver - zu einer lebenden Legende wird bei den Kaninchen. Ich fand den letzten Abschnitt auch am besten, da mir Campion schon in Watership Down am positivsten aller Efrafas in Erinnerung geblieben ist und er so auch zu Ruhm kommt, den er in meinen Augen durchaus verdient hat.

Fazit

Man sollte definitiv keine richtige Fortsetzung erwarten, sondern eher eine Kurzgeschichtensammlung. Wenn einem die Geschichten um El'ahrairah gefallen haben, kommt man hier definitiv auf seine Kosten, sonst sind knapp zwei Drittel des Buches eher überflüssig.
Die Geschichten rund um Watership Down sind auch interessant, ihnen fehlt jedoch eine übergeordnete Handlung um wirklich von größerem Interesse zu sein. So erleben die Kaninchen noch einige weitere Abenteuer, die für Kaninchen typisch wären, doch man merkt deutlich, dass dem ersten Teil einfach nicht das Wasser gereicht werden kann. Die Suche nach Watership Down und der Kampf gegen Efrafa sind das große Ereignis gewesen, in der es um die Existenz aller beteiligten Kaninchen ging. Tales from Watership Down erzählt lediglich kleinere Episoden aus dem Alltag ohne dabei jedoch das Feeling aus Watership Down zu zerstören.

Samstag, 20. Mai 2017

Maia (oder: Hätte lieber "Occula" heißen sollen)

Drei Romane habe ich von Richard Adams gelesen, drei, die ich als Meisterwerke bezeichnen und die weit oben in meiner Liste als Lieblingsbücher auftauchen würden. Leider ist sein vierter Roman, den ich jetzt von ihm gelesen habe, bestenfalls mittelmäßig. Das ist insofern schade, da er auch in dem von mir so verehrten Beklanischen Reich spielt, welches ich in Shardik lieben gelernt habe. 
Jedoch sind mir die Themen "Sklaverei", "sexueller Missbrauch" und "Konkubine" zu oberflächlich und missverständlich behandelt worden und dann ist da noch der Hauptcharakter. Es gibt jedoch auch viel positives an diesem Buch, weshalb ich die Review in zwei Hälften unterteile, wo ich die positiven und negativen Dinge ausführlich behandelt. Wie immer gilt, höchste Spoilergefahr!

Ausgangslage

Maia ist ein Prequel zu Shardik, also die Ereignisse finden etwas 14 bis 15 Jahre vor der Ankunft des Bären auf Ortelga statt. Bekla die Hauptstadt des Beklanischen Reiches wird zu dem Zeitpunkt von einer adligen Fraktion beherrscht, die sich als die Leoparden bezeichnen. Diese haben durch einen Putsch die Macht an sich gerissen und zeichnen sich durch übermäßige Dekadenz, Libertinismus, Sklaverei und bei manchen Vertretern sogar durch Sadismus aus. Ihr oberster Anführer ist eine Marionette, ein eigentlich rechtschaffender und visionärer Denker, der sich Durakkon nennt und somit eine gewisse Fassade von gerechter Herrschaft aufrecht erhält. Eher den Kern der Leoparden treffen jedoch die Rädelsführer hinter dem Putsch und Personen, die wirklich, die Macht in sich haben. Da wäre zunächst Fornis, die einzige Tochter des Herrschers von Paltesh (hier gleich eine Karte, sonst wird es sehr kompliziert), welche vermutlich die kaltblütigste, sadistischste und verkommenste weibliche Figur ist, die je ihr Unwesen treiben durfte. Sie hat die höchste religiöse Position im Beklanischen Reiche inne, die der Sacred Queen (eine Verkörperung der Göttin Airtha).
Der nächste ist Sencho (mit einem Nachnamen, der so bescheuert klingt, dass es mir jetzt die Zeit nicht wert ist, den hierhin zu schreiben), ein übermäßig fetter, grausamer Händler, welcher der Hauptberater ist und über ein Riesennetz an Informanten und Spionen verfügt, wodurch er im Reich Bescheid weiß. Und dann ist da noch Kembri, der Hauptgeneral.
Im Wesentlichen kontrollieren sie das Reich, obwohl ihre Herrschaft äußerst brüchig ist, denn Bekla ist offenbar immer durch Rebellionen bedroht, wie auch schon in Shardik. Bedroht werden sie durch den König von Terekenalt Karnat, welcher ein Abkommen getroffen hat mit dem Herrscher von Suba. Letzterer ist eigentlich ein Bastard des Herrschers von Urtah mit einer subanischen Tänzerin, doch weil diese so wunderschön und unglaublich beliebt war, will ihn jeder in Suba als Herrscher. Und dann ist da noch der aus Shardik bekannte Santil-ke-Erketlis, Anführer der Fraktion der heldro, welche die Sklaverei im Beklanischen Reich abschaffen wollen.
Eigentlich alles Zutaten für eine sehr gute Geschichte und das ist sie auch. Wen wählen wir also als Hauptperson? Durakkon? Diesen Erben von Suba? Vielleicht sogar Santil? Nein, alles falsch, die Antwort ist sehr ernüchternd auf diese Frage.

Größtes Problem der Geschichte: die Hauptfigur

Wie unschwer zu erkennen ist, heißt die Hauptperson Maia. Sie ist ein fünfzehnjähriges Bauernmädchen aus Tonilda, welche nahe des Sees Serrelind lebt, also östlich von Bekla. Positive oder hervorstechende Eigenschaften hat sie zwei:
1. Sie sieht verdammt gut aus! Das heißt so wunderschön, dass jeder Mann sich sofort in sie verliebt und ihr verfällt und mit ihr ins Bett steigen will.
2. Sie kann gut schwimmen.
Das sind ihre einzigen positiven Eigenschaften, von der die eine ihr angeboren ist und die andere zumindest durch Übung angeeignet wurde. Letztere ist aber verständlich, wenn man als eine der wenigen Personen im Beklanischen Reich an einem See wohnt.
Ansonsten ist die unfassbar dämlich und naiv. Nein, wirklich, ich übertreibe nicht, wenn ich sage, sie ist die bisher dümmste Hauptperson, die mir je in einem fiktiven Werk untergekommen ist. 
Kurz gesagt wir haben hier also eine so sehr gefürchtete Mary Sue vor uns. Ich jedenfalls verbinde mir Mary Sue nicht immer etwas Negatives, es gibt auch Mary-Sue-Charaktere, die ich gern mochte, z. B. Kvothe aus der Kingkiller-Reihe. Hier jedoch, naja gut ich kläre erst einmal selbst wo Maia eigentlich herkommt.
Sie ist die älteste Tochter von vieren einer verarmten Bauersfrau in Tonilda. Neben ihrer Mutter gibt es da noch einen Stiefvater Tharrin, ein Tunichtgut, der für leichtes Geld alles machen würde und bei den Frauen besonders gut landet. Und da mit Maia Adams seine erotische und pornografische Seite deutlich zum Vorschein bringt, könnt ihr euch vielleicht schon vorstellen, was die erste Szene beinhaltet:
Richtig! Der feuchte Traum eines jeden älteren Mannes! Ein Mädchen im Jugendalter, welches nackt in einem See schwimmt. Adams beschreibt das sehr ausführlich, so ausführlich, dass mir kurz komisch wurde, das passierte dann erst am Ende dieses Kapitels. Denn da wirft sich der Stiefvater auf eine Stelle im Gras, wo Maia gelegen hatte und spritzt ordentlich ab. 
Irgendwie ahne ich bei solchen Szenen Schlimmes und tatsächlich es folgt Kapitel 3. Maia und ihr Stiefvater flicken ein Netz und wie es so kommt verführt er sie und nimmt ihr die Unschuld. Und nein, das ist keine Geschichte darüber wie schlimm sexueller Missbrauch an Minderjährigen ist, oh nein. Maia gefällt das und sie wird die Liebhaberin ihres Stiefvaters. Eine wirklich tolle Moral für alle weiblichen Teenager und wirklich beruhigend für alle Mädchen, die in diesem Alter von ihren Vätern oder Stiefvätern sexuell missbraucht worden sind. Denn und das ist Adams Verständnis von Frauen: jede Frau liebt irgendwie ein lebenlang den Mann, der ihr die Unschuld genommen hat. Richard Adams, habe ich dich wirklich gegen Feminismuskritik in Watership Down verteidigt? Ja, gut, damit hatte ich auch Recht. Also liebe SJW, Feministen und und, hier dieser Roman, diese Stelle, die rechtfertigt Kritik an Richard Adams' Bild und Verständnis von Frauen. Hier bin ich voll und ganz auf eurer Seite, auch wenn ich sonst bei euren Ansichten nur mit dem Kopf schütteln kann.
Zurück zum Text. Also die Hauptperson der Geschichte ist ein Missbrauchsopfer, die das ganze auch noch genießt und die den psychischen Schaden, der ihr hier angetan wird, nie wirklich hinterfragt. Uff, das macht es schon schwer mit so jemanden zu sympathisieren. Kommen wir gleich zum nächsten verstörenden Ereignis: ihre Mutter verkauft sie vor Eifersucht in die Sklaverei. Wow, das ist mal richtig harter Tobak. Doch das beste kommt noch: später kommt heraus, dass Maia eigentlich gar nicht ihre leibliche Tochter ist, sondern mary-sue-mäßig von einer weitaus bedeutenderen und beliebteren Person abstammt. Und dadurch hat Maia plötzlich Verständnis, warum ihre Mutter so gehandelt hat. Ja, genau, das macht es soviel besser, weil sie ein Kind in die Sklaverei gibt, welches sie aufgezogen und ein Leben lang behütet und für das sie als Mutterfigur fungiert hat. Richard Adams, es gibt neben biologischer Abstammung auch so etwas wie emotionale Liebe, eine Liebe, die nicht an Abstammung gebunden ist. Wenn eine Frau ein Kind in die Sklaverei verkauft, welches sie ein Leben lang wie eine Tochter behandelt hat, ist das einfach nur widerwärtig und abstoßend und ist durch NICHTS zu rechtfertigen.
Was passiert dann: ich mache es kurz. Maia wird von den Sklavenhändlern weggebracht. Der eine will sie dann vergewaltigen. Das ist interessanterweise Genshed, der finale Antagonist aus Shardik. Das hat mir schon einen leichten Schauer verpasst, ihn so wiederzutreffen. Er wird jedoch von einem anderen Sklavenmädchen, welches zufällig in der Nähe ist zurechtgestutzt, da die Vergewaltigung von Sklavenmädchen durch Aufseher strengstens verboten ist, da sich so ihr Preis senkt. Dieser Retter in der Not ist ein schwarzes Mädchen mit dem Namen Occula, die als Liebesdienerin schon einiges an Erfahrung hat und jetzt freiwillig nach Bekla verkauft werden will. Als Konkubine eines der Leoparden hofft sie in der reichen Oberstadt aufzusteigen, da das schon vielen Sklavenmädchen gelungen ist. 
Sie und Maia werden beste Freunde und durch sie lernt Maia auch alles darüber, um das Leben als Sklavin erträglich zu gestalten. Die wohl wichtigste Lektion: Sex ist wie Feldarbeit anzusehen, der Körper wird einfach nur für eine mühselige Arbeit zur Verfügung gestellt, Geist und Verstand gehören einem danach jedoch wieder selbst. Ah ja, eine wunderbare Ansicht, sollte man jedem Vergewaltigungsopfer dieser Welt erzählen.
Jedenfalls werden Maia und Occula an Sencho verkauft. Und ja, Maia findet Gefallen daran, einen übermäßig fetten, deutlich älteren, grausamen und sadistischen Mann sexuell zu befriedigen. Nicht nur das, sie genießt es sogar, wenn Sencho andere seiner Sklavinnen demütigt. Das schafft Sympathiepunkte.
Tatsächlich besteht die erste Hälfte aus nichts anderem als das Maia mit nahezu jedem Mann, der ihr über den Weg läuft ins Bett springt. Darum ist es ein Erotikroman. Wäre jedoch ein klein wenig besser, wenn diese Szenen wenigstens beschrieben werden würden und es ist ein bisschen albern sich zwar diese Thematik zu wählen, dann aber völlig bescheuerte Wörter für die menschlichen Geschlechtsteile zu wählen. Zards sind Penisse, Deldas Titten und basting ist der Geschlechtsakt an sich. Diese Art der Zensur brachte mich sehr oft zum Schmunzeln und nahm den Roman oft die Ernsthaftigkeit.
Ach ja und dann ist da noch die Hauptgottheit als deren Verkörperung Maia bald gilt. Diese ist göttlich, weil sie von dem Sohn des Schmiedes unter dem Altar in einer Decke vor den Augen zweier alter Frauen entjungfert wurde, ohne das die Frauen das mitbekommen im übrigen; und die göttlichen Status erreichte, weil sie ihren animalischen Trieben nachgibt und von einer weißen Ziege, welcher ein Gott ist, sich besteigen lässt. Ich glaube das spricht für sich.

Maias Dämlichkeit

Jetzt wisst ihr mehr darüber, was Maia dort eigentlich macht. Also wirklich jeder Mann verfällt ihr, wegen ihrer Schönheit. Das hat bald zur Folge, dass sie für den Hauptgeneral Kembri und dessen Sohn Elvair als Spion arbeiten soll. Denn sie merken, dass der Erbe von Suba, der übrigens Bayub-Otal heißt (obwohl Occula die einzige dunkelhäutige Person in dem Roman ist, ich konnte mir bei diesem Namen trotz extremer Mühe einfach keinen Weißen vorstellen), irgendetwas vorhat. Maia soll herausfinden was, denn Frauen sind die besten Spione, im Bett sind Männer grundsätzlich redseliger. Irgendwie klappt das nicht und allgemein passiert so fünfhundert Seiten nichts, außer das Maia mit dem und dem ins Bett springt, tanzt und wieder mit jemanden ins Bett springt, wieder mit jemanden ins Bett springt und ja dann passiert doch mal was.
Die größte Schwäche ist einfach, dass Maia keine Person ist, die zumindest in der ersten Hälfte irgendein Schlüsselereignis in Gang bringt. Und somit komme ich zum Titel, die Person, die das jedoch im Gegensatz zu ihr macht ist nämlich Occula. Die hat eine tragische Hintergrundgeschichte, ihr Vater wurde bei dem Putschversuch durch die fiese Fornis ermordet als Occula noch ein kleines Mädchen war. Sie hat Rache geschworen und will zuerst dabei helfen, Sencho umzubringen. Als dieser stirbt (worüber ich nur unendlich froh war, er war so ziemlich die widerlichste Gestalt in diesem Roman), werden sie und Maia als Konkubinen des Mordes verdächtigt und eingesperrt. Just in dem Moment erfährt Kembri, dass Bayub-Otal zurück nach Suba verschwinden will und schickt Maia mit, damit er mehr über seine Pläne erfährt. Natürlich so, dass es aussieht als wäre Maia aus dem Gefängnis geflohen. Zuvor darf diese jedoch noch die Sacred Queen sexuell befriedigen. Dieser ist jedoch Maia nicht gut genug, weil sie nicht grausam und verkommen ist. Das ist sehr wichtig zu wissen: Maia bekommt bei diesem kurzen Aufenthalt einen ziemlich guten Eindruck wie grausam und verkommen diese Fornis ist, welche abartigen sexuellen Vorlieben sie hat und wie diese selbst mit Getreuen und Freunden umgeht.
Bayub-Otal nimmt auch Maia mit in seine Heimat und bemerkt überhaupt nicht, dass Maias "Flucht" inszeniert sein könnte. Dort gefällt es ihr gar nicht und bla bla. Jedenfalls kommt raus, dass Bayub-Otal einen Pakt geschlossen hat mit Karnat von Terekenalt. Er hilft diesem Bekla zu erobern, dafür wird er Herrscher von Suba. Maia gilt als gutes Zeichen, denn sie sieht seltsamerweise Bayu-Otals Mutter, also dieser berühmten und beliebten Tänzerin verblüffend ähnlich (na, worauf dieser Twist wohl hinausläuft...). Und dann ist da ein Offizier in Karnats Regiment mit dem Namen Zen-Kurel.
Jep, und nachdem Maia mit gefühlt fünfhundert Männern ins Bett gestiegen ist, die alle nicht nur flach und eindimensional beschrieben waren, die durchaus eine gewisse emotionale Beziehung auch zu Maia hatten, verkauft uns Richard Adams einen Charakter, der fünf Seiten Auftritt hat und genau wie alle anderen mit Maia ins Bett springt als ihre große Liebe. Ich weiß nicht, wenn Maia schon ihre große Liebe findet, wäre es da nicht besser eine Person zu nehmen zu der auch der Leser eine emotionale Bindung aufbauen kann? Und nicht gerade einen Nebencharakter, der völlig 08/15 daherkommt und bei dem ich zu dem Zeitpunkt null Ahnung habe, warum Maia sich ausgerechnet in ihn verliebt? Nein, ich weiß es wirklich nicht, was Maia in diesem Charakter sieht, weil der für fünf Seiten auftaucht, das macht was jeder Mann in dieser Geschichte macht, mit Maia ins Bett zu gehen. 
Aber und jetzt kommt der Twist, er verrät Maia einen wichtigen militärischen Plan wie Karnat Bekla erobern will und oh Schreck für die arme Maia, dabei müssen Menschen sterben. Ich glaube, ich brauch es nicht extra zu erwähnen, dass Maia natürlich ein absolut aufrichtiges Herz hat, bei Grausamkeiten sentimental wird, Krieg gar nicht leiden kann und am liebsten immerwährenden Frieden hätte. Gut, das ist noch nicht schlimm, aber jetzt kommt der Knüller: Sie entscheidet sich über einen gefährlichen Fluss zu schwimmen, den gegnerischen General zu warnen, damit es zu keinem Blutbad kommt und ihr Geliebter Zen-Kurel nicht in der Schlacht sterben muss. Ja, Leute, ihr lest richtig, um ihren Geliebten zu retten und eine Schlacht zu verhindern, verrät sie streng geheime militärische Taktiken an die Gegenseite und kommt dabei fast um (und eigentlich müsste sie tot sein, denn niemand kann sich in einen reißenden Fluss stürzen, von der Strömung davongetragen werden, sich dabei schwer verletzen und dennoch irgendwie überleben). Es ist ja nicht so, dass sie Karnats Armee das Überraschungsmoment nimmt, womit seine Soldaten verwundbarer sind, es kann auch nicht passieren, dass Zen-Kurel wahrscheinlich eher sterben wird, wenn er von Soldaten angegriffen wird mit denen er nicht rechnet, und es ist ja nicht so, dass eine Schlacht und Tote ausbleiben. Aber nein, das ist nicht die Krönung des Ganzen: Maia glaubt wirklich, dass trotz ihres Verrates, welcher viele Menschen das Leben kostet und dem schweren Vertrauensmissbrauch gegenüber Zen-Kurel, er trotzdem Verständnis hat und sie weiter lieben wird. Okay, Applaus für Maia: Der Titel dümmste Romanfigur aller Zeiten ist dein. (Hey, aber glaubt nicht doch irgendwer, dass sie wieder mit diesem Zen-Kurel zusammenkommt, er ihr verzeiht und alles gut wird. Wer jetzt ja sagt, hat natürlich Recht. Klischee bleibt Klischee.)

Aber nein, es wird nicht besser. Maia wird durch diese Aktion praktisch zu einer Nationalheiligen und steigt auf zu einer Art Halbgottheit in Bekla. Sie hat jetzt Ansehen und auch einen gewissen Rang in der Oberschicht von Bekla. Doch nicht allen gefällt das, denn sie ist jetzt die beste Anwärterin für das bald neu zu vergebene Amt als Sacred Queen. Fornis hat sich zu lang an diesen Titel festgehalten, sodass die Leute sie eine weitere Amtszeit nicht akzeptieren werden. Die wahrscheinlichste Nachfolgerin ist wohl Maia, denn die Bevölkerung von Bekla wählt durch Akklamation die Königin und jetzt lieben alle Maia.
Kembri hat jedoch etwas dagegen, er will die neue Frau seines Sohnes dort sehen. Diese ist eine Baronstochter aus dem Süden des Reiches, deren Vater ermordet wurde und sie landete als "Geschenk" in Senchos Harem. Nach seinem Tod wurde sie freigekauft von Elvair. Kembri verfolgt damit eine bestimmte Absicht, denn Santil hat sich in offene Rebellion mit Bekla begeben und keiner weiß wann er Bekla angreifen wird. Wenn diese Tochter (sie heißt Milvushina) Sacred Queen wird, könnte der Süden vielleicht beruhigt und Santil in die Schranken gewissen werden. Bei diesem Plan ist jedoch Maia ein Hindernis.
Und auch Fornis ist jetzt ihre Feindin, denn sie will ihre Position nicht so einfach aufgeben und würde lieber das Reich in Trümmern sehen anstatt abzutreten. Maia wird oft genug vor Fornis und ihrer Boshaftigkeit gewarnt und auch davor Anstalten zu machen Sacred Queen zu werden (was sie wirklich gar nicht will). Was macht sie also? Als ihr Stiefvater als Gefangener in die Stadt kommt, um als Opfer im Besitz der Sacred Queen hingerichtet zu werden, versucht sie ihn teuer freizukaufen (dafür lässt sie sich als Liebesdienerin für eine Nacht verhökern) von Fornis, wobei sie mächtig reingelegt wird. Und das für einen Mann, der ihre jugendliche Unschuld schändlich missbraucht hat und nicht einmal einen Finger gerührt hat, als er hörte, dass sie in die Sklaverei verkauft wurde, aber hey: Maia geht es mittlerweile ja besser, das rechtfertigt natürlich alles. Als Nächstes tritt sie öffentlich auf, um die Menschen zu beruhigen als ein Komet am Himmel erscheint und greift dabei in Gebiete, welche eigentlich Aufgaben der hiesigen Priester sieht. Dabei zieht sie den Unmut der Priester auf sich. Wirklich wunderbar wie sie auf Ratschläge und Warnungen hört.

Das klischeehafte Ende

Maia lässt die Erinnerung an diesen Zen-Kurel nicht los, und ja der lebt wirklich noch. Ist Kriegsgefangener und im Besitz von Fornis. Dabei kommt er fast um, aber ja sie kann trotzdem behaupten, dass sie sein Leben gerettet hat. Sie erfährt plötzlich von ihrem Stiefvater, dass sie subanischen Ursprungs ist und jap das reicht aus, um den ebenfalls gefangengenommenen Bayub-Otal zu überzeugen, dass sie bei ihrem Verrat aus Unwissenheit über ihre Herkunft gehandelt hat. 
Es kommt zur Rebellion und zum offenen Kampf um Bekla, den sie durch fünf Millionen Zufälle überlebt und sogar mit ordentlich Geld verlassen kann. Das liegt daran, dass ein Statthalter einer reichen Provinz so verknallt ihn sie ist, sodass er ihr die ganze Provinzkasse überlässt, nein das ist kein Scherz. Er macht das im blinden Vertrauen, dass sie ihm dabei hilft, Bekla zu übernehmen, was natürlich nicht passiert.
Natürlich befreit sie vor ihrer Flucht noch Bayub-Otal und Zen-Kurel, denn der eine ist ihr Oberherr, der andere ihr Geliebter und nach einem todlangweiligen Abschnitt in dem die drei (wahlweise mit anderen Charakteren fliehen) - ein Abschnitt der nur aufgrund des Wiedersehens mit Ta-Kominion, Elleroth, Mollo und sogar Melathys interessant ist - findet sie ihr glückliches Ende. Hmm, irgendwie mag ich es nicht, wenn dämliche Leute dämliche Dinge machen und ohne eigenen Verdienst trotzdem das erreichen, was sie wollten, weil fähigere Leute aus teilweise irrationalen Gründen ihnen helfen. Und das ist neben der verkorksten Moralvorstellungen Adams von Liebesdienerei und Frauen die größte Schwäche dieses Buches. Aber es gibt ja auch Stärken.

Erster Pluspunkt: Die Story

Lassen wir Maia weg, haben wir eine überragende Handlung. Eine dekadente Stadt, die an ein spätantikes Rom, spätptolemäisches Alexandria oder auch Babylon erinnert und das unterschwellige Kochen von Rebellionen. Sowohl die Motive von Santil-ke-Erketlis (obwohl der nie auftaucht), sowie derjenigen der Leoparden und auch der Subaner wird hervorragend dargestellt. Die politischen Verflechtungen sind exzellent und in Kapiteln (in denen Maia dankenswerterweise meistens nicht vorkommt) werden diese wunderbar dargestellt. Gut, dank Shardik ist absolut offensichtlich, dass Santil gewinnen wird, weil er zum Zeitpunkt der Ortelganer in der Stadt herrscht, wie es aber dazu kommt, hat meine Motivation am Lesen hochgehalten.

Zweiter Pluspunkt: Die Charaktere

Maia und ihrem 08/15-Liebhaber einmal weggelassen, strotzt die Geschichte nur so von überragenden, mehrschichtigen und komplexen Charakteren. Occula habe ich ja schon erwähnt. Doch auch Kembri und Elvair waren interessant. Der einen wegen seinen Motiven und warum er den Leoparden dient, der andere, der als fröhlicher und lebenslustiger Mann mit etwas Hochmut abseits von Luxus und Sorgenfreiheit feststellen muss wie hart das Leben doch ist. Genauso Bayub-Otal, seine Geschichte als Mann, der um seinen Platz als Herrscher kämpft, fand ich auch interessant und warum er so kalt und reserviert gegenüber seiner Umwelt erscheint.
Doch auch die Bösewichter haben mich hervorragend unterhalten. Ganz vorne dabei ist Fornis: ihre Grausamkeit geht einher mit einer Entschlossenheit und einem unfassbar großen Charisma, sodass sie absolut unberechenbar ist und einfach eine Gefahr ist für absolut jeden in ihrer Umgebung. In der Hinsicht ist meine absolute Lieblingsszene wie sie mit Durakkon über dessen Sohn verhandelt, diesen zurückgibt und dann eiskalt vor allen Leuten beide abmetzeln lässt. Ihre Natur lässt sich am besten erkennen durch ihre sexuellen Vorlieben: als Sacred Queen will sie gedemütigt, bespuckt, misshandelt, degradiert und besudelt (ja, ihr wisst was ich meine) werden, weil ihr nichts mehr Freude und Lust an ihrem Amt bereitet, als das sie ein solches entehren und beschmutzen kann. Ihr Ende in den Streels war in meinen Augen der perfekte Zirkelschluss zu Shardik.
Dann gibt es noch Durakkon, Nennaunir, Tharrin, Shend-Lador, Randronoth oder Milvushina. Es gibt an all diesen Charakteren meist nur eine einzige Schwäche: ihre Beziehung und ihr Verhalten gegenüber Maia. Denn diese großartige Auswahl an Charakteren macht einen um so mehr traurig bei der Betrachtung der Hauptperson.

Dritter Pluspunkt: Die Verbindungen zu Shardik

Es sind so ziemlich die schönsten Momente, wenn ein Roman Verbindungen und Anspielungen enthält zu einem anderen Lieblingsroman. Natürlich dürfte eine Geschichte im Beklanischen Reich vor den Ereignissen von Shardik voll davon sein. Mehrere lieb gewonnene oder verhasste Charaktere haben dabei ihren Auftritt. Bel-ka-Trazet als der etwas grimmige, aber vernünftige Baron von Ortelga taucht wieder auf, aber auch sein Gegenspieler in Shardik der leichtsinnige und ambitionierte Ta-Kominion, der hierbei als General auftritt und am Ende ironischerweise Santil dabei hilft Bekla einzunehmen. Wir treffen Elleroth wieder, Mollo und als befreites Sklavenmädchen, sogar die kleine Melathys. Diese gibt ungefähr wieder, wieviel Jahre vor Shardik die Ereignisse von Maia stattfinden. Und natürlich ist auch Santil wieder dabei und wieder als der große Unsichtbare. Der Hauptgegenspieler der Fraktion in Bekla ohne dabei jedoch einmal in Erscheinung zu treten. Das habe ich als sehr schön empfunden, denn Santils Genialität und Charisma überzeugt eben gerade dadurch, dass alle nur von ihm reden, viele seiner Unternehmen Erfolg haben und er dennoch nie in einer einzigen Szene persönlich auftritt. 
Einige Schattenseiten bringt jedoch Shardik auch mit. So kann es mit dem Legendenstatus von Maia nicht so toll gewesen sein, wenn fünfzehn Jahre später kein Mensch mehr von ihr spricht. Und wieso ist Shardik besonders, weil er aus den Streels flieht, wenn das Occula schon gelungen ist? Oder wieso werden die Gottheiten, Cran, Airtha und Lespa nicht ein einziges Mal erwähnt in Shardik erwähnt? So ganz rund passen Maia und Shardik dann doch nicht zusammen.

Hat Maia die falsche Hauptperson?

Das kann glaube ich jetzt mit Ja beantwortet werden. Mir würde die Geschichte gut, womöglich sehr gut gefallen, wenn Maia nicht die Hauptperson wäre. Dann hätten wir zwar immer noch einen unfassbar nervenden Nebencharakter, aber wenigstens nicht 90% der Handlung über. Hier einige Vorschläge wer es stattdessen sein könnte.
Warum nicht Bayub-Otal? Der exilierte Prinz, der sich sein Erbe zurückerobern will, ist zwar zweifelsohne ein Klischee, aber mit Bayub-Otal hätten wir einen interessanten Charakter in der Rolle, welcher die Klischees wieder ausmerzt. Kühl, distanziert, schließlich von einer Vertrauensperson verraten, dann in schrecklicher Gefangenschaft und schließlich auf der Flucht, um doch noch sein Ziel zu erreichen. Einzig und allein sein tragisches Ende bei der Rettung eines dämlichen Nebencharakters würde ein sehr fader Schluss sein von Bayub-Otal.
Warum nicht mutig sein und mit Konventionen brechen? Fornis wäre dafür die perfekte Wahl. Von ihrer Weigerung einen Statthaltererben zu heiraten, von ihrer verrückten Flucht nach Quiso und schließlich ihr Aufstieg bis zur Sacred Queen. Allein ihr Kapitel, wo ihre Biografie erzählt wird ist zehnmal interessanter als alles was Maia macht. Und dann hätten wir sogar einen Fantasy-BDSM-Roman, wenn wir von ihren Ausschweifungen in Bekla berichten. Dann ihr Wahnsinn und ihre Entschlossenheit und dem gerechten Ende. Kein Hauptcharakter mit dem sich ein vernünftiger Mensch identifizieren könnte, aber als Experiment jemand so Widerliches als Hauptcharakter zu nehmen, also ich hätte mir Fornis gekauft.
Aber natürlich, da bleibt noch die beste Wahl: Occula. Sie bringt allein schon für die PC-Gesellschaft die beste Voraussetzung mit: sie ist die einzige Schwarze in diesem Reich. Gut, die Rachegeschichte ist etwas klischeebehaftet, aber sich dafür prostituieren zu lassen, um irgendwann fernen Tages seine Rache vollziehen zu können, das hätte schon wieder was. Ihr Aufenthalt in Fornis' Haus. Jeder Fan von BDSM, Filth Sex (ja, ich weiß nicht wie der Fachbegriff dafür heißt und bin stolz darauf) wäre entzückt. Und mal ganz davon abgesehen, dass ich Adams übel nehme an der spannendsten Stelle abzubrechen und mit einem elendig langweiligen Abschnitt die Geschichte fortzusetzen, bekäme ich den Kampf um Bekla und das Ende von Fornis live, ohne Nacherzählung und mit Occulas Gedanken mit. Also, lieber Richard Adams, der du jetzt im Himmel weilst, bitte schreibe im nächsten Leben Occula.

Fazit

Mieser Hauptcharakter, furchtbare Moralvorstellungen, tolle Geschichte, tolle Charaktere - auch ein Richard Adams ist nicht unfehlbar.

Montag, 3. April 2017

H. P. Lovecraft: Memory (1919), Old Bugs (1959 erstmals veröffentlicht), The Transition of Juan Romero (1944 erstmals veröffentlicht)

Ich gehe jetzt auf drei weitere Kurzgeschichten von Lovecraft ein, die ich deshalb in einem Beitrag zusammenfasse, weil sie jetzt nicht wirklich herausragen und mit Sicherheit nicht zu seinen besten Leistungen zählen.

Memory
Da wäre zunächst Memory, eine wirklich sehr kurze Kurzgeschichte (in meiner Ausgabe war sie nur eine Seite lang). Beschrieben wird ein Tal mit den Ruinen einer längst untergegangen Zivilisation. In einem Dialog zwischen Genie, einem Dämon, der im Mond haust und dem Dämon des Tals, der Erinnerung heißt, erfahren wir, dass das Volk welches hier lebte Menschen hieß, aber selbst Erinnerung nichts mehr weiter von ihnen weiß.
So gesehen ist die Geschichte nichts weiter als ein kurzer Hinweis, dass auch wir vergänglich und vom Antlitz dieser Erde verschwinden, und selbst die Erinnerung an uns verblassen wird. Ein sehr oft aufgegriffenes Thema in der Literatu, angesichts der Kürze bleibt es jedoch nicht als irgendwas Besonderes von Lovecraft in Erinnerung.

Old Bugs
Old Bugsist hingegen eine ungewöhnlich moralisierende Kurzgeschichte, die kein Stück irgendetwas Übernatürliches oder Paranormales enthält. Wir erfahren die Geschichte von einem alten Säufer aus Chicago, der in einer Bar arbeitet. Anscheinend hatte er früher bessere Zeiten erlebt, denn er spricht manchmal von Dingen, die auf einen hohen Bildungsgrad schließen lassen und trägt auch das Bild einer schönen Frau bei sich.
Als eines Tages ein junger College-Student vorbeikommt, um endlich das Leben zu genießen, wie es so schön heißt, wird Old Bugs bei dessen Ausführungen bezüglich der Mutter des Studenten sehr hellhörig. Dann hält er ihm eine Standpauke, wobei er sich immer mehr hineinsteigert, bis er schließlich daran stirbt. Dann gibt es noch einen Twist, der so vorhersehbar ist, sodass man ihn selbst aus den wenigen Zeilen, die ich hier geschrieben habe, erkennbar sein dürfte.
Lovecraft outet sich mit der Geschichte als ein großer Gegner des Alkohols und war auch ein Anhänger der Prohibition. Offensichtlich hat er jedoch persönliche Erfahrungen damit gemacht, was Alkohol mit Menschen anstellt. Tatsächlich sind Alkohol-Probleme auch heute nicht wegzudiskutieren oder auf die leichte Schulter zu nehmen. Dennoch ist der Anlaufpunkt, um über die Gefahren von Alkohol aufgeklärt zu werden, nicht zwingend Lovecraft.

The Transition of Juan Romero
Erzählt wie die Geschichte von einem Minenarbeiter, der aus Indien kam. Mit einem seiner Kollegen Juan Romero, entwickelt er so etwas wie eine Freundschaft, die jedoch nur daraus resultiert, dass der Erzähler einen Ring mit seltsamen Hindu-Inschriften trägt, welcher Juan Romero sehr fasziniert. Dieser hat eine interessante Vergangenheit, denn er wurde als Kind in einer Hütte gefunden, wobei seine Eltern längst tot waren, denn außer ihm wurden noch zwei Skelette gefunden. Danach hat ein Erdbeben die Hütte verschluckt.
Auch in der Mine passiert etwas Seltsames. Bei einer Sprengung wird ein Spalt freigelegt, der so tief hinabreicht, sodass niemand den Grund ausloten kann. Eines Abends bricht ein Sturm herein und Juan Romero dreht plötzlich durch und redet wirres Zeug. Er verschwindet schließlich in die Höhle, wohin ihm auch der Erzähler folgt, ehe er jedoch etwas wirklich Schreckliches in dem Spalt erblicken kann, wird er ohnmächtig. Am nächsten Tag ist Juan Romero tot und der Ring des Erzählers ist gestohlen. Laut den anderen Minenarbeitern waren die beiden die ganze Zeit in ihrer Hütte.
Ähnlich wie auch Old Bugs wurde auch diese Geschichte erst nach dem Tod von Lovecraft veröffentlicht, es war also eigentlich nie von Lovecraft geplant, dass sie das Licht der Welt erblickt. Das merkt man auch. Im Gegensatz zu anderen Geschichten bleibt alles sehr sehr vage. Einzig der aztekische Göttername Huitzilopotchli deutet ein kleines Stück in die Richtung von Göttern und paranormalen Wesen. Alles bleibt sehr vage, selbst für Lovecraft und die Auflösung ist überaus unbefriedigend. Es ist als ob Lovecraft eine gute Idee für eine Geschichte hatte, jedoch bevor er seine Ideen vertiefen konnte, kein Interesse mehr an der Erzählung hatte.

Samstag, 1. April 2017

H. P. Lovecraft: Beyond the Wall of Sleep (1919)

Eine weitere gute Kurzgeschichte von H. P. Lovecraft, welche perfekt die Traum-Thematik behandelt. Ein junger Internist, der selbst die Realität von Träumen hinterfragt, wird mit einem seltsamen Patienten konfrontiert. Joe Slater, ein Angehöriger der Catskill-Leute, wird nach einem Mord, den er im Delirium ohne eigene Kenntnis begangen haben soll, schließlich in die Anstalt gesperrt, wo der namenlose Protagonist arbeitet.
Slater hatte in regelmäßigen Abständen geträumt und dabei von seltsamen Dingen berichtet, die er sich unmöglich einbilden konnte. Auslöser für den Mord war eine Fehde mit einem anderen Wesen, dass er nur als "the thing" bezeichnet. Der junge Internist nimmt ihn ernst und versucht mit Slater bezüglich der Träume zu reden, doch er bekommt keine vernünftigen Gedanken aus ihm heraus, da er Slater aufgrund seiner Herkunft für zurückgeblieben, primitiv und dumm hält.
Mithilfe eines Gerätes aus seiner Studienzeit, mit der er vergebliche Experimente unternommen hat Telepathie zu betreiben, schafft er es am Ende doch mit der seltsamen Wesenheit Kontakt aufzunehmen, die von Zeit zu Zeit Joe Slater besetzt. Er erkennt dabei, dass es sich um ein Lichtwesen handelt, welches weit entfernt von der Erde lebt, jedoch immer wieder in die Körper der Menschen gesperrt wird und so seiner Fehde nicht nachkommen kann. Am Ende gelingt es diesem Wesen aber trotzdem, was auch durch astronomische Beobachtungen bestätigt wird.

Der Geschichte gelingt es sehr gut einen Spannungsbogen aufzubauen und auch die kleine Wendung am Ende passt sehr gut. Sie lässt einen sehr gut hinterfragen, was Traum und Realität eigentlich sind. Interessant ist hierbei, dass Lovecraft zu dieser Geschichte von einer wahren Begebenheit inspiriert wurde.

Mittwoch, 29. März 2017

H. P. Lovecraft: Polaris (1918)

Zu den großartigen Autoren, die hier in diesem Blog gewürdigt werden sollen, gehört auf jeden Fall H. P. Lovecraft. Der amerikanische Autor kann praktisch als Vater des übernatürlichen Horrors bezeichnet werden, der, wenn auch zu Lebzeiten nicht berühmt, viele heute weltweit bekannte Autoren im Bereich Horror und übernatürliche Begebenheiten stark beeinflusst hat.

Die Kurzgeschichte Polaris ist dabei eines seiner früheren Werke und wurde 1918 geschrieben und 1920 veröffentlicht. Hier wird die Geschichte eines Mannes beschrieben, der in einem Traum in eine marmorne Stadt versetzt wird, die er zunächst als körperloser Beobachter wahrnimmt, später aber wichtiger Bestandteil der Stadt ist.
Diese Stadt, Olathoe, die bewohnt wird von den Lomerianern wird von einem Stamm, den Inutos angegriffen. Dem Protagonisten kommt dabei die Aufgabe zu, weil er nicht gut kämpfen kann, als Späher zu fungieren und Alarm zu schlagen, wenn die Inutos zwischen den Bergen auftauchen. Jedoch schläft er, beeinflusst durch den Polarstern ein und findet sich in der "Realität" wieder, wo er ein einfaches Haus an einem Sumpf bewohnt. Auch hier scheint der Polarstern, doch die Botschaft, die er in seinem Traum noch klar verstanden hat, dass er erst wieder zurückkehren kann in seine alte Vergangenheit, wenn der Polarstern seine Runde gedreht hat, verblasst hier und lässt ihn mit einer gewissen Hoffnungslosigkeit zurück, da in dieser Welt ihn keiner zu verstehen scheint und nur verspottet.

Diese Kurzgeschichte behandelt auf sehr interessante Art und Weise eine große Thematik vieler Lovecraft-Geschichte: die Vermischung von Traum und Wirklichkeit. An einer Stelle fragt sich der Protagonist, ob das einfache Haus an dem Sumpf indem er lebt, wirklich die Realität ist, denn wie kann er beweisen, dass es die Realität ist und nicht doch die Stadt Olanthoe. Das ist ein sehr interessantes Konzept, welches auch den Leser zum Nachdenken anregt und man sich fragt, ob der Protagonist nur eine zu blühende Fantasie hat oder manchmal in seinen Träumen Kontakt mit einer alten Inkarnation von ihm aufnimmt. Oder ob der Polarstern nicht wirklich ein grausames Spielchen mit ihm treibt.
Interessant ist auch die erste Erwähnung der pnakotischen Manuskripte, die in späteren Geschichten noch sehr wichtig sein werden. Kritisiert wird die Geschichte hingegen für die abwertende Beurteilung der Eskimos oder wie sie politisch korrekt heutzutage genannt werden, die Inuit. Die Traumwesen der Inutos werden als "squat, hellish, yellow fiends" bezeichnet und auch die Beschreibung der realen Eskimos ist sehr abschätzig. Jedoch sollte hier, wie bei allen Lovecraft-Geschichten, der Kontext beachtet werden. Er schrieb Anfang des 20. Jahrhunderts, als die USA noch weit entfernt war von Martin Luther King und Rassismusdebatten, Political Correctness und Gender-Mainstream.
Mich zumindest hat diese Geschichte angeregt noch Weiteres von Lovecraft lesen zu wollen.

Montag, 27. März 2017

Wir Menschen sind schon grausame und schreckliche Wesen oder auch: The Plague Dogs Review

In seinem bewegenden Nachruf für Richard Adams kam der bekannte Schriftsteller George R. R. Martin auch kurz auf seine Leseerfahrung mit The Plague Dogs zu sprechen: "THE PLAGUE DOGS, also has some wonderful sections... though it is such a dark, depressing, angry, gut-punch of a novel that I can't say I 'enjoyed' it." Wenn das der Autor von "A Song of Ice and Fire" sagt, die als eine der düstersten Fantasy-Serien gilt und George R. R. Martin allgemein (wenn auch in meinen Augen zu Unrecht) dafür verschrieen wird, die sympathischsten Charaktere rigoros auszulöschen, so sagt das schon einiges.
The Plague Dogs ist mehr als eine Anklage an die Grausamkeit der Menschen gegenüber Tieren, die Objektifizierung von Tieren durch Menschen zu sehen. Während Adams bei seinen beiden Vorgängerromanen Watership Down und Shardik eine gewisse Distanz zum Geschehen herstellt - die auch absolut normal ist für fiktive Werke - so schimmert hier immer wieder deutlich seine eigene Meinung durch und er spricht direkt zum Leser oder klagt die menschlichen Figuren an. Richard Adams wollte also eine Botschaft loswerden, die er durchaus auch als Essay oder Artikel in einer bestimmten Zeitung oder Zeitschrift hätte verfassen können. Primär geht es ihm um die Sinnlosigkeit von Tierexperimenten und welchen unvorstellbaren Leiden die Tiere ausgesetzt sind und das Tiere in Massen dafür sterben müssen. Erwählt dann doch den Weg mit dem er das größte Publikum erreicht, er schreibt einen Roman, eine fiktive Geschichte.
Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Hunde, Snitter und Rowf. Letzterer wird für ein Experiement in Überlebenskonditionierung immer wieder in einen Wassertank geworfen, bis er beinahe ertrinkt, ehe er von den Wissenschaftlern gerettet wird. Die untersuchen lediglich sein Verhalten, ob er länger durchhält und ob er merkt, dass er immer wieder im letzten Moment gerettet wird. Noch schlimmer ergeht es Snitter. Der Foxterrier, welcher früher (im Gegensatz zu Rowf, der ein Straßenköter gewesen zu sein scheint) ein Herrchen hatte, wurde am Gehirn operiert, sodass er nicht in der Lage ist subjektive Eindrücke von objektiven Eindrücken zu unterscheiden. Immer wieder hat er Wahnvorstellungen von denen er denkt, sie seien wahr, obwohl sie nur Fantasie sind.

Die tierischen Protagonisten

Die Firma in der die beiden Hunde gehalten werden heißt Animal Research Scientific and Experimental, kurz ARSE. Schon dieses Akronym, welches nichts anderes als "Arsch" bedeutet zeigt überdeutlich, was Richard Adams von solchen Tierversuchslaboren hält. Zwei menschliche Protagonisten werden dort in den Mittelpunkt gestellt, Dr. Boycott, ein renommierter Doktor auf dem Gebiet, und Stephen Powell, der noch am Anfang steht. Auch das ist eine Besonderheit von The Plague Dogs. Neben den Hunden gibt es zahlreiche menschliche Protagonisten, die für Adams teilweise ungewöhnlich facettenreich und komplex dargestellt werden, dazu jedoch später.
Durch die Unachtsamkeit einer Helfers, der die Hunde füttert, können Snitter und Rowf aus ihren Zwingern entkommen. Bei dem albtraumhaften Gang der beiden durch das Labor lässt sich Adams nicht die Chance entgehen, auf die Sinnlosigkeit der Tierexperimente einzugehen. So klagt er an, dass hunderte Brieftauben sinnlos dafür leiden müssen, um zu sehen, wie sie bei unterschiedlichen Bedingungen reagieren. An Ratten werden Seuchen und Krebsforschung betrieben, was später für die beiden Hunde noch fatale Folgen haben wird. Und auch Kaninchen, Oktopusse, Meerschweinchen und Mäuse werden im Namen der Wissenschaft sinnlos umgebracht, grausam gequält oder anderweitig misshandelt. Besonders betont Adams dabei die Doppelmoral der Beteiligten, die alle gläubige Menschen sind, jedoch solche grausamen Taten verüben.
Durch den Verbrennungsofen entkommen die beiden schließlich in die Freiheit. Hier stellt sich jedoch die Frage, was die Freiheit für die beiden überhaupt bereitstellt? Adams gelingt es sehr gut zu zeigen, dass die beiden domestizierte Tiere sind. Ihre Konstante ist der Mensch, denn beide haben den (Irr)glauben dem Menschen zu dienen. Rowf ist dabei deutlich pessimistischer eingestellt, er hatte nie ein Herrchen und die "whitecoats" haben ihn immer nur in den Tank gesperrt, ohne das er verstanden hat warum. Snitter ist da positiver eingestellt, denn er weiß, dass es gute Menschen gibt, die Herrchen, und das die "whitecoats" keine Herrchen sind. Sie müssen also Herrchen finden, was ihr Ziel ist. Für sie gibt es jedoch ein weiteres Problem: Sie landen in einer ländlichen Gegend mit viel Natur. Interessant ist zu sehen, dass beide, die wohl definitiv im städtischen Umfeld mit Parks, Gehwegen und Häusern aufgewachsen sind, mit den Wiesen und Feldern und Hügeln im Lake District nichts anfangen können. Es geht sogar so weit, sodass sie glauben, der Mensch hätte die Welt, wie sie sie kennen, vernichtet.
Selbstverständlich finden sie keinen Anschluss an irgendwelche Menschen und entscheiden so, als der Hunger sie quält, dass es am besten wäre zu Wildtieren zu werden. So fangen sie an Schafe zu reißen. Das erregt natürlich schnell die Aufmerksamkeit der einheimischen Bauern, doch die beiden Hunde bekommen unerwartete Hilfe. Ein Fuchs zeigt ihnen ihre Fehler auf, den sie machen und bietet ihnen ein Deal: er wird ihnen helfen sich lautlos wie Wildtiere vor den Menschen zu verbergen, wenn er im Gegensatz dafür von ihrer Beute etwas abbekommt. Adams entscheidet sich - wie auch bei einigen der menschlichen Protagonisten - den Fuchs in einem Geordie-Dialekt sprechen zu lassen, den er auch lauttechnisch niederschreibt. Das hat es für mich, als Nicht-Englischsprechender ungemein schwer gemacht den Fuchs zu verstehen. Daher hat sich das Lesen auch hingezogen, denn nebenbei musste noch intensive Recherche betrieben werden, um einen Sinn aus dem Gebrabbel des Fuchses zu ziehen. Er jedoch ist sehr pragmatisch eingestellt und bei dem kleinsten Fehltritt der beiden Hunde, verlässt er sie sofort, kommt jedoch immer wieder in der Geschichte zu ihnen zurück.

Vom Ausbruch zur nationalen Krise

Während die Hunde auf der einen Ebene mit ihrem Überleben in der Wildnis zu kämpfen haben, bauscht sich auf der anderen Seite der Ausbruch der Hunde immer weiter auf bis er zu einer nationalen Krise wird. Die Gelegenheit nutzt Adams, um zwei weitere Parteien anzugreifen: die Regenbogenpresse und die Politik.
Nachdem die Hunde ausgebrochen sind, entscheiden die Wissenschaftler zunächst den Vorfall zu vertuschen und nichts zu unternehmen. Jedoch schon bald werden die Bauern alarmiert durch die gerissenen Schafe und der Besitzer eines Bekleidungsgeschäftes, organisiert schließlich eine Jagd auf die beiden Hunde durch die lokale Bevölkerung. Dieser Mr. Ephraim ist eine der zahlreichen interessanten Persönlichkeiten. Er kommt zu fällig in Kontakt mit Snitter und statt ihn zu erschießen, sieht er dessen riesige Wunde am Kopf und hat spontan Mitleid mit ihm. Mr. Ephraim ist nämlich ein Überlebender des Holocaust, welcher alle seine Verwandten verloren hat. Dieses Mitleid wird ihm jedoch zum Verhängnis. Als Snitter in Aufregung gerät, springt er zufällig auf das entsicherte Gewehr von Ephraim, der durch den Schuss genau in den Kopf getroffen wird. Sowohl für Snitter als auch für die Menschen hat das fatale Folgen. Snitter glaubt fortan, dass alles was passiert gar nicht in Wirklichkeit passiert, sondern in seinem Kopf stattfindet und er für alles Leid verantwortlich ist, was passiert. Dabei kommt auch seine tragische Geschichte zum Vorschein. Sein Herrchen wurde von einem Laster angefahren, weil dieser Snitter vor selbigem retten wollte. Snitter geht daher davon aus, dass sein Herrchen tot ist. Es ist schließlich die Schwester seiner Herrchens, welche ihn dann an das Tierversuchslabor verkauft hat.
Der seltsame von Mr. Ephraim, der jedoch dennoch, weil es Zeugen gab, die Snitter weglaufen sehen, wird den Hunden in den Schuhen geschoben. Das ruft die Klatschpresse auf den Plan und so kommt ein weiterer Protagonist hinzu, Digby Driver von der fiktiven Zeitung London Orator. Digby Driver ist wohl der menschliche Protagonist, der am meisten Hintergrund und Komplexität von allen bekommt. Er ist ein egoistischer, eigensinniger und kaltherziger Mensch, der mit Absicht die Wahrheit verzerrt, um die Bevölkerung besser zu emotionalisieren. Ein Aspekt, der um so besser in die heutige Zeit passt. Er jedenfalls hat zwei Ziele: das Tierversuchslabor schlecht dastehen zu lassen, weil sie den Ausbruch der beiden Hunde nicht bestätigt haben und die Politiker, welche ARSE finanziert haben, dafür zur Rechenschaft ziehen. Durch Glück und Zufall kommt er mit Stephen Powell in Kontakt, der ihm unbeabsichtigt Informationen preisgibt, unter anderem, dass die Hunde durch einen Trakt gelaufen sind, wo auch Seuchen erforscht werden. Digby Driver konstruiert daraus eine Geschichte, wonach die Hunde Träger der Beulenpest sind.
Das verursacht eine mittlere Krise, die beiden Hunde werden konsequent gemieden und ARSE bestätigt nun doch den Ausbruch der Hunde, schweigt jedoch darüber, ob sie wirklich Träger der Seuche sind. Schließlich ruft es auch die Politik auf den Plan, welche bald darüber diskutiert, ob die Ausgaben für Tierexperimente wirklich so schlau angelegt waren, weil sich großer Widerstand in der Opposition rührt. Zuvor kommt es jedoch zu einem weiteren schrecklichen Zwischenfall: die ausgehungerten Hunde überfallen ein parkendes Auto, weil sich auf dem Rücksitz Lebensmittel befinden. Dessen Fahrer will persönlich die beiden zur Rechenschaft ziehen und macht sich auf zur Jagd. Als er Rowf an einem Steilhang im Visier hat, wird er jedoch von Snitter überrascht und stürzt in den Tod. Die zu dem Zeitpunkt dem Hungetod nahen Hunde, fressen natürlich an dessen Leiche. Daraufhin eskaliert die Sache endgültig und es wird sogar ein Fallschirmbataillon hingeschickt, um die Hunde endlich zu erledigen.

Das zu glückliche Ende

In seiner traurigen Konsequenz hätte die Geschichte ein sehr schreckliches Ende nehmen können, was Richard Adams anscheinend sogar ursprünglich so intendiert hatte. Von den Menschen bedrängt, fliehen die Hunde ins Meer. Rowf überkommt dabei sogar seine Angst vor Wasser, weil Snitter eine Insel sieht, wo sie in Frieden leben können.
Durch den Editor bedrängt, ändert jedoch Adams den Schluss, denn ursprünglich sollte die Geschichte wohl so enden wie der spätere Film: die Hunde schwimmen im Meer, werden immer schwächer, doch sie machen weiter und es bleibt offen, was aus ihnen wird. Das wäre tatsächlich ein starkes, emotionales Ende gewesen. Adams hingegen entscheidet sich für ein seltsames Happy Ending: das Herrchen von Snitter lebt noch, er wurde nur schwer verletzt bei dem Unfall und von Digby Driver, der sich auch zum Besseren wandelt, zu der Küste gefahren, wo die Hunde ins Meer gegangen sind. Zwei auch real existierende Naturforscher Sir Peter Scott und Ronald Lockley, beides sehr gute Freunde von Richard Adams, finden die beiden im Meer und können sie retten. Am Ende wird Snitter mit seinem Herrchen verein und auch Rowf findet ein Zuhause. Dieses Ende passt nicht so ganz zu dem extrem düsteren Ton, welches die Geschichte nahezu durchgehend anschlägt. Ich würde sogar fast die Theorie äußern, dass die Rettung der Hunde und die Wiedervereinigung von Snitter mit seinem Herrchen erst nach dem Tod der beiden passiert und sie im Himmel angekommen, endlich von ihren Leiden erlöst sind.

Fazit

Eine weitere starke Geschichte von Richard Adams, welche jedoch keine leichte Kost ist. Viele Ausschweifungen, ein schwer verständlicher Geordie-Dialekt und für einen Nicht-Einheimischen verwirrende Landschafsbeschreibungen machen das Lesen an manchen Stellen umständlich schwer. Nichtsdestotrotz bleibt die Botschaft sehr stark hängen: Die Sinnlosigkeit von Tierexperimenten und das wir als Menschen die Tiere nicht nur als Objekte und unsere Sklaven betrachtet sollten, sondern als Lebewesen mit einem Bewusstsein für welche wir in gewisser Weise auch verantwortlich sind.

Dienstag, 21. März 2017

Review: Age of Empires 2 HD: The Forgotten (Kampagnen-Modus)

Jetzt etwas völlig Neues, was nichts mit Adams oder Büchen zu tun hat. Ich lese gerade Plague Dogs und das ist harte Kost, zum einen wegen der Thematik, zum anderen wegen dem Geordie-Dialekt, welchen Adams dort phonetisch geschrieben verwendet, von daher wird es noch ein Stück dauern mit der Review zu diesem Meisterwerk.
Deshalb folgt hier eine Review zu einem anderen Großprojekt, welches ich vor kurzem beendet habe: der Kampagnenmodus The Forgotten zu Age of Empires 2 HD. Wer es nicht kennt, Age of Empires 2 ist ein Echtzeit-Strategiespiel der Microsoft Game Studies und umfasst thematisch die historischen Abschnitte von der Spätantike bis zur Frühen Neuzeit. Ziel ist es sich durch Ressourcen eine Basis aufzubauen, diese zu verteidigen und dann durch den Einsatz von Militär und neuen Technologien den Gegner zu bezwingen. Wie bei jedem Strategiespiel gibt es mannigfaltige Taktiken, um zum Erfolg zu kommen.
Die Kampagnen basieren dabei allesamt auf historische oder pseudohistorische Begebenheiten und man kann Schlachten, Lebensläufe historischer Persönlichkeiten nachspielen. The Forgotten ist dabei ein Kampagnenmodus, welcher von Fans programmiert worden ist, jedoch offiziell von den Microsoft Game Studios als Erweiterung des Hauptspiels verkauft wird.

Neue Völker:
Ich rede hier nur über den Kampagnenmodus und bin eher wenig darin bewandert, was im Vergleich zum Hauptspiel alles bei den Technologien und Völkern geändert wurde. Wer sich darüber näher informieren will sollte das Age-of-Empires-Wiki aufsuchen: http://ageofempires.wikia.com/wiki/Age_of_Empires_Series_Wiki
Jedoch wurden auch neue Völker hinzugefügt, die ich näher vorstellen will. Zunächst wären da die Italiener, welche besonders auf das Italien der Renaissance basieren und weniger auf das Italien zur Zeiten des Weströmischen Reiches und seiner Nachfolgereiche. Ihre Spezialeinheit ist der Condottiere, eine starke Infanterieeinheit und der Genuesische Armbrustschütze, welcher in der Burg ausgebildet werden kann, während Ersterer in der Kaserne zur Verfügung steht. Hinzu kommt in The Forgotten eine Spezialtechnologie für jedes Volk, welches auch in der Burg entwickelt werden kann. Im Falle der Italiener ist das die Pavise, welche Infanteriebogenschützen mit einer zusätzlichen Rüstung ausstatten. Dazu kommt die Seidenstraße, welche die Kosten für Handelseinheiten um 50% senkt. Ihre Stärken haben die Italiener daher eher im Bogenschießen.
Auch neu ist das Volk der Slawen. Ihre Spezialeinheit ist der Boyar, eine gutgepanzerte Kavallerieeinheit. Als Spezialtechnologien besitzen sie die Orthodoxie, welche Mönche besser vor Angriffen schützt und die Druzhina, welche es Infanterieeinheiten ermöglicht auch benachbarte Einheiten zu verletzen. Ihre Stärken haben sie in der Offensive.
Das nächste neue Volk sind die Magyaren. Ihre Spezialeinheit ist der Magyarische Husar, eine Kavallerieeinheit. Als Spezialtechnologien besitzen sie den Recurvbogen, welcher Berittenen Bogenschützen +1 Reichweite verschafft und die Söldner, bei dem die Magyarischen Husaren kein Gold kosten. Ihren Vorteil haben die Magyaren eher in der Kavallerie.
Dann gibt es noch die Inkas. Ähnlich wie die Azteken und Mayas können sie keine Kavallerieeinheiten ausbilden. Als Spezialeinheit haben sie den Kamayuk (der auch in der Burg ausgebildet wird), welcher besonders gegen Kavallerieeinheiten seine Stärken hat. Des Weiteren kann in der Bogenschießanlage der Schleuderer ausgebildet werden; diese Einheit gab es im Übrigen schon
in Age of Empires 1. Als Spezialtechnologie besitzen die Inkas die Andenschlingen, welche die Minimumreichweite der Schleuderer und Plänkler aufhebt und die Eilboten, welche den Schleuderern und Kamayuks bessere Rüstung verpasst. Die Inkas haben ihre Stärken in der Infanterie.
Als letztes neues Volk sind noch die Inder vorhanden. Ihre Spezialeinheit ist der Elefantenschütze, welcher in der Burg ausgebildet wird und der Imperiale Kamelreiter, welcher im Stall erworben werden kann. Als Spezialtechnologie besitzen sie die Sultane, welche die Produktion von Gold um 10% erhöht und die Shatagni, welche die Reichweite der Kanoniere um +1 erhöht. Ihre Stärken haben die Inder besonders in der Kavallerie, speziell den Kamelen.

Zu all diesen Völkern gibt es spezielle Kampagnen.

Kampagne Alarich:
Die allererste Kampagne, welche auch der Testlauf für The Forgotten war, ist die Alarich-Kampagne. Man tritt in die Fußstapfen des Westgotischen Königs Alarich in seinem Kampf gegen das untergehende Weströmische Reich. Als Volk spielt man durchgehend mit den Goten. In den vier Missionen wird bereits der Charakter von The Forgotten deutlich. Die Missionen sind deutlich mehr geskriptet als die gewöhnlichen und das Build&Destroy (B&D) wurde ersetzt durch mehrere kleinere Aufträge, die eher RPG-Charakter haben.
Leider gibt es bei allen The Forgotten-Kampagnen keine Sprachausgabe, was sehr schade ist, da alle sehr dialogbasiert sind. Oftmals überliest man daher eine wichtige Mitteilung. Im Falle von Alarich ist das noch zu verschmerzen.
In der ersten Mission hat man den Auftrag mit einer großen Gruppe und sucht zunächst gotische Flüchtlinge. Auffallend ist hierbei schon (ich spiele immer auf Standard, da ich kein guter Spieler bin), dass die KI deutlich aggressiver agiert als in den normalen Kampagnen. Schon beim kleinsten Blickkontakt greifen die Einheiten an und suchen auch gezielt nach dem Spieler. Die erste Mission weicht dabei schon deutlich von dem B&D ab. Ziel ist es zunächst einige Wachtürme zu zerstören, anschließend übernimmt man die Kontrolle eines Lagers und muss noch einen letzten Angriff der Römer überstehen.
Die zweite Mission kommt einem B&D jedoch schon näher. Zunächst muss man als Späher die Lage erkunden, wobei man feststellt, dass eine gotische Truppe vernichtet wurde, später muss nach einer Frist von zehn Minuten eine große Truppe römischer Legionen mit ihrem Feldherrn besiegt werden. Ganz zum Schluss soll noch ein römisches Lager zerstört werden.
Die dritte Mission ist die in meinen Augen schwächste. Zunächst flieht man per Land und Schiff vor Saurus, einem gotischen Widersacher Alarichs und wird beim Einfall nach Ravenna von den Römern verraten und muss im letzten Missionsziel die Burg des Saurus zerstören. Ehe man das schafft, wird man ununterbrochen angegriffen von Saurus. Gestört hat mich hier das eher abrupte Ende der Mission und das das Potential der Karte überhaupt nicht genutzt wurde.
Umso besser ist jedoch die letzte Mission. Hier findet die Belagerung von Rom statt, zunächst schlüpft man in die Rolle von Alarich, dann von Athaulf. Bei Athaulf ist es das Ziel Rohstoffe zu sammeln, bis man bereit ist für den Angriff auf Rom. Dabei hat man sich jedoch etwas äußerst Dämliches überlegt: Die Bereitschaft zum Angriff wird dadurch signalisiert, dass man Athaulf auswählt. Da er jedoch wie eine gewöhnliche Infanterieeinheit aussieht, passiert das eher unbeabsichtigt und es kommt zum Angriff, ehe man dafür bereit ist. Noch dazu wird man von Legionen ununterbrochen angegriffen, die am Rande der Karte spawnen. Der Schluss macht jedoch Freude, wenn die Stadtwache Roms besiegt werden muss, welche aus sehr starken Infanterie- und Kavallerieeinheiten besteht. Dabei kann man das antike Rom bewundern, welches sehr detailgetreu nachgebaut wurde, also kein Vergleich zu Samarkand oder Jerusalem aus den normalen Kampagnen. Darunter leidet jedoch sehr stark die Framerate. Ohne Ruckeln ist diese Mission nicht möglich, da sie mit viel zu viel Einheiten besetzt ist, ein Problem welches noch viele andere Kampagnen haben.

Insgesamt hat mir Alarich sehr gefallen, es bereitet gut vor auf die ungewöhnlichen Kampagnen in The Forgotten, ist jedoch nicht ganz so schwer wie andere Kampagnen. Beste Mission ist die letzte.

Kampagne Dracula:
Bei dieser Kampagne schlüpft der Spieler in die Rolle des Königs der Wallachei Vlad Dracul, welcher der Nachwelt als Vlad der Pfähler bekannt wurde, weil er diese Methode der Hinrichtung liebte und seine Feinde oft genug so bestrafte.
Leider offenbaren diese fünf Missionen einige größere Schwächen. Die erste Mission ist noch recht nett, denn man erfüllt für drei Voivodonen verschiedene Aufträge und am Ende gibt es eine riesige Schlacht, vor welcher die Helden schließlich fliehen müssen, weil sie sonst überrannt werden. Schwächen offenbart jedoch schon die zweite Mission. Hier soll der Spieler den König Vladislav II. besiegen. Zunächst besteht die Aufgabe darin einen General von diesem zu besiegen, danach übernimmt man eine Burg und ein Lager. Der Spieler ist jedoch nicht in der Lage die normalen Gebäude zu bauen, sondern muss sie aus den umliegenden Dörfern praktisch erobern. Jedoch kann auch jede andere der Parteien in diese Dörfer eindringen und die Gebäude besetzen. Zum Glück lässt sich mit den Ungarn ein einfaches Bündnis schließen und das Byzantinische Reich lässt einen links liegen. Der Kampf gegen Vladislav II. ist jedoch auch so unnatürlich schwer. Sobald man sich seiner Basis näher, produziert ohne nachzulassen beständig starke imperiale Einheiten, sodass es kaum möglich ist ihn aufzuhalten, weil er noch dazu mit Schiffen seine Armee deckt. Und aufgrund eines weiteren Unsinns, der Zugang des einzigen Hafens, den man erwerben kann durch Steine zu blockieren, die man erst abbauen muss, wird diese Mission ziemlich nervig. Ich habe sie nur geschafft, weil aus irgendeinem Grund bei einem der Spielstände (ich musste die Mission neu anfangen, weil ein zwischenzeitliches Update die Spielfarben verändert hat, was zu Abstürzen führte) Vladislav II. keine Einheiten mehr produzierte. So war es natürlich ein Leichtes diese Mission zu gewinnen.
Die dritte Mission ist schon besser gelungen. Nach einer erfolglosen Schlacht soll durch Verrat die Stadt Giurgiu eingenommen werden. Dazu sollen die Türme eingenommen werden, in dem sich Vlad Dracul danebenstellt. Sobald der Schwindel auffliegt, greifen die städtischen Truppen an, können jedoch überwunden werden. Danach ist die Aufgabe, die verbliebenen fünf Städte zu unterwerfen. Der Schlüssel dazu ist jedoch die gefährlichste Stadt Darstor zur Aufgabe zu zwingen, in dem die vier anderen Städte unterworfen werden, welche Darstor mit Rohstoffen versorgen. Eine sehr interessante Mission also, die beste der Dracula-Kampagne.
Die vierte Mission ist eine der schlimmsten überhaupt in The Forgotten. Zunächst kann man sich zurücklehnen, denn eine Schlacht wird nur gezeigt und deren Ausgang beschrieben. Danach kommt jedoch eines der dümmsten Missionsziele überhaupt: Ehe es weitergeht sollen fünfhundert Einheiten der Osmanen besiegt werden. Diese greifen zwei Lager an. Sobald man da die richtige Taktik gefunden hat, ist es ein einziges nerviges Abwarten bis die 500 erreicht sind. Nicht wenige sind hier auf einen Bug gestoßen, bei der die Osmanen nach einiger Zeit das produzieren der Einheiten eingestellt haben, weshalb ein Sieg unmöglich war. Ein anderer Bug jedoch machte es dann mir unmöglich diese Mission ohne Cheats zu beenden. Bei einem Dialog zwischen zwei Mönchen hatte sich einer durch fehlerhafte KI außerhalb der Karte begeben, weshalb nur der Cheat für das Anzeigen der ganzen Karte und der Cheat für das Besiegen einer Fraktion ein Weiterspielen ermöglichte. Die letzte Belagerung war ganz interessant, eher sinnlos empfand ich jedoch die letzte Schlacht. Vlad Dracul greift ein Lager an, in welchem jedoch die HP der Gebäude unnatürlich hoch ist. Schließlich heißt es auch, dass Vlad Dracul mit einem Boot fliehen soll. Auch hier kann es einen ärgerlichen Bug geben. Hat man das Tor zuvor auf gesperrt gestellt, kommt Vlad Dracul nicht mehr hinein in das Lager. Alles in allem eine sehr frustrierende und viel zu sehr in die Länge gestreckte Mission.
Die letzte Mission ist ähnlich schwer. Man greift zunächst mit einem Heer und sehr vielen Ressourcen eine Gruppe türkische Räuber an, bis man diese besiegt hat. Danach sollen die beiden Hauptfeinde besiegt werden, die Osmanische Armee und die Basarab Laiota. Einfacher gesagt als getan, denn beide haben extrem viele Rohstoffe und produzieren daher übertrieben viele Einheiten und noch dazu ist das bauen von Triboken (die im übrigen absolut wichtigste Einheit in The Forgotten) nur durch einen Handwerker alle paar Minuten möglich. Es dauert also endlos lange, ehe die Osmanen besiegt werden können, da diese selbst mit starken Imperialzeitalter-Einheiten und auch Triboken kontern.

Insgesamt sind die Vlad-Dracul-Missionen die womöglich schwersten und auch frustrierendsten von The Forgotten. Sie weisen teilweise deutliche Mängel auf in der Ausführung und wurden unnötig schwer, auf höheren Schwierigkeitsgraden sogar fast unmöglich gemacht. Es ist somit kein Kampagnenmodus, den ich gerne noch einmal spiele.

Kampagne Bari:
Die womöglich schlimmste Age-of-Empires-Kampagne die je produziert wurde. Obwohl es nur drei Missionen sind, sind sie alle äußerst lang und unnötig schwer gemacht. Man verfolgt das Leben der Familie Nautikos über drei Generationen mit ihrer Ankunft in Bari, der Verteidigung und schließlich dem Exil des letzten Angehörigen der Familie.
Die erste Mission, bei der der Seefahrer Panos Nautikos dem Kaiser Ludwig II. hilft Bari einzunehmen, ist bald eher ein munteres Panos quer über die Karte zu schicken. Schließlich, wenn man glaubt es geschafft zu haben, nach einem endlos langem Hin- und Hergehen die Stadt durch einen Tunnel einzunehmen, springt die Handlung einige Jahre weiter. Aufgabe ist es nun mithilfe einer Armee fünf Burgen in Bari zu zerstören. Leichter gesagt als getan, denn wieder gibt es Widerstand in der Stadt.
Das ist jedoch nichts im Vergleich zu der zweiten Mission, die mit Abstand die schlechteste Mission von The Forgotten ist. Als Michael Nautikos erfüllt man zunächst einige nervige Botengänge für seinen Anführer Melus, eher dieser rebelliert und Michael fliehen muss. Nun gilt es Melus wieder zu vertreiben. Dazu muss Bari komplett zerstört und alle Rebellen besiegt werden. Um das ganze künstlich in die Länge und richtig schwer zu machen, kann der Spieler nicht in das Imperialzeitalter aufsteigen und keine Burgen bauen. Währenddessen hat der Feind gut ausgebildete Imperialstreitkräfte, die er unentwegt dem Spieler entgegenschleudert. Burgeinheiten können nur bei Eroberung der Stadt Potenza ausgebildet werden. Die Mission ist wirklich furchtbar, denn Bari ist durch zahlreiche Festungen gesichert und Feuertürmen, auch von der See aus kommen ständig Schiffe. Ich habe glaube ich über sechs Stunden gebraucht, um diese Mission zu schaffen. Wenn eine Goldmine nicht ständig respawnt hätte, wäre es sogar gänzlich unmöglich gewesen. Eine völlig bescheuerte Mission, die ich in der Form bestimmt nie wieder spielen werde.
Angenehm ist hingegen die dritte. Als Stefan Nautikos soll man die Verteidigung von Bari gegen die Normannen leiten. Dazu übernimmt man an verschiedenen Stellen die Kontrolle über Teile des Heeres, bis man gezwungen ist aus Bari zu fliehen. Danach hat der Schrecken, der sich Bari-Kampagne nennt zum Glück ein Ende.

Eine Kampagne ohne jegliches Konzept oder Gefühl für einen kontinuierlichen Prozess, der sonst bei Kampagnen für Age of Empire üblich ist. Wir haben hier die schlecht gemachtesten, frustrierendsten und unnötig in die Länge gezogensten Kampagnen überhaupt. Bari hätte auch ganz weggelassen werden können.

Kampagne Sforza:
Die Sforza-Kampgne ist hingegen deutlich besser als die Bari-Kampgne. Die erste Mission erinnert dabei an die erste Mission der Dschinghis-Khan-Kampagne, wo verschiedene Stämme überzeugt werden müssen, sich Dschingis Khan anzuschließen. Hier passiert das gleiche mit verschiedenen Söldnergruppierungen, die Francesco Sforza als ihren neuen Anführer anerkennen müssen. Dabei gibt es einige interessante Aufträge wie fünf Räder aus zerstörten Karren zu finden, Wasser von einem Aquädukt zu holen oder Heuhaufen einzusammeln. Am Ende muss noch eine gut geschützte Festung besiegt werden.
Die zweite Mission ist auch sehr gut gemacht. Hierbei bekommt der Spieler Ressourcen zur Verfügung gestellt vom Herzog von Mailand und muss für ihn sich gegen diverse Feinde durchsetzen. Das sind nacheinander Piacenza, Cremona und schließlich Venedig. Besonders die Flotte der Venezianer hat es in sich und stellt den Spieler vor eine große Herausforderung.
Die dritte Mission beginnt unüblich. Mithilfe von Spionen soll man ein feindliches Lager erkunden. Zum ersten Mal halten Stealth-Taktiken Einzug in Age of Empires II auch storybezogen. Mithilfe der Spione kann dabei eine große Sabotage verübt werden. Im Anschluss daran muss zunächst eine schwer bewaffnete venezianische Marine aufgehalten und anschließend muss Carmagnolas Lager besiegt werden. Hier gab es anscheinend einen Bug, denn es dauert lange lange und es musste auch noch die letzte Einheit von Carmagnolas Wachen besiegt werden, ehe die Mission als gewonnen bewertet wurde, was womöglich nur daran lag, dass alle Feinde besiegt worden waren.
Die vierte Mission baut wieder auf das System der zweiten. Man baut kein Lager auf und scheffelt Ressourcen, sondern kauft sich Soldaten, in dem auf Ställe, Belagerungswerkstätten und ähnlichen Gebäuden geklickt wird. Interessant ist hierbei das Feature fünf Einheiten in der Burg von Pavesi zu lassen, weil sonst die Stadt gegen Sforza rebellieren könnte. Ziel ist es die von den Venezianer besetzten Städte zu besiegen, anschließend deren Flotte und zum Schluss Caraveggio.
Die fünfte Mission zieht sich etwas hin. Man belagert Mailand, wird jedoch selbst beständig von einem Verbündeten Mailands, Abbiategrasso angegriffen. Das geht schon ziemlich zu Beginn los und so stört er sehr stark beim Aufbau einer Wirtschaft. Ab einem bestimmten Punkt kann man jedoch zurückschlagen und Abbiategrasso einfach besiegen, weil er in der Feudalzeit bleibt. Danach gilt es Mailand auszuhungern, wozu es drei einfache Aufgaben gibt, die jedoch auch nicht einfach zu bewältigen sind. Schließlich verrät einen auch noch Venedig und sendet schwere Truppen zu Sforzas Lager. Sind all diese Hindernisse überwunden wird Sforza neuer Herzog von Mailand.

Diese Kampagne zeigt was mit den neuen Features in The Forgotten alles möglich ist und es kommen dabei tolle, innovative Missionen heraus, die nicht frusten. Abgesehen von dem Bug in Mission 3 und der etwas langwierigen letzten Mission eine rundum gelungene Kampagne.

Kampagne El Dorado:
El Dorado als Thematik einer Age-of-Empires-Kampgne mutet seltsam an, da die Suche nach El Dorado besser für ein Adventure-Spiel geeignet ist als für ein Echtzeitstrategie-Spiel. Dennoch sind die Missionen ganz in Ordnung, weil ähnlich wie der Montezuma-Kampagne interessante Features genutzt werden.
In der ersten Mission spielt man als Francisco de Orellana und soll in Quito sich mit Gonzalo Pizarro treffen. Auf dem Weg dahin können viele kleine Sidequests erfüllt werden, um an Gold zu kommen. In Quiso selbst muss man auf kreative Art und Weise vier Generäle ausschalten die gegen die Expedition sind und einen Händler bestechen, der die Lieferung für diese Generäle verzögern soll. Danach geht es weiter östlich von Quiso, wobei es zu einer Schlacht gegen ein Inka-Heer kommt. Sobald diese erfolgreich ist, ist die Mission schon beendet.
Die zweite Mission ist eine der interessantesten in The Forgotten. Man hat sich zunächst hoffnungslos im Regenwald verirrt auf der suche nach El Dorado und findet schließlich ein kleines Dorf mit Eingeborenen, welches flink erobert wird. Danach muss im benachbarten Regenwald das Material für Schiffe herangeschafft werden, was aufgrund einiger Eingeborenen nicht ganz so leicht ist. Mit dem Bau des Schiffes beginnt der interessante zweite Teil. Die Strömung treibt die Konquistadoren und Orellana den Fluss hinab und man muss die dortigen Eingeborenenstämmen nach El Dorado fragen. Dabei wird zunächst Imara erobert von wo aus es gilt für drei Eingeborenenstämme Aufträge zu erfüllen. Diese sind sehr leicht zu verhauen, was die sofortige Niederlage zur Folge hat. Ein Beispiel: einem der Dörfer muss ein Wildschwein gebracht werden. Das kann nur umständlich hergelockt werden und die Mission ist verloren, sobald das Wildschwein vor Erreichen des Dorfes getötet wird. Für ein anderes Dorf müssen genügend Lamas gefunden werden, die nicht geschlachtet werden dürfen. Am schwierigsten ist schließlich der Kampf gegen ein Eingeborenendorf, welche permanent Einheiten erschafft. Mit dem Sieg über diesem ist jedoch auch diese Mission gewonnen.
Die dritte Mission ist womöglich die untypischste von ganz Age-of-Empires 2. Auf dem Weg den Amazonas hinunter begegnen die Konquistadoren den Amazonen, welche den Fluss sperren. Jetzt gilt es die Amazonen davon zu überzeugen den Fluss wieder zu öffnen. Das geht entweder über Gewalt oder indem Aufträge für die dortigen Einheimischen erfüllt werden. Es ist jedoch nicht leicht. Neben zahlreichen verfeindeten Eingeborenen ist besonders die Nahrung ein Problem. Diese sinkt beständig und führt zum Tod alle Beteiligten, wenn sie auf null sinkt. Daher müssen die Nahrungsvorräte beständig durch das Finden von Truthähnen aufgefüllt werden. Es gibt auch Nahrung, wenn entweder die Einheimischen geplündert werden oder man ihnen hilft. Die Aufträge sind mannigfaltig: Es gilt ein verlorenes Lama zu finden, ein Transportschiff zur Verfügung zu stellen, einen Jaguar zu töten oder sogar einen Vulkan zu besänftigen. Ist das geschafft, öffnen die Amazonen ihre Tore und man kann weiterfahren.
Die letzte Mission behandelt die Flucht der Spanier aus dem unfreundlichen Amazonasgebiet. Dazu muss zunächst eine Insel besetzt werden. Ziel ist es jetzt 15 Galeonen zu bauen mit denen die Flucht gelingen soll. Störend sind dabei jedoch wieder die Eingeborenen, welche beständig angreifen. Da die Rohstoffe sehr beschränkt sind, ist man auf die Hilfe der freundlichen Eingeborenen angewiesen. Es gibt da sehr interessante Aufträge: In einem Fall muss man sogar einen Mordfall lösen, dann gilt es noch eine Hexe zu töten, welche die Tiere verrückt macht, das Verschwinden einiger Arbeiter in einer Höhle zu klären oder einen Essenswagen für eine Feier zu bringen. Trotz der beständigen Angriffe der Einheimischen ist das Missionsziel schnell erreicht.

Wenn auch sehr unüblich, ist El Dorado womöglich die abwechslungsreichste Kampagne von The Forgotten und gerade wegen ihrer mannigfaltigen Möglichkeiten oft wiederholbar.

Kampagne Prithvaraj:
Die Kampagne über den indischen Prinzen Prithvaraj habe ich mit gemischten Gefühlen betrachtet. Die erste Mission bietet eine interessante Abwechslung, da es zwei Wege sie zu gewinnen. Letztendlich habe ich nicht lange gebraucht, da ich wohl den einfachsten Weg gewählt habe, nämlich Bhimdev Solankis Burg zu zerstören.
In der zweiten Mission ist es das Ziel genügend Gegner auf seine Seite zu bekommen, wobei die Ghaznaviden der gefährlichste Gegner ein dauerhafter Feind bleibt. Es ist nicht einfach diese Mission zu schaffen, da zu Beginn ein dauerhafter Angriff aller Parteien erfolgt. Hat man jedoch ein oder zwei überzeugt, wird es schon wesentlich einfacher. Kashmir will nur, dass zwei Wachtürme beim südlichen Markt zerstört werden, die den Gaharwaren gehören. Diese Gaharwaren sind mit am schwersten zu überzeugen, da zunächst ihr König Jaichand von Kannuj getötet werden muss. Der verbirgt sich jedoch in einer gut befestigten Stadt und produziert beständig Einheiten. Für die Paramaras muss auf einem bestimmten Hügel eine Burg errichtet werden. Nervig ist es hierbei, dass die Einheiten meine Bauarbeiter trotzdem angreifen, wenn ich gerade dabei bin die Burg zu bauen. Als Letztes gilt es die Solankis zu gewinnen, das geht nur indem man ihnen die Rohstoffe gibt, die für den Bau eines Monuments benötigt werden. Das ist jedoch kein größeres Problem.
Die dritte Mission ist die langwierigste und auch frustrierendste. Dabei beginnt sie ganz interessant. Prithvaraj muss seine Geliebte aus dem Palast ihres Vaters schmuggeln und fliehen. Danach gilt es jedoch gegen Jaichand, dem Vater zu kämpfen und das wird zu einer schwierigen Angelegenheit. Delhi, die Stadt, welche Prithvaraj besetzt, wird beständig angegriffen und es ist schwierig an Rohstoffe zu kommen. Zwar kann man kleinere Aufträge für die Indischen Dörfer erledigen, doch diese lohnen kaum. Besonders problematisch ist der bald fehlende Zugriff auf das Gold. Besonders viel davon gibt es in einer abgelegenen Miene, die erst vom Feind erobert werden muss, aber auch nach der Eroberung nicht sicher ist. Es hat sehr lange, lange gedauert, ehe ich mit Mühe und Not das Missionsziel erreichen konnte: die beiden Burgen von Jaichand zu zerstören.
Die letzte Mission beginnt zunächst mit einer großen Schlacht in der man sich eine Abteilung aussuchen kann. Anschließend geht es daran ein Lager aufzubauen und den großen Feind zu besiegen: Muhammad Gori. Diese Mission hat es noch einmal schwer in sich, denn das Lager von Gori ist gut befestigt und wird gut verteidigt durch Triboke, Paladine und andere schwere Einheiten. Noch dazu hilft die Stadt im Westen so gut es geht. Sie gilt es auch zu besiegen, was äußerst schwer wird, wenn man nicht weiß, dass man sie auch aushungern kann durch verschiedene Aufgaben.

Die Prithvaraj-Kampagne ist sehr fordernd und definitiv nur etwas für die geduldigen Spieler, jedoch längst nicht so frustrierend wie die Bari- oder Dracula-Kampagne.

Die Vergessenen Schlachten:
Abgesehen von dem interessanten Longshan Jiang - in der ein Lager gegen feindliche Schiffe verteidigt und Transportschiffe mit Material sicher durch das Meer eskortiert werden müssen, um letztendlich ein Monument zu bauen - sind alle Missionen langwierige, frustrierende und ressourcenfressende Dauerschlacht gegen Gegner, die offenbar mit 10.000 Rohstoffeinheiten aller vier Grundressourcen beginnen.
Dabei ist York so derart vollgepackt mit Einheiten, dass ein Spielen fast unmöglich da aufgrund der Größe der Karte und der Vielzahl an Einheiten das Spiel nicht mehr ruckelfrei läuft. Honfoglalas ist eine frustrierende Angelegenheit, weil man gezwungen ist die ersten beiden Lager an irgendeinem Punkt aufzugeben, wobei man hoffentlich die zu dem Zeitpunkt notwendige Anzahl an Einheiten produziert hat, sonst heißt es Neustart. Buchara ist nur zu gewinnen, weil man mit den Persern spielt und dadurch Kriegselefanten besitzt, ansonsten wäre ein Sieg gegen die Hunnen wohl unmöglich. Karikara ist einfacher als die anderen, da viel Gold zur Verfügung steht, welches nicht erst alles abgebaut werden muss.
Dos Pilas ist ähnlich langwierig und dann nur noch frustrierend wie Bapheus. Bei Ersterem muss zunächst eine Kleinstadt verteidigt werden, die dann jedoch wieder in falsche Hände fällt und zum Schluss ein Weltwunder zerstört werden muss, welches sich in einer gut befestigten Stadt befindet. Bapheus zieht sich lange, lange, lange hin, weil es zwischenzeitlich vier Feinde zu besiegen gilt, die unentwegt angreifen. Ohne Schutzmauer ist ein Überleben praktisch nicht möglich. Zum Glück stellt ein befreundetes Sultanat beständig Soldaten und Dorfbewohner zur Verfügung.
Am furchtbarsten ist jedoch Zypern, eine Mission, die ich nur durch einen Trick geschafft habe. Hier gilt es zunächst auf Sardinien die Kontrolle zu gewinnen, damit Richard Löwenherz für seinen Kreuzzug in die Orient übersetzen kann. Dabei gerät jedoch seine Flotte in einen Sturm und er landet auf Zypern, wo seine Schwester in Gefangenschaft des dortigen Königs gerät. Nach der Übernahme der Stadt Limassol muss man jetzt Zypern besiegen und den König Isaak Komenos gefangennehmen. Das ist jedoch schier unmöglich, denn der Feind greift ständig an, besonders die Dorfbewohner, welche die spärlichen Rohstoffe wie Gold und Steine einsammeln wollen. Es ist unmöglich den Feind effektiv zu besiegen, denn egal was man zerstört er baut es sofort wieder auf, wenn nötig sogar in der Festung von Isaak Komenos. Die ist mit vier Burgen, vielen Ställe, Paladinen, Triboken, Elite-Plänkler und gepanzerten Reitern gesichert. Noch dazu gibt es Mönche in Hülle und Fülle. Als mir ein Sieg unmöglich war, habe ich einen früheren Spielstand geladen und Zypern und Komenos angegriffen, als sie noch verbündet mit mir waren. Die K.I. schaltet dann nicht auf "Feindlich" um, sondern lässt sich ohne Widerstand abschlachten. Ein schäbiger Trick, aber der einzige, der mir bei dieser furchtbaren Mission noch übrigblieb.

Die Vergessenen Schlachten sind sehr gut als Abschluss, weil man danach keinerlei Lust mehr hat weitere Missionen von Age of Empires 2 zu spielen und nicht traurig ist, die aktuellen beendet zu haben. Unnötig schwer, super frustrierend und besonders große Zeitfresser, hätte ich mir ehrlich gesagt gewünscht, dass diese Missionen nur als Mods verfügbar wären, aber nicht Teil der Erweiterung wären, denn dann hätte ich sie nie gespielt. 

Mittwoch, 8. März 2017

Wie kann Shardik ein Lieblingsbuch sein?

Nach reichlicher Überlegung habe ich mich doch anders entschieden und auf eine detaillierte Analyse der einzelnen Kapitel verzichtet. Es mangelte nicht an Material, aber ich denke es hätte den Lesefluss und meine Lesemotivation zu sehr gestört hier nach jedem Kapitel jede einzelne Szene zu interpretieren. Deshalb gibt es jetzt hier eine ausführliche Review.

Warum bezeichnet jemand dieses Buch als sein Lieblingsbuch? Es ist eine wahrlich ungewöhnliche Wahl, denn Shardik steht klar im Schatten seines weitaus bekannten Vorgängers Watership Down und ist einer größeren Leserschaft eigentlich nur durch eine Reminiszenz im Dunklen Turm-Zyklus von Stephen King bekannt. Zu groß ist die Diskrepanz zu seinem Vorgänger. Ist Watership Down ein netter Abenteuerroman mit Kaninchen, der jedoch verschiedene Thematiken wie Führerschaft, Vertrauen und Freiheit anspricht, die uns eine Tierart näher vertraut aber distanziert lässt, die sonst vielen Menschen egal ist; so ist Shardik eher als eine Allegorie auf die Vor- und Nachteile von Religion zu verstehen. Noch dazu bedient sich Adams einer ausschweifenden metaphorischen Sprache, die über und über aus Vergleichen besteht, die ein Zugang zu dem Werk schwierig macht. Auch die Charaktere bieten kaum Zugang, da sie zu fremd und distanziert wirken.

Genau Letzteres sind jedoch die Gründe, warum mir das Werk so gefällt und es in seiner Gesamtheit mein Lieblingsbuch geworden ist. Kelderek, der Hauptcharakter, ist keiner der gewöhnlichen Fantasy-Klischee-Charakter (gerne als Fantasy-Buch deklariert, steht es für mich jedoch außerhalb dieser Kategorie, trotz erfundener Welt), der aus einfachen Verhältnissen plötzlich zum Retter des Universums wird und dabei unglaubliche Fähigkeiten entwickelt, die er vorhin nicht kannte. Nein, Kelderek ist zu Beginn ein einfacher Jäger, wird dann durch die Ereignisse zu einem Priester Shardiks, schließlich sogar zum König, doch es bleibt deutlich, dass er aus einfachen Verhältnissen stammt und mit politischen Begebenheiten restlos überfordert ist. Ohne Probleme kann ihn jeder nach seinen Gutdünken manipulieren, sei es Ta-Kominion, Zelda, Ged-la-Dan oder später auch Elleroth, Kelderek wird nur aktiv, wenn es um Shardik geht, drückt sich jedoch vor jeder Verantwortung, die andere politische Dinge betrifft. So lässt er es zu, dass die Tuginda mit der er eng vertraut ist, von Ta-Kominion verhaftet wird, weil sie dessen Vorhaben - Bekla zurückzuerobern - nicht unterstützt, ohne dabei das Wort zu erheben. Stattdessen schlägt er sich sofort auf Ta-Kominions Seite, was einer Mischung aus Feigheit und weil er glaubt, Shardiks Absicht läge wirklich darin, dass die Ortelganer Bekla zurückerobern.
Später distanziert er sich von den Grausamkeiten seiner ortelganischen Untergebenen und hält sie für notwendig, will mit ihren Taten aber nichts zu tun haben. Das geschieht bei dem Erhängen der Kinder, um Santil-ke-Erketlis zum Gehen zu bewegen und bei der Eröffnung des Sklavenhandels. Er übernimmt keine Verantwortung dafür, bis er schließlich in den Händen des grausamen Sklavenhändlers Genshed mit beiden Taten direkt konfrontiert wird.
Kelderek bleibt also ein passiver, schwächlicher Charakter, der außer durch seinen Dienst an Shardik sich keinerlei politischer Verantwortung stellt und erst ganz am Ende durch seine Romanze mit Melathys und der Konfrontation seiner Taten, sowie einer zuvor albtraumhaften Verfolgung Shardiks, die ihm an den Rand der körperlichen und geistigen Erschöpfung bringt, kann er zumindest ein bisschen die Sympathien des Lesers erlangen. Somit haben wir keine leichte Hauptfigur zu der wir einen Draht aufbauen können, doch in meinen Augen ist Kelderek die absolut richtige Hauptfigur für dieses Werk, denn nur durch einen solchen einfachen, gottesfürchtigen, schwächlichen und leidenden Charakter kann sich die Intention des Autors äußern. Kelderek durchgeht alle Stufen des Glaubens von Hingabe zu Fanatismus, zu Selbstaufopferung, Leugnung, schließlich Hass und am Ende Erkenntnis.


Die Rolle Shardiks

Wenn auch Kelderek zweifelsohne der Hauptcharakter ist, so ist dennoch die zentrale Figur aufgrund derer alle Ereignisse mehr oder mindern so kommen wie sie kommen, Shardik. Der riesenhafte Bär bleibt dabei - im Gegensatz zu den Kaninchen in Watership Down - stumm und aus seinen Gedanken heraus wird nur der Anfang erzählt. Shardik nimmt dabei eine sehr ambivalente Rolle ein. Seine Erscheinung ist monströs, schrecklich und er verkörpert wie kein anderes Tier die wilde, unbezähmbare Natur. Oft genug tötet er jemanden. Doch er ist kein Tier aus einem klischeehaften Tierhorrorfilm, dass nur grausam und brutal gegenüber den Menschen auftritt. Genauer gesagt erregt er ziemlich schnell das Mitleid des Lesers. Schon am Anfang der Geschichte wird seine riesige, monströse Erscheinung dadurch herabgesetzt, dass er vor einem riesenhaften Feuer flieht, fast verbrennt und gleich darauf auch fast ertrinkt und sich nur durch Mühe und Not retten kann. Sofort bekommt er das Mitleid des Lesers und es ändert sich auch nicht für den Rest der Geschichte. Egal wie oft er jemanden tötet, angreift oder wütet, Shardik wird wesentlich brutaler verletzt und misshandelt. So trägt er, zunächst eingesperrt in einen notdürftig zusammengezimmerten Käfig eine Verletzung durch eine der Eisenstangen davon, später wird er dauerhaft verletzt bei dem Versuch ihn wieder einzufangen. Wie einer der armen Bären, die wir noch von früher aus manchen Zoos kennen, wird er in einen viel zu kleinen Käfig eingesperrt und leidet weiter. Er trägt noch weitere Verletzungen an Schulter und Nacken davon, bis er schließlich am Ende dem Tode nahe ist, ein ausgemergeltes Ding, ein Schatten seiner selbst und durch Genshed eigentlich nur den Gnadentod erhält.
Shardiks Geschichte ist eine Geschichte des Leidens im Namen einer Religion, die eigentlich dazu bestimmt sein sollte ihn zu verehren. Hier wird also die Perversion und Abnormität des Shardik-Glaubens deutlich, der seine ursprüngliche Glaubenslehre völlig verliert und erst am Ende zu einer einfachen wie genialen Erkenntnis kommt, um Shardiks sinnlosem Tod und Leiden doch noch einen Sinn zu geben. Feuer spielt dabei eine zentrale Rolle. Es ist ein Feuer, welches ihn zu Beginn des Buches fast umbringt; ein Feuer hilft ihm dabei aus Bekla zu fliehen und schließlich stirbt er durch einen brennenden Pfeil. Zum Abschluss wird sein Leichnam auch noch auf einem Floss verbrannt und den Fluss hinabgetrieben. Dadurch schließt sich auch anderweitig sein Kreis. Vor einem Feuer fliehend kam er zu dem Telthearna, der ihn nach Ortelga und zu Kelderek brachte und über den Telthearna verlässt er brennend die Geschichte.
Shardiks Verhalten ist dabei kaum einheitlich und für einen Bären untypisch. Er tötet eher zufällig. So verschont er tagelang die Priesterinnen, die ihn mit dem Gesang unterstützen und tötet dann völlig unerwartet Ankray. Bei der Expedition der Ortelganer gegen Bekla tötet er ausgerechnet einen Spion und auf dem Schlachtfeld tötet er mit Gel-Ethlin und den anderen Offizieren zielgerichtet die Heerführer und er möglicht so den Sieg der Ortelganer. Weitere Opfer sind schließlich ein Soldat bei seinem Ausbruch aus Bekla, ein Priester der Streels von Urtah, der ihn töten will; Bled, den verrückten Aufseher Gensheds und schließlich Genshed selbst. Auffallend dagegen ist wen er verschont. Kelderek nähert sich ihm oft, doch nur ein einziges Mal verletzt er ihn und auch zum Schluss geht er auf Genshed los und nicht auf die Kinder, die ihm eigentlich völlig wehrlos ausgeliefert sind. Shardiks Verhalten wirkt also durchaus, als würde es eine bestimmte Intention verfolgen und nicht der zufälligen Wildheit eines Bären entsprechen, dennoch bleibt offen, ob Shardik wirklich göttlich ist oder das nur von den anderen in sein Verhalten hineininterpretiert wird.
Ich denke Shardik ist nur ein Bär, der ohne es zu wollen in die Ereignisse hineingezogen wird und für die Unwissenheit, den Fanatismus, die Ängste und deren Ambitionen einen hohen Preis zahlen muss.

Wer ist eigentlich der Antagonist?

Wenn mir etwas imponiert an Shardik, dann das bis zum Auftreten Gensheds (auf Seite 443) es keinen wirklichen Antagonisten gibt. Es ist nicht Bel-ka-Trazet, der zunächst Shardik feindlich gegenübersteht, weil er durch ihn alles in Gefahr sieht, was er für Ortelga aufgebaut hat und Kelderek bei seiner ersten Begegnung fast umbringt. Doch Bel-ka-Trazet stellt sich als ein fähiger, kompetenter und charismatischer Herrscher heraus mit einer traurigen Vergangenheit, der genau weiß was für sein Volk gut ist und somit in dem erneuerten Glauben an Shardik eine klare Gefahr sieht, die sich so auch bewahrheitet. Er erkennt die Autorität der Tuginda an, ist machtlos bei der Rebellion Ta-Kominions und landet schließlich Zeray. Dort schafft er es aus der kriminellen, anarchischen Stadt halbwegs die Ordnung herzustellen und erkennt das Potential dieses von allen vergessenen Landes, kommt jedoch nicht mehr zur Vollendung seiner Pläne - das übernehmen dann Kelderek und Melathys. Nein, Bel-ka-Trazet ist sogar eher ein Protagonist und für mich auch sympathischer als Kelderek.
Ta-Kominion wäre der nächste Kandidat, denn er ist verantwortlich für die fatalsten Ereignisse. Als junger, ambitionierter Baron sieht er in Shardik die Chance, dass die Ortelganer wieder in Bekla herrschen. Dafür gewinnt er sehr schnell Kelderek und sogar anfang die Tuginda, bis diese seine Absichten durchschaut. Danach lässt er sie verhaften und dennoch bleibt Kelderek ihm treu, insgeheim plant der ambitionierte Ta-Kominion jedoch schon ihn auszuschalten, da er ihn für seine Herrschaft in Bekla wahrscheinlich nicht braucht. Eine entzündete und eiternde Wunde macht schließlich jedoch seine Pläne zunichte und er wird ironischerweise durch Shardiks Käfig endgültig getötet. Sein Vorhaben setzen dann Kelderek, Zelda und Ged-la-Dan in die Tat um. Ta-Kominion verschwindet also wieder, ehe er zu einer wirklichen antagonistischen Partei werden kann.
Dann wäre der genial, jedoch nie in der Geschichte auftretende General Santil-ke-Erketlis. Tatsächlich wirkt er wie ein Antagonist, doch sein Auftreten und seine Ziele lassen ihn kaum wie einen Feind wirken. Auf barbarische Art wird er aus Bekla verdrängt (das Hängen der Kinder) und führt in der Folgezeit die Rebellion gegen die Ortelganer an, besonders in der Bekämpfung des Sklavenhandels. Das Ziel eine grausame Praxis, das Versklaven von Kindern zu verhindern, dürfte kaum zur Abneigung seitens des Lesers führen. Und auch durch seine Beschreibung durch die anderen wirkt er eher wie ein zweiter Bel-ka-Trazet: kompetent, charismatisch und gegenüber seinen Untergebenen als ein weiser Anführer, der seine Versprechen einhält und sie würdig belohnt.
Auch Elleroth passt da nicht hinein. Seine schlimmste Tat, den Versuch Shardik umzubringen ist aus einer absolut verständlichen Notlage herausgeboren, er will den Krieg schnell beenden, sodass er in der Lage ist, seinen Sohn aus den Händen Gensheds zu befreien, ehe dieser Terekenalt erreicht. Er erntet sogar leichte Sympathien, als er eher unbeabsichtigt Shardik befreit und auch wenn er später in Kabin noch Feind von Kelderek ist, so wird er spätestens als dieser auf Radu trifft und beide aus den Händen Gensheds befreit werden, zu einem sympathischen Charakter. Allgemein ist sein Auftreten ähnlich dem des zurückgezogenen Santil-ke-Erketlis, er ist charismatisch, gut, kompetent und fair gegenüber seinen Untergebenen.
So bleibt wirklich nur Genshed, der grausamste der Sklavenhändler. Als ehemaliger Gehilfe des Henkers hat er ein sadistisches Vergnügen daran entwickelt andere Menschen leiden zu sehen, doch das ist nicht seine größte Freude, seine größte Freude ist es Menschen mental zu brechen, ohne dabei selbst große Hand anzulegen. Er verkörpert das grausamste und schlimmste dieser schrecklichen Praxis des Kindersklavenhandels. Sein Tod erst beendet den Konflikt der Geschichte und eröffnet die Erkenntnis, was Shardiks Absicht auf Erden war. Zwar spät eingeführt, hinterlässt er dennoch einen bleibenden Eindruck. Sharas Tod gehört zu eine der schrecklichsten Ereignisse, die ich je gelesen habe, da er so sinnlos und unnötig grausam wirkt, der Tod eines unschuldigen, kleinen Kindes. Es ist der einzige Antagonist, den dieses Werk verdient hat: kein grausamer Herrscher oder General, sondern ein Sklavenhändler, denn darum ging es Adams. Die Grausamkeiten dieser Praxis dem Leser näherzubringen. Und doch ist wie alle Probleme in diesem Buch, Genshed als Antagonist durch die Ortelganer und Kelderek selbst verursacht. Sie haben den Sklavenhandel eingeführt und es dabei auch illegalen Händlern wie ihm ermöglicht, tätig zu werden. Sieht man es also genauer verkörpert Kelderek und die Ortelganer eine ambivalente Doppelrolle von Protagonisten und Antagonisten. Kelderek ist für sein Leiden selbst verantwortlich.

Die Rolle von Religion

Bis jetzt hat es kein Werk so perfekt geschafft mir die Vor- und Nachteile von Religion aufzuzeigen wie dieses. Das ist der Hauptgrund, warum es mein Lieblingswerk geworden ist, denn dieser Blick hat mir als bekennender Konfessionsloser lange Zeit gefehlt.
Durch die Priesterinnen von Quiso und besonders die Tuginda haben wir zunächst die Religion als Berufung. Sie stellen ihr ganzes Leben in den Dienst von Shardik und jede Praxis ist ihm gewidmet, ähnlich wie es bei Pfarrern, Imamen, Rabbis oder eben Priestern im Allgemeinen ist. Die Tuginda verkörpert dabei den Urglauben, der vor langer Zeit verschmutzt wurde, das Reine und Unbefleckte eine Religion. Sie zeigt, dass die Religion im Grunde eine Gute ist und nur Gutes bewirken will. Sie zeigt, dass Religion nicht dazu bestimmt ist, Andersgläubige auszugrenzen, das Vergebung zu einer jeden Religion dazugehört, das jeder Mensch, egal wer er ist, gleichbehandelt werden soll und das Gewalt zu keine Religion gehört. Das äußert sich beispielsweise in den Heilkünsten der Tuginda, die als gute Heilerin jedem ihre Therapie anbietet, ihre Vergebung äußert sich nicht nur darin, dass sie Kelderek dessen Verrat verzeiht, sondern auch den halbverrückten Kriminellen Ruvik pflegt und für ihn ein gutes Wort einlegen will, sobald sie das Land jenseits des Vrako wieder verlässt. Dennoch weiß sie sich auch zu schützen, was der Zauber von Quiso belegt.
Ta-Kominion hingegen sieht in dem Glauben an Shardik eher das Mittel zur Durchsetzung politischer Interessen. Er verkörpert damit den Machtaspekt. Sein Plan zur Eroberung Beklas kann leicht mit den Kreuzzügen oder der Expansion des Islam verglichen werden. Missionierung wird dabei auch genutzt. Bereits dieser Glauben enthält jedoch schon eine Abkehr vom ursprünglichen Shardik-Glauben, denn um dahinzukommen muss Shardik eingepfercht werden und schließlich wird er gegen seinen Willen in Bekla gefangenhalten, um die Herrschaft Keldereks bzw. Crendrik zu legitimieren. Aus dieser Abart entspringen schließlich der Krieg gegen Santil-ke-Erketlis, der Sklavenhandel und Shardiks Glaube wird für Nichtgläubige nicht nur als eine barbarische Tierreligion angesehen, sondern auch als grausame, brutale Religion. Ähnlich wie viele aufgrund von Terroristen und Fundamentalisten den Islam oder das Christentum verabscheuen.
Bel-ka-Trazet sieht in der Religion eher eine pragmatisch-mythische Komponente. Sie ist von Vorteil, wenn die Leute daran glauben, es ist jedoch besser, wenn Shardik ein Mythos und Legende bleibt. Damit kann er sich jedoch nicht durchsetzen und wird somit aus einer Position verdrängt. Eine ähnliche Rolle nimmt das Christentum heutzutage ein, denn ähnlich wie der Shardik-Glaube, glauben viele an die Wiederkehr von Jesus.
Kelderek verkörpert alle diese Aspekte zusammen. Er ist zunächst sehr gläubig, weiß was die Erscheinung des Bären zu bedeuten hat und setzt sich trotz Todesgefahr durch Bel-ka-Trazet durch, dieses Geheimnis nur der Tuginda zu verraten. Schließlich akzeptiert er, dass er ein Prophet von Shardik ist und dessen Oberpriester wird durch die Tuginda. Bald jedoch glaubt er den fanatischen Gedanken von Ta-Kominion und beginnt selbst damit den Shardik-Glauben umzuformen. Zumindest erkennt er an, dass Shardik ein großes Geheimnis noch zu enthüllen hat, was er jedoch nicht erkennt und auch den Grund dafür scheint er zu wissen: er hat den Glauben an Shardik verraten, will sich das jedoch nicht eingestehen und hofft dennoch auf die große Wahrheit zu stoßen, was ihn jedoch hemmt und bald schwer belastet. Seine Hingabe und seine Aufopferung für Shardik wird schließlich deutlich, als er ihm durch die Beklanische Ebene folgt. Das verändert sich schließlich zu langsamer Distanziertheit, als er erkennt, dass Shardik ihm alles genommen hat, was er hatte und er nur noch den Wunsch verspürt zu sterben. Durch die Begegnung mit der Tuginda kommen alte Schuldgefühle wieder zum Vorschein, durch seine Begegnung mit Melathys wendet er sich jedoch endgültig vom Shardik-Glauben ab, weil er etwas Neues im Leben gefunden hat und glaubt er habe sich sowieso als Priester Shardiks unwürdig gezeigt. Somit ist es wenig verwunderlich, als Shardik überraschend wieder auftaucht, dass seine Einstellung zu Shardik zu Hass und Abscheu wird, weil er seinem Glück ihm Weg steht und er glaubt alles Leiden, was er hat, ihm zu verdanken. Das mündet schließlich in die Gefangenschaft durch Genshed. Erst als dieser von Shardik getötet wird, wobei dieser dabei Kelderek rettet, erkennt Kelderek, dass es nie der Bär war, der das Leid verursacht hat, sondern fehlgeleitete Menschen wie er selbst. Er erkennt dessen geheiligten Tod an und kann dann schließlich doch eine einfache wie wichtige Erkenntnis daraus schließen: Shardik starb für die Kinder, das Seelenheil der Kinder ist wichtig.

So wird, was Adams sehr geschickt anstellt durch einen Vertreter eines fremden, höherentwickelten Volkes uns die Ergebnisse präsentiert, die Kelderek und Melathys aus dem Tod Shardiks gezogen habe: Kein Kind soll mit Unglück und Leid aufwachsen, wenn es nicht gewollt wird, und so holen sie Hunderte von ihnen nach Zeray zum Arbeiten aber auch zum Spielen und Erziehen. Die grausame Geschichte endet hier mit einer fast schon utopischen Aussicht. Kelderek und Melathys ehren Shardiks Andenken und haben aus seinem sinnlosen Tod eine sehr positive Botschaft gezogen, die so einfach wie auch genial ist. Gerade Siristrou erkennt gut, was wohl auch der Leser denkt: ihr Glaube ist zwar ein primitiver und zweifelsohne heidnischer, aber die Erkenntnis diese darausgezogen haben ist an Humanität eigentlich nicht zu übertreffen und daher einfach nur wunderbar. In der letzten Szene, als Siristrou im Feuer die Bilder sieht, die diesen Roman so bestimmt haben, deuten da für mich daraufhin, dass auch er bereits von diesem neuen Shardik-Glauben angesteckt wurde und bald auch bekehrt ist und diesen Glauben mit zurück in sein Königreich nimmt.
Darin äußert sich die Genialität von Shardik. Am Ende einer Geschichte voll von religiösen Missverständnisse, grausamen Eroberungen, Brutalität, Misshandlungen von Kindern und einer nahezu durchgehend düsteren Grundstimmung, steht ein so positives Ende, welches jedoch nicht wie ein kitschiges Märchen-Happy-Ending wirkt, sondern tatsächlich auch für unsere Gesellschaft eine Lösung präsentieren könnte. Vermutlich sind wir noch nicht so weit, wenn noch immer im Namen von Religionen Kriege und andere schlimme Verbrechen begangen werden, Andersgläubige ausgegrenzt oder verfolgt werden. Adams zeigt jedoch, dass es möglich ist, dass trotz all diesen Leidens am Ende eine positive Botschaft aus allen Religionen gezogen werden kann, wodurch die Menschen in Frieden und Eintracht miteinander leben. Diese Botschaft ist so einfach: Kinder sind die Zukunft und sollten nicht ungeliebt aufwachsen. Und deshalb ist dieses Buch ein literarisches Meisterwerk und nicht nur das Lieblingswerk des Autors, sondern auch mein Lieblingsbuch.